Geschichte in der Dose Geschichte in der Dose: Zörbiger Zuckerrübensirup und seine clevere Verpackung

Zörbig - Dosen als Verpackungsmaterial gehören für viele zu unserem schnelllebigen Alltag dazu. Im Winter wird der Kuchen mit Pfirsichen aus der Konserve verfeinert. An einem stressigen Tag muss eine vorbereitete Dosensuppe als Essen herhalten. Sind die langlebigen Blechbehälter leer, verschwinden sie ziemlich schnell aus der Küche und landen im Müll.
Der Regionalhistoriker Benny Berger aus Zörbig hat eine Dose gefunden, der ein solches Schicksal erspart geblieben ist. „Diese Dose hat eine Geschichte“, erklärt er. Sie stammt aus der Zörbiger Zuckerfabrik und war dort einst mit dem süßen Brotaufstrich, der in dieser Gegend nur der Saft hieß, befüllt.
Vermutlich wurde ihr Zuckerrübensirup in den 1930er Jahren vertilgt, aber die Dose blieb in Umlauf. In einer Zeit, die noch längst nicht vom Überfluss geprägt war, wurde bereits während der Fertigung des Verpackungsmaterials an den nächsten Verwendungszweck gedacht. Und wie sich heute herausstellt, ist das einfach auch ein Glück für die Nachwelt.
Dose mit einem Metalldeckel zum Wiederverschließen konnte also praktisch im Haushalt weiterbestehen
Das Etikett der Dose zeichnete natürlich klar den klebrigen Rübensaft aus, aber auf der Rückseite war noch ein anderer Prägedruck zu sehen. Da hieß es Graupen oder Gewürze. Die leere Dose mit einem Metalldeckel zum Wiederverschließen konnte also praktisch im Haushalt weiterbestehen.
In den 1930er Jahren war Oskar Walter der Inhaber der Zörbiger Zuckerfabrik, als der Sirup als „feinster, garantiert reiner, drei Mal raffinierter Zörbiger Zuckerrübensaft“ galt. Berger stieß über eine Internetplattform auf das historische Stück Regionalgeschichte. Und heute hat das neben fünf weiteren ähnlichen Dosen einen Ehrenplatz in seinem Büro.
Berger sammelt aus Leidenschaft, und zwar Dinge, die mit der Geschichte der Region zusammenhängen. Er klammert aber nicht, weil er findet, manche seiner Stücke gehören ins Heimatmuseum. „Mir geht’s nicht zwangsläufig darum, ein Original zu besitzen, ich gebe es gern weiter“, sagt er. „Mir geht es vordergründig um die Quelle.“ Exponate oder Fotos nutzt er, um Vorträge anschaulicher zu machen. Und das kommt an.
Seine historische Sammlung daheim ist eine kleine Schatzkammer
„Die meisten Bestände, die man heute wiedergefunden hat, sind mittlerweile in Heimatvereinen oder Museen gelandet“, sagt Berger. Seine Dose war also schon etwas weiter weg gefunden und aufgehoben worden. „Ich wollte damit eine greifbare Erinnerung an die Zuckerindustrie in Zörbig haben“, meint der Hobbyhistoriker.
Was Berger auch daran schätzt: dass zumindest das Produkt aus Zörbig immer noch präsent ist. In vielen Kaufhallen steht der dunkle, zähfließende Rübensaft im Regal. Und der hat natürlich nach wie vor seine Freunde. Natürlich, meint Berger, gebe es heute eine andere Rezeptur und freilich auch eine modernere Verpackung, aber wer weiß ... Vielleicht wird der Rübensaft ja doch irgendwann wieder in wiederverwendbaren Dosen abgefüllt – aus Gründen der Nachhaltigkeit.
Seine historische Sammlung daheim ist eine kleine Schatzkammer und hat schon manchen Lehrer und Mitschüler seiner Kinder zum Staunen gebracht. Zum Beispiel, als für den Unterricht „etwas Altes von zu Hause“ gefordert war. Nichts leichter als das im Hause Berger. Der Sohn brachte das älteste Buch aus des Vaters Sammlung mit: ein Exemplar von 1796. Ja, da haben dann doch alle ganz schön geguckt. (mz)