91-Jährige zu Tode gewürgt? Salus-Fachklinikum Bernburg: Mutmaßlicher Totschlag einer 91-Jährigen 2018 wird erst durch Prozess am Landgericht Magdeburg bekannt

Bernburg - Im Bernburger Salus-Fachklinikum haben sich im vergangenen Sommer gleich zwei gewalttätige Auseinandersetzungen ereignet, in deren Folge zwei Menschen starben. Dies ist erst jetzt wegen eines bevorstehenden Gerichtsprozesses bekannt geworden.
Sowohl der Betreiber des Zentrums für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie als auch das aufsichtsführende Landessozialministerium und die Polizei hatten seinerzeit den zweiten Vorfall nicht veröffentlicht. In der Nacht zum 3. Juli 2018 hatte ein 89-jähriger Mann in der gerontopsychiatrischen Abteilung seinen einige Monate älteren Zimmermitbewohner erschlagen. Aufgrund seiner ausgeprägten Alzheimer-Erkrankung stufte ein Gutachter den Angreifer als nicht schuldfähig ein.
89-Jähriger war laut Gutachten nicht schuldfähig
Sechs Wochen später kam es im Krankenhaus erneut zu einem Übergriff mit Todesfolge. Wie Christian Löffler, Sprecher des Landgerichts Magdeburg, nun mitteilt, soll eine 21-Jährige am 14. August 2018 eine 91 Jahre alte Frau gewürgt haben.
Die Tat geschah laut Salus-Sprecherin Franka Petzke in der Aufnahmestation des Fachklinikums, wo Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern untergebracht seien. Zu Hintergründen und Details des Übergriffs will sie sich mit Verweis auf das bald beginnende Gerichtsverfahren nicht äußern.
Frank Küssner, Sprecher der Polizeiinspektion Nord, sagt, dass die Seniorin einige Tage nach der Attacke gestorben sei. Die Kripo der damaligen Polizeidirektion Nord habe zunächst Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung aufgenommen, die Straftat nach dem Tod des Opfers aber als Totschlag klassifiziert.
Zuerst wurde wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt, später wegen Totschlag
„Gegen die Beschuldigte wurde ein Unterbringungsbefehl für das Fachklinikum Uchtspringe verkündet“, so Frank Küssner. Denn bei der nicht vorbestraften 21-Jährigen bestehen Anhaltspunkte, dass sie aufgrund einer Erkrankung schuldunfähig ist, sagt Gerichtssprecher Christian Löffler.
Gelangt die 2. Strafkammer des Landgerichts zum Schluss, dass die bisher zur Tat schweigende Frau schuldunfähig, für die Tat verantwortlich und für die Allgemeinheit gefährlich ist, kommt ihre dauerhafte Unterbringung in einer Psychiatrie in Betracht. Das Sicherungsverfahren beginnt am 19. Februar. Vier Verhandlungstage sind terminiert. Neben der Beschuldigten sind zwei Sachverständige und sieben Zeugen geladen.
Salus-Sprecherin verweist auf die Polizei, die wiederum auf Salus
In der Frage, wieso die Öffentlichkeit nicht zeitnah über die Gewalttat informiert wurde, weisen die Beteiligten die Schuld von sich. Laut Salus-Sprecherin Franka Petzke „liegt es im polizeilichen Ermessen, ein solches Ereignis in den öffentlichen Polizeibericht aufzunehmen“.
Die 91-Jährige sei nicht im Fachklinikum gestorben. Polizeisprecher Frank Küssner wiederum sagt: „Der Sachverhalt selbst ist der Pressestelle nicht bekannt geworden und konnte daher auch nicht kommuniziert werden.“
Dass psychisch kranke Menschen viel gefährlicher für ihr Umfeld sind als gesunde Zeitgenossen, dieses Risiko wird in der öffentlichen Wahrnehmung überschätzt, meint Bernhard Bogerts. Der Professor ist Leiter des Salus-Instituts. Mehreren internationalen Studien zufolge neigt nur eine kleine Minderheit der Betroffenen zu Gewalttaten. 95 Prozent von ihnen würden gewaltfrei leben, im Vergleich zu 98 Prozent der Menschen ohne psychische Störungen. (mz)