Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ab in die Pilze!
schlaitz/MZ. - Kenner haben es geahnt: Aufgrund der großen Trockenheit in den letzten Wochen und Monaten wird es nicht viele Pilze geben in diesem Jahr. Und unter den Wander- und Pilzfreunden am Sonnabend sind so einige, die sich ganz gut auskennen in diesem Metier. Gekommen sind sie trotzdem - und sehr gern, wie sie deutlich zum Ausdruck bringen.
"Es ist einfach mal eine Abwechslung, man ist unter Leuten und in der Natur unterwegs", freut sich nicht nur Helmut Stejskal aus Burgkemnitz. "Und das Wetter ist schön." Petrus meint es wahrlich gut mit den Teilnehmern der traditionellen MZ-Pilzwanderung, die erneut von den Redaktionen Bitterfeld und Wittenberg organisiert wurde. Und so treffen die Sieger eines Preisrätsels, das im Vorfeld über die Teilnahme entschieden hat, am Sonnabendmorgen pünktlich an der Schachtbaude bei Schlaitz ein. Wie im vergangenen Jahr wieder mit im Boot: die Fachgruppe Mykologie aus Wolfen, die mit fünf Vertretern Gewehr bei Fuß steht, um die Wanderfreunde zu begleiten und ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Schon bevor alles in das umliegende Waldgebiet ausströmt, können einige Pilzexemplare bestaunt werden. Die hat Jürgen Haseloff, der stellvertretende Vorsitzende der Mykologen-Gruppe, am Vortag bei Nossen in Sachsen gesammelt - wohl wissend, dass der Ertrag heute nicht unbedingt der beste sein wird. "Aber das ist egal", meint auch Günter Rast, der mit Frau Renate aus Wittenberg gekommen ist. "Pilze suchen bietet auf jeden Fall Erholung und Entspannung." Er ist sonst oft aus diesem Grund im Fläming unterwegs und hat auch ganz schön Ahnung, wie er sagt. "Durch meinen Opa, der wohnte in Radis und war ein richtiger Waldgänger." Auch von der Zubereitung der gesammelten Waldfrüchte schwärmt er: schmoren oder braten und eventuell vorher panieren, wie den Schirmpilz beispielsweise.
Ruth Barthel aus Bitterfeld hat sich mit dem Rufbus in die Heide bringen lassen. "Wie soll ich sonst rauskommen, seit mein Mann tot ist." Mit dem war sie früher oft in den Pilzen, wie die 82-Jährige erzählt. Vor allem vom Friedrichsee aus, wo sie gezeltet haben.
Die Körbe indes, die die Pilzsucher mitgebracht haben, füllen sich meist nur spärlich. Dennoch ist es erstaunlich, was so nach und nach auf den Tischen an der Schachtbaude landet. Hier stehen neben Jürgen Haseloff auch der Chef der Mykologen-Truppe, Gerhard Niechziol, sowie Lothar Zimmermann, Helmut Bredlau und Holger Irmer schon bereit, um ihre fachkundige Meinung abzugeben. Die Krause Glucke wurde gefunden, der Büschelrasling, die Marone. Stockschwämmchen sind dabei, die von der Speisekarte so manchen Restaurants bekannt sind, einige Exemplare vom Rotfußröhrling, auch ein Butterpilz. Insgesamt zwar nur elf essbare Arten, aber insgesamt 53 - die meisten ungenießbar oder giftig, aber nicht weniger schön anzusehen. Im Gegenteil, zum Teil sehr interessante Gebilde präsentieren sich da.
Die Leute haben viele Fragen an die Mykologen, Erfahrungen werden ausgetauscht, gefachsimpelt. Eine Maxime ist immer wieder zu hören: beim kleinsten Zweifel stehen lassen. Und wer einen Pilz vom Mykologen bestimmen lassen will, sollte ihn nicht abschneiden, sondern im Ganzen heraus drehen - und die Stelle wieder mit Erde oder Tannennadeln schließen.
"Erik hat die meisten gefunden", sagt Hanne-Lore Zschoche aus Zörbig, als sie ihr Körbchen leert. Sie hat ihren Enkel aus Halle mitgebracht. Der Sprössling, der am Dienstag seinen 8. Geburtstag feiert, hat sich vorher in einem Pilzbuch kundig gemacht und war im Wald emsig am Suchen. Recht ertragreich waren auch Helga und Manfred Dickoff aus Schleesen. "Die kleinen findet mein Mann, die großen ich", sagt die Frau angesichts ihrer Ernteerfolge schelmisch.
Lustig und ausgelassen geht es den ganzen Vormittag zu, auch als es beim Mittag mit Kesselgulasch aus der Schachtbaude trüber und recht windig wird. Es hat wieder gefallen, wie die meisten beim Abschied betonen. Und nicht selten hören die Veranstalter: "Macht das im nächsten Jahr wieder!"