Serumwerk Bernburg Serumwerk Bernburg: Zurück in der Erfolgsspur

Bernburg - Das Serumwerk Bernburg hat seine jüngste Talsohle durchschritten. „Es sieht recht gut aus“, blickt Vorstandsmitglied Jan Lukowczyk optimistisch nach vorn. Dazu hat auch die jüngste Investition beigetragen.
Etwa 1,5 Millionen Euro sind in eine neue Produktionsanlage für Infusionslösungen geflossen. Sie ist vor einem Monat nach einer Umbauzeit von drei Wochen und zwei Tagen während des Sommerurlaubs der Belegschaft in Betrieb gegangen.
Roboter im Einsatz
Die angeschafften Maschinen sind leistungsfähiger als die alten, Roboter haben die Arbeit am Band übernommen. „Wir sind jetzt flexibler und effektiver von der Abfüllung bis zur Endkonfektionierung“, sagt Produktionsleiterin Jutta Jeske. Pro Schicht sind drei statt fünf Mitarbeiter notwendig, sie haben fast ausschließlich nur noch die Technik zu kontrollieren. Den Arbeitsplatz hat das aber niemanden gekostet, betont Jan Lukowczyk.
Im Gegenteil: „Unsere Kapazität ist um 50 Prozent größer geworden. Wir sind mit dieser Abteilung, die auf der Kippe stand, jetzt wettbewerbsfähiger geworden. Die Investition war für uns ein Schritt in die Zukunft.“ Denn Infusionslösungsbeutel seien keine hochpreisigen Artikel, hier werde der Umsatz über die Masse generiert.
Statt sechs Millionen können nunmehr pro Jahr neun Millionen Beutel mit Füllmengen zwischen 250 Milliliter und zwei Litern hergestellt werden, erklärt Jan Lukowczyk gegenüber der MZ, während Vorstandschef Frank Kilian in London mit Chinesen über einen Großauftrag verhandelt.
Ein bis zwei Millionen Beutel könnte der Partner aus dem Reich der Mitte künftig jedes Jahr abnehmen, so die Hoffnung. „Wir stellen verschiedene Elektrolyt- und Glukoselösungen für die Notfallmedizin sowie Kochsalzlösungen für die Dialyse her“, sagt Jutta Jeske. Dazu zähle auch das im Bernburger Werk entwickelte Gelafusal, ein Volumenersatzmittel. Beliefert würden direkt der Großhandel, Krankenhäuser und Dialyse-Praxen.
Produktion und Vertrieb gehen weiter
Stichwort Notfallmedizin: Im Streit um den Blutplasmaexpander Hydroxyethylstärke (HES) hat das Unternehmen nach eigenen Angaben vor wenigen Wochen einen Erfolg gegen das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) errungen.
Laut einer Gerichtsentscheidung dürfen die Bernburger das Präparat wieder im EU-Raum produzieren und vertreiben. Derzeit werden noch Lagerbestände abgebaut, anschließend sollen diese Infusionslösungen wieder hergestellt werden.
Den Wirkstoff in Pulverform hatte das Serumwerk bislang ohnehin weiterhin außerhalb Europas veräußert. Dass HES nach der ganzen Negativ-Publicity wieder zu einem Verkaufsschlager wie früher wird, daran will Jan Lukowczyk derzeit noch nicht so recht glauben. Hier müsse einfach abgewartet werden, wie sich die Nachfrage entwickelt.
In Nordamerika Fuß in der Tür
Umsatztreiber Nummer eins bleibt indes das für die Ferkel-Aufzucht bedeutende Eisendextran. „Wir haben jetzt in Nordamerika einen Fuß in der Tür“, sagt der Vorstand erfreut. Nach erfolgter Zulassung wolle ein Partner das Mittel voraussichtlich im kommenden Monat dort auf den Markt bringen. „Wir erwarten eine Umsatzsteigerung von bis zu 30 Prozent in diesem Geschäftsfeld“, hofft Jan Lukowczyk, damit als derzeitiger Vize den Weltmarktführer angreifen zu können.
65 Millionen Euro hat das Serumwerk im vergangenen Jahr umgesetzt, etwas mehr als 2014. Auch beim Gewinn verzeichnete das Pharmazieunternehmen einen leichten Zuwachs.
Für 2016 erwartet der Vorstand eine ähnlich positive Entwicklung - und investiert weiter in die Zukunft. Bis Mai 2018 soll in einem bisher nahezu leerstehenden Gebäude eine Produktionsstrecke für Fünf-Liter-Beutel mit Dialyse-Infusionslösungen errichtet werden. Allein in den Umbau fließen zirka vier Millionen Euro, die neuen Anlagen noch nicht eingerechnet. Nach einem halbjährigen Probelauf ist der Produktionsstart für November 2018 anvisiert. Dann stehen auch neue Jobs in Aussicht - das Serumwerk hat die Talsohle hinter sich gelassen. (mz)

