Archäologie Archäologie: Gröberner Waldelefant lockt in die Altsteinzeit
Halle/MZ. - Ein Haufen riesiger Knochen und ein paar kleine Steine - für Archäologen ist der Fund Gold wert. Damit entschlüsseln sie eine Spur, die bis 125 000 Jahre zurück führt - in die Eem-Warmzeit.
Den Haufen Knochen entdeckten 1987 Bergleute im Tagebau Gröbern beim Kohle-Abbau. Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle (ehemals Landesmuseums für Vorgeschichte) haben den Fund präpariert. Und schließlich rekonstruiert, was die Knochen einst gestützt haben: Der Gröberner Waldelefant war wiedergeboren. Diesmal aus Kunststoff. Über vier Meter hoch ist das nachgebildete Ur-Tier - eine Attraktion im halleschen Museum. Nicht nur für Kinder. "Für die aber besonders", sagt Archäologe Alfred Reichenberger, "denn sie dürfen den Elefanten natürlich berühren."
Vor einem Jahr ist im Gebäude in der Richard-Wagner-Straße der erste Teil der neuen Dauerausstellung mit dem Titel "Geisteskraft" eröffnet worden. Im Mittelpunkt steht der Neanderthaler und sein Leben. Wie verbrachten unsere Vorfahren ihre Zeit, wie jagten sie welche Tiere, welche Werkzeuge hatten sie? Auf alle Fragen gibt es Antworten anhand von Bildern, Plastiken, Filmen. Felle, Leder, Faustkeile dürfen berührt, Schubladen geöffnet werden.
Während bisher das aufgestellte Knochengerüst des Mammuts von Pfännerhall das Highlight war, sind nun der aus einem französischen Atelier stammende Urmensch und der in Österreich modellierte Waldelefant hinzu gekommen. Und eben auch seine Knochen. Entscheidend aber, so Reifenberger, sind für die Wissenschaftler die Instrumente, die mit den Skelettteilen ausgegraben wurden: im Vergleich zur Größe des Tieres winzige, allerdings messerscharfe Feuersteine. "Damit wissen wir, dass der Elefant von Neanderthalern zerlegt wurde", erklärt er. "Und der Fund beweist, dass der Urmensch tatsächlich so große Tiere zerlegen konnte." Er lässt die Wissenschaftler noch viel tiefer in die Vergangenheit blicken. Rekonstruieren konnten sie so die damaligen Lebensumstände, die Umwelt, die Benutzung und Herstellung der Werkzeuge. "Die Werkzeuge wurden an Ort und Stelle hergestellt. Auch das können wir aus dem Fund lesen." Nur welche Töne das Tier von sich gab, das wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Reichenberger weist auf die Bilder an der Wand, die die Geschichte vom Entdecken des Elefanten bis zum Erlegen erzählen. Ein laufender Film berichtet über einen Stamm in Afrika, der bis in die moderne Zeit ähnlich auf Jagd ging.
"Der Elefant ist exzellent dokumentiert, es gibt derzeit nichts Vergleichbares", erklärt der Archäologe. "Wir wissen, dass er in einem See zugrunde ging, dass er ein krankhaft verändertes Zehenglied hatte und dass er von Menschen zerlegt wurde - der gefundene Stoßzahn lag völlig unnatürlich." Für den Wissenschaftler ist es "ein Glücksfall, dass ein Baggerfahrer so was sieht und auch meldet". Das, sagt er, habe Aufsehen erregt in der Fachwelt. Überhaupt habe Halle einige sehr bedeutsame Sachen vorzuweisen. Nicht umsonst sei Halle in Archäologenkreisen "eine allererste Adresse". Im Juni werden im Museum weitere Ausstellungsräume eröffnet. In denen ist die Jüngere und Mittelsteinzeit dokumentiert - auf genau so interessante Weise. Bisher haben über 50 000 Besucher die Dauerausstellung "Geisteskraft" gesehen.