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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: «Der Tanz ist mein Leben»

Von SILKE UNGEFROREN 25.02.2011, 17:22

WOLFEN/MZ. - Schon als Kind, so erzählt der gebürtige Weißrusse, mochte er gern tanzen. Ob bei einer Familienfeier oder einfach so. Damals hat er allerdings noch nicht geahnt, dass das einmal sein ganzes Leben bestimmen wird. Nicht nur beruflich.

Der Tanz führte ihn nicht nur in die weißrussische Hauptstand Minsk über Sankt Petersburg und die ganze Welt bis nach Deutschland. Er lernte dabei auch seine Frau kennen und lieben, fand in Magdeburg eine neue Heimat und in Halle und Wolfen, wo er jetzt beim Wolfener Ballett-Ensemble arbeitet, zwei neue Betätigungsfelder.

So richtig angefangen hat alles, als seine Trampolingruppe aufgelöst wurde. "Doch die meisten Kinder von unserem Hof gingen nachmittags zum Sport oder in einen anderen Verein. Manche auch ins Pionierhaus, wo es eine Kinder-Ballettschule für Volkstanz gab. Da bin ich dann einfach mal mitgegangen." Und er ist geblieben.

Der Zufall wollte es, dass ein Pädagoge aus Minsk kam, um für die dortige Ballettschule Nachwuchs zu sichten. Vor allem männliche Talente wurden gesucht. Und wie begabt der zwölfjährige Sascha - so lautet das Kosewort für Alexander - ist, das wurde schnell erkannt. Er wurde nach Minsk zum Vortanzen eingeladen und bekam das Angebot einer Ballettausbildung.

"Ganz so einfach war der Schritt nicht", erinnert sich Alexander Semenchukov, "vor allem für meine Eltern." Immerhin liegt Minsk fast 400 Kilometer von seinem Heimatort Witebsk entfernt, und das bedeutete, das Zuhause zu verlassen und ins Internat zu gehen. "Doch schließlich haben mich meine Eltern sehr unterstützt, weil sie wussten, dass ich Ballett-Tänzer werden möchte."

Sechs Jahre lernte der Junge, wuchs zum Mann heran und wurde nach der Ausbildung am Minsker Opernhaus engagiert. Doch er wollte mehr, suchte neue Herausforderungen und fand in Sankt Petersburg eine Tanz-Company, die ihn nach dem Vortanzen sofort aufnahm. Für den damals 20-Jährigen fiel damit auch die Entscheidung, in dieser Stadt leben zu wollen.

Eine gute Entscheidung in doppelter Hinsicht, denn hier traf er auch seine Ehefrau Nadesda - ebenfalls Tänzerin. Er gründete mit ihr eine Familie, bald wurde Töchterchen Anna geboren. Auch beruflich konnte es nicht besser laufen für den begabten Tänzer. "Ich habe die Hauptrollen aller klassischen Ballette getanzt", sagt Semenchukov, "von Schwanensee über Dornröschen bis Don Quichotte."

Die Company war im Kirow-Theater in Petersburg und im Bolschoi-Theater in Moskau präsent und gab Gastspiele in fast 35 Ländern der Erde. "Durch meinen Beruf konnte ich die Welt erleben", denkt der heute 48-Jährige an Auftritte in Ceylon oder Japan, England oder im Iran zurück. Auch nach Deutschland führte ihn das Ballett. Und hier ergab sich die Gelegenheit, beim Magdeburger Theater vorzutanzen. Nicht ganz zufällig natürlich. "Irgendwann sucht man wieder, will sich verändern, Neues ergründen und ausprobieren."

Dass damit das Verlassen der Heimat verbunden war - er wurde in Magdeburg engagiert -, sieht Semenchukov auch im Nachhinein noch ganz pragmatisch. "Wenn man eine interessante Arbeit hat, die einen ausfüllt, dann ist alles gut. Dann ist es auch egal, wo das ist." Natürlich nur, wenn auch die Familie will und damit glücklich ist. Und die wollte und ist hier ebenfalls heimisch geworden. Seine Tochter ist mittlerweile 28 und hat ihn mit dem fünfjährigen Leon-Alexander schon zum Opa gemacht. Und regelmäßig fahren alle in den Urlaub in die alte Heimat.

In Magdeburg kam auch die Zeit, wo der Tänzer an später dachte. "In diesem Beruf kann man nicht ewig arbeiten." Und da er mit vielen Choreografen zusammenarbeitete und Interesse an diesem Metier fand, entschied er sich dafür.

"Das Leben ist oft abhängig von verschiedenen Leuten, die du triffst", denkt Alexander Semenchukov zuerst an den bekannten Choreografen Dietmar Seifert. Den traf er zufällig in Berlin - und der wurde auch sein Professor an der Ernst-Busch-Hochschule, wo er sein Studium zum Choreografen und Ballettpädagogen absolvierte. Dass er das wiederum neben seinem Engagement in Magdeburg schaffen konnte, verdankt er in erster Linie der damaligen Ballett-Direktorin Irene Schneider. "Sie hat mich in Magdeburg aufgenommen, ich habe alle ihre Ballette getanzt, und sie hat es mir schließlich auch erlaubt, gleichzeitig zu studieren. Wir sind noch immer Freunde."

Eine stressige Zeit damals: Früh in Berlin zum Studium, abends in Magdeburg zum Auftritt. Doch der Workaholic hat auch das mit Bravour gemeistert - und bald darauf schon ein neues Betätigungsfeld gefunden. Er traf Claudia Marx vom SKC Tabea in Halle und begann dort 2007 als Choreograf der bekannten Sportmusicals, die immer in der Vorweihnachtszeit laufen. Und dabei lernte er schließlich auch das Wolfener Ballett-Ensemble kennen, denn die große Gruppe wirkt in diesen Musicals mit.

"Ich war sofort fasziniert, was diese Mädels, die nur einmal in der Woche trainieren, leisten können", schwärmt der erfahrene Choreograf. "Und ich habe schon viele Gruppen erlebt. Doch bei den Wolfenern spürt man sofort, sie wollen dem Publikum mit ihren Bewegungen etwas vermitteln. Du machst etwas vor, sie setzen es sofort um. Sie bringen Gefühl zum Ausdruck, das von innen kommt. Das schaffen nicht mal alle Profis."

Seit Anfang 2010 trifft er dieses Ballett deshalb nicht nur bei Tabea, sondern regelmäßig als Trainer im Wolfener Verein. Der mittlerweile selbständige Choreograf und Ballettpädagoge, der auch selbst noch tanzt, unterrichtet hauptsächlich die große Gruppe, arbeitet aber auch mit den Jüngeren. Gerade jetzt in Vorbereitung der großen Gala des Ballett-Ensembles, die am 2. und 3. April im Wolfener Kulturhaus über die Bühne läuft.

Restkarten für die Gala am 2. April um 18 Uhr und am 3. April um 15 Uhr sind an der Theaterkasse des Kulturhauses unter Telefon 03494 / 6 66 06 66 zu bestellen.