1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Jutta Wachowiak im Wolfener Filmmuseum: Jutta Wachowiak im Wolfener Filmmuseum: "So viele Träume"-Darstellerin blickt zurück

Jutta Wachowiak im Wolfener Filmmuseum Jutta Wachowiak im Wolfener Filmmuseum: "So viele Träume"-Darstellerin blickt zurück

Von Michael Maul 19.09.2019, 12:16
Jutta Wachowiak stand im Industrie- und Filmmuseum Rede und Antwort.
Jutta Wachowiak stand im Industrie- und Filmmuseum Rede und Antwort. michael maul

Wolfen - Der Film „So viele Träume“ von Heiner Carow hat auch noch 33 Jahren nach dem Erscheinen Brisanz. Das Thema Mutter und Tochter könnte auch heute eine Rolle spielen. Und Darstellerin Jutta Wachowiak, die bei der Verfilmung im Jahr 1986 die Mutter Christine Klüvers spielt, meinte im Anschluss an die Vorführung im Industrie- und Filmmuseum am Dienstagabend: „Der Film ist heute noch besser als damals.“

Zum Inhalt: Mutter Christine Klüver (Jutta Wachowika) lernt während einer Zugfahrt ihre seit 30 Jahren beim geschiedenen Ehemann gebliebene Tochter Claudia (Dagmar Manzel) kennen. Es entwickelt sich eine Spannung zwischen den beiden Frauen, die dann noch eskaliert, als die Mutter sich in den jungen Freund der Tochter verliebt. Die Auseinandersetzung der beiden Frauen endet in einer Selbstanalyse Christines, aus der sie mit neuen Träumen hervorgeht. Der Film fragt danach, wie sich Frauen im Alltag emanzipieren können und in welchem Verhältnis dabei Gewinn und Verlust stehen.

In der Reihe „Filme wiederentdeckt“ hat der Kulturhistoriker Paul-Werner Wagner den Defa-Streifen, der 1986 auf Orwocolor gedreht wurde, wieder aus der Tiefe des Archivs hervorgeholt. Passend dazu stand die heute 79-jährige Jutta Wachowiak Rede und Antwort und plauderte in lockerer Form über ihre Erinnerungen an die Drehtage und vor allem an Regisseur und Drehbuchautor Heiner Carow.

„Der Heiner hatte seine Eigenarten und wollte immer alles sehr gut und authentisch machen“, erinnert sich Wachowiak. Einmal habe er zum Beispiel eine Szene, in der sie geschlagen wurde, so oft wiederholen lassen, bis sie ihm optisch gefallen habe. „Dabei hat er nicht an mich gedacht und das habe ich ihm dann auch einmal gesagt“, schildert die Schauspielerin diese Drehtage. „Ich wollte ihn nicht maßregeln, er sollte es nur wahrnehmen, dass man so nicht arbeiten kann. Ich bin relativ belastbar, aber irgendwann ist Schluss.“ Dennoch habe man während der Dreharbeiten sehr viel lachen müssen, erinnert sich die Frau, die unter anderem auch in den Streifen „Auf der Sonnenseite“, „Die Verlobte “ oder „Der Trinker“ vor den Kameras stand.

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr der Film „Bankett für Achilles“, der im Jahr 1975 entstand und im Chemiekombinat Bitterfeld spielte. „Immer, wenn wir zum Dreh fuhren, wurde mir himmelangst, wenn ich die Fabriken und das gesamte Gelände gesehen habe“, beschreibt Wachowiak diese Tage. Wenn man damals nach Bitterfeld fuhr und im Zug die Fenster schließen musste, könne man heute sehr froh über die Entwicklung der Region sein, sagt sie. „Aber das war die Zeit und sie hat sich durch die Arbeit der Menschen verändert.“ Deshalb könne sie auch heute noch die Menschen nicht verstehen, die die Vergangenheit ignorieren und sich alles selbst schön reden. „Ich kriege den heiligen Zorn, wenn ich Menschen sehe, die zwar elegant aussehen, aber blöd und indoktriniert sind“, zieht sie einen Schlussstrich. „Wenn ich Einladungen zu Lesungen oder Ähnlichem bekomme und weiß, dass sich dort solche Menschen befinden, gehe ich nicht hin. Das habe ich nicht nötig.“

Paul-Werner Wagner stellt dann noch eine persönliche Frage: „Jutta, du bist so handfest und direkt. Wie kommt das?“ Die Antwort: „Als ich Kind war, herrschte noch Krieg. Mit fünf Jahren kam ich in die Schule. In dem kaputten Berlin musste dennoch alles gemeistert werden. Und es hat dort wie auch anderswo funktioniert. Seit dieser Zeit habe ich großen Respekt vor Menschen, die anpacken und nicht lange lamentieren“, nennt Wachowiak ihre Lebensmaxime. (mz)