Arbeitsagentur Anhalt-Bitterfeld Arbeitsagentur Anhalt-Bitterfeld: Neues Projekt für Späteinsteiger

Wolfen/Thalheim/MZ - Mark Steindorf ist ein Spätstarter - zumindest, was seinen Beruf betrifft. Denn der 27-Jährige ist seit wenigen Tagen erst Azubi. Im Folienwerk Wolfen lernt er Verfahrensmechaniker für Kautschuk- und Kunststofftechnik.
Der sympathische junge Mann aus Raguhn, der 2003 die Realschule abgeschlossen hat, hat in den vergangenen Jahren durchaus nicht auf der faulen Haut gelegen - nur lief der Weg in einen festen Beruf nicht so, wie er sich das vorgestellt hat. Ein abgebrochenes Studium kam dazu. Jetzt sagt er: „Ich investiere noch mal richtig in mein Leben.“ Für Leute wie ihn ist die Lage heute jedoch nicht aussichtslos, wie sie noch vor einigen Jahren gewesen wäre. Denn Fachkräfte werden jetzt gesucht wie nie zuvor.
„Ausbildung wird was - Spätstarter gesucht“
Die Agentur für Arbeit hat daher ein Programm für solche Fälle erarbeitet: „Ausbildung wird was - Spätstarter gesucht“. Also Leute wie Mark, die im Alter zwischen 25 und 35 Jahren sind und einen Berufsabschluss auch wollen. 35 Frauen und Männer sind derzeit im Landkreis Anhalt-Bitterfeld integriert, sagt Sabine Edner, Chefin der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg.
30 Prozent aller Arbeitslosen das Landkreises in diesem Alter könnten sich einen vollständigen Berufsabschluss über diese Initiative vorstellen. Doch letztlich seien es nur knapp 20 Prozent, die wirklich teilnehmen. Da spielten verschiedene Gründe wie Bildungsstand, physische Voraussetzungen etc. rein, relativiert Edner die Zahl. 30 Firmen haben sich für das Angebot der Agentur interessiert und einen Spätstarter-Azubi eingestellt. „Das Programm hat im Januar begonnen, es läuft über drei Jahre und zwar bundesweit“, so die Agenturchefin. „Die Unternehmen brauchen Fachkräfte - das Durchschnittsalter der Belegschaften steigt und damit der Druck, Leute, die in Rente gehen, ersetzen zu müssen. Doch andererseits kommen wenig Schulabgänger nach.“
Die Situation also ist ernst. Für die kommenden zehn Jahre, sagen Experten voraus, werden zwei Berufsaussteiger lediglich durch einen Berufseinsteiger ersetzt werden können. Das bedeutet für die Firmen auch, dass sie diese Lücke notwendigerweise durch Rationalisierung und Innovation schließen müssen. Eine Aufgabe, die ohne Fachkräfte kaum zu lösen ist.
„Die Arbeitsplätze werden anspruchsvoller"
Im Folienwerk Wolfen hat man das längst im Blick. Seit 1998 werden hier Azubis ausgebildet. In jedem Bereich des Unternehmens arbeitet mindestens ein Azubi. „Wir haben bei uns einen guten Altersdurchschnitt“, sagt Geschäftsführer Thomas Olszowy. „Die Arbeitsplätze werden anspruchsvoller. Knöpfchendrehen - das war mal. Trotzdem ist Erfahrung gefragt, auch Lebenserfahrung übrigens. Es ist also nicht nur die Frage, ob ich ein Smartphone bedienen kann.“ Insofern haben er und sein Team „schon gute Beweggründe, reifere Mitarbeiter einzusetzen“ - Leute wie Steindorf eben. „Wir hätten auch gern noch einen Schulabgänger als Azubi gehabt“, gibt Personal-Verantwortliche Beate Köllner zu, „doch das ist nicht so einfach. Vor fünf Jahren hatten wir einen Überhang an Bewerbern, jetzt sieht das komplett anders aus.“
Hat Steindorf seinen Abschluss, könnten sich hier für ihn neue Türen öffnen. „Wir tun was, um ein attraktiver Arbeitgeber auf Wachstumskurs zu bleiben“, sagt Olszowy und meint damit die Qualifizierung der Mitarbeiter. „Da liegt unser Produktivitätsvorteil.“ Und der spielt bei der Aussicht, dass künftig nur ein Mitarbeiter auf zwei folgt, die gehen, eine Rolle.