Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Brehna macht in USA Appetit
BREHNA/MZ. - Während Lehrling Tom Hannemann die Olivenbaguettes auf dem Fließband nicht aus den Augen lässt, beißt in den USA ein Amerikaner ins kernige Kutscherbrötchen made in Brehna. Wie klein die Welt doch ist. Hinter dem großen Teich trifft die Edna International GmbH, die sich auf Tiefkühlbackwaren spezialisiert hat, den amerikanischen Geschmack. Dirk Markscheffel steht mehr auf eine Schrippe. Ein Brötchen mit einem länglichen Schnitt, erklärt er und lacht. Von Kaiserbrötchen beispielsweise werden 20 000 Stück pro Stunde produziert. Er muss es schließlich wissen. Der 37-Jährige ist seit Freitag quasi frisch gebackener Produktionsleiter in der Brehnaer Niederlassung. Und ein wenig stolz darauf. Von der Pike hat er das Bäckerhandwerk im Unternehmen gelernt. Lehre, Schichtleiter, dazwischen kam die Bundeswehr. Dem Unternehmen blieb der Delitzscher weiter treu.
Markscheffel bekam am Donnerstag exklusiv die Juni-Zahlen des Arbeitsmarktes präsentiert, denn Petra Bratzke, Chefin der Agentur für Arbeit Halle, war im Betrieb. Die Arbeitslosenquote im Altkreis Bitterfeld beträgt 11,5 Prozent - blieb unverändert zum Vormonat, das sind 5 468 Menschen ohne Arbeit, davon beziehen 4 031 Personen Arbeitslosengeld II, erläutert sie.
17 Prozent aller Beschäftigten im Land Sachsen-Anhalt stehen übrigens in Lohn und Brot in der Ernährungsgüterindustrie. Eine Zahl, die sich sehen lassen kann, findet Petra Bratzke. Deshalb wird die Arbeitsamtschefin nicht müde, für freie Ausbildungsstellen in der Ernährungswirtschaft zu werben. "Wer Bäcker wird, kann eigentlich nie arbeitslos werden", weiß Annegret Nowak, Lehrausbilderin bei Edna, aus Erfahrung. "Bei uns eine Ausbildung machen, ist das beste, was man tun kann", wirbt sie. Vier Lehrstellen sind noch frei, es werden jedoch nicht nur Bäcker, sondern auch Mechatroniker gesucht. 18 Lehrlinge bildet das Brehnaer Unternehmen, das 135 Mitarbeiter zählt, insgesamt aus. Und der Betrieb wächst. In den nächsten vier Wochen wird hier ein automatisches Tiefkühlsystem gebaut, verrät der technische Leiter Gerd Skowronek.
Auch Tom Hannemann, Azubi im zweiten Lehrjahr, kann nur ermutigen. Der 20-Jährige hat Spaß bei der Arbeit. In der Bäckerei Achtert in Raguhn habe er sein Praktikum absolviert. "Mir gefiel's", sagt Tom, der jetzt das Bäckerhandwerk erlernt. Er überlegt nach der Ausbildung bei Edna zu bleiben. Wenn es klappt, wäre es toll. Bei Dirk Markscheffel hat es geklappt. Am Freitag ist er den ersten Tag als Produktionsleiter im Einsatz.
Vorgänger Harald Gründling nahm am Donnerstag Abschied aus dem Berufsleben. Der Betriebs- und Produktionsleiter geht mit 63 Jahren in den Ruhestand. Was macht man am letzten Tag? Zurückblicken, meint er. An die Einführung neuer Maschinengenerationen und an den Tag als er sich seinen Arm an einer Anlage verletzte. Freud' und Leid liegen eben dicht beieinander. "Es wird sich vieles ändern", erzählt Gründling. "Es beginnt der letzte Lebensabschnitt." Ein bisschen Wehmut sei dabei.
4.30 Uhr ist er sonst immer aufgestanden, das wird sich ändern. Die Hobbys werden mehr in den Mittelpunkt rücken. Dafür ist jetzt Zeit da. Am Donnerstag ließ sich Harald Gründling nach Hause fahren. So oft ist das in den 21 Jahren als Betriebsleiter nicht passiert. Wird es auch nicht mehr. Harald Gründling wird seinen Beruf in Ehren halten. Was in der familiär geführten Bäckerei begann endet nun in der Edna GmbH.