Holocaust-Ausstellung Holocaust-Ausstellung: Sehen und schweigen

Wolfen/MZ - Georg Kuropka ist ein Reisender, ein Vermittler, ein Geschichtenerzähler, ein Zuhörer, aber auch ein Botschafter ... Der Zscherndorfer überbrachte anlässlich der Ausstellung „Der Alltag jüdischer Kinder während des Holocaust“ in der Sekundarschule I in Wolfen eine Botschaft des Staates Israel.
„Fast jeder kenne die Statistiken über die während der Shoa ermordeten Juden. Zu wenig wissen wir jedoch über die Lebens- und Leidenswege der einzelnen Kinder. Es ist ein wichtiges Ziel der Ausstellung, die während der Shoa gequälten und ermordeten Kinder der Anonymität zu entreißen, ihnen Namen und Geschichten zu geben und ihr Leben als Mahnung für uns erfahrbar zu machen“, liest Kuropka aus dem Grußwort von Tal Gat, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Botschaft des Staates Israel.
„Wir hoffen, dass die Ausstellung dazu beitragen wird, das Wissen über das Schicksal der verfolgten und ermordeten jüdischen Kinder auch in Deutschland aufrecht zu erhalten.“ Es sei wichtig zu verstehen, damit sich derartiges nicht wiederholt, sagt Kuropka. Laura Klose, Anna Westphal, Nadja Ackermann sind Schülerinnen der achten Klasse. Sie hören zu, schweigen, sind nachdenklich, lesen - wie ihre Mitschüler -, was an den Tafeln geschrieben steht. Das Schwarz-Weiße wird lebendig, bekommt Namen, Gesichter.
In Israel und im Judentum wird das Verbrechen am jüdischen Volk seit dem Jahr 1948 als Shoa („Katastrophe“, „großes Unglück“) bezeichnet. Daran erinnert seit 1959 der Gedenktag Jom ha Schoa. Seit 1985 wird das hebräische Wort auch in Europa für den Holocaust verwendet.
Jüdische Theologen bezeichnen das Ereignis auch als dritten Churban (hebräisch: „Vernichtung“, „Verwüstung“) und deuten es damit wie die beiden Zerstörungen des Jerusalemer Tempels (586 v. und 70 n. Chr.) als eine alle Nachfahren der Israeliten betreffende Großkatastrophe der jüdischen Geschichte.
Während der Zeit des Nationalsozialismus starben etwa sechs Millionen Juden. Unter ihnen waren mehr als eineinhalb Millionen Kinder.
Die 14-Jährigen denken ans eigene Ich. Wie, wenn sie auf gepackten Koffern sitzen würden, nicht um in den Urlaub zu verreisen, sondern ins Unbekannte? Oder. „Wir würden vor leeren Regalen im Supermarkt stehen. Hätten Hunger, gar Angst um unser Leben.“ Laura, Anna und Nadja hat die Ausstellung beeindruckt, sie werden nicht das letzte Mal den Ausstellungsraum abschreiten, um mehr über Kinder ihres Alters zu erfahren, die eine andere Zeit erlebten, eine ganz andere. Georg Kuropka pflegt seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen zum Staat Israel.
„Mit jedem Schritt, den man dort tut, atmet man Geschichte ein.“ Kuropka will noch viele Schritte in Israel gehen, das hat er sich vorgenommen. Man sei in einer neuen Welt, aber dennoch irgendwie zu Hause, sagt er. Der Zscherndorfer hat seit Jahren persönliche Kontakte zur Botschaft Israels in Berlin. „Ich habe in der Botschaft immer wieder dafür geworben, Ausstellungen nicht nur in den großen Städten zu zeigen.“ Die Sekundarschule I in Wolfen sei dafür ein würdiger Ort. Die Schau kann übrigens noch bis zum 30. April nicht nur von Schülern oder Lehrern besichtigt werden. Sie stehe der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Wer die Holocaust-Ausstellung
sehen möchte, kann dies gern tun. Es wird jedoch um Anmeldung unter den Telefonnummern: 03494/2 14 06 oder 0151/28 04 48 80 gebeten.