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Geschichte der Bären in Bernburg Geschichte der Bären in Bernburg: Im Oktober 1860 zog das erste Tier ein

18.04.2017, 10:45
Bären im Zwinger am Schloss in Bernburg
Bären im Zwinger am Schloss in Bernburg privat/Hennecke

Bernburg - Viele Bernburger trauern um einen der beiden Bären im Zwinger am Schloss in Bernburg: Am 21. Februar 2017 starb Benji (27) plötzlich und unerwartet an Altersschwäche. Nun ist seiner Schwester Bonny allein, mit der Benji 20 Jahre im Zwinger zusammenlebte. Die beiden Wurfgeschwister waren 1990 als letzte Bären am Bernburger Schloss zur Welt gekommen.

Tiergartenleiter Andreas Filz, seine Mitarbeiter und viele Bernburger wurden völlig überrascht von Benjis Tod, zumal es noch drei Tage zuvor keine Anzeichen dafür gab.

Neben den MZ-Berichten und der öffentlichen Diskussion darüber, ob die Haltung der Bären im Zwinger am Schloss überhaupt noch zeitgemäß ist, hat sich Ortschronist Joachim Hennecke die Mühe gemacht und die Geschichte der Bären in Bernburg aufgeschrieben.

Die Teile seiner Chronik werden in unbestimmten Abständen hier veröffentlicht.

Der „Russe“ macht Unfug

Der Einzug des ersten Tieres erfolgte am 1. Oktober 1860 in den neuen Zwinger, der in den Jahren 1859/60 am Schloss entstand.

Jeder Bernburger ist gewiss sehr stolz auf die Bären, die seine Heimatstadt als ihr Wahrzeichen im Bärengehege am Schloss und im Tiergarten beherbergt. Schon immer wurde wohl jeder Besucher der Stadt zuerst auch zum Bärenzwinger am Schloss geführt, und Einheimische sowie Fremde erfreuten sich an dem ergötzlichen Spiel der kleinen Bärenteddys, die von der Bärenmutter auf Bärenart erzogen wurden.

Es ist bemerkenswert, dass man fast überall dort, wo Bernburgs Name erklingt, sogleich an die Bärenstadt denkt und dem Namen der Stadt damit wie selbstverständlich eine Deutung gibt. So mancher Bürger glaubt, dass die Bären in unserem Ort gehalten werden, weil die Stadt ihren Namen danach bekommen hat.

Heute wissen wir, dass es damit nicht zusammenhängt, und nach den Ergebnissen der heimatlichen Forschung zumindest auch nicht die wahrscheinlichste Deutung ist. Bernburg ist in der Ferne Bärenburg, und Bärenburg ohne Bären ist einfach undenkbar.

War der Bär zwar nie Bernburgs Wappentier, so wird jedoch der anhaltische Bär erstmals vom Bernburger Fürsten Bernhard III. (er regierte von 1323 bis 1348) als Reitersiegel  verwendet und ziert seither als markantes Signet, als „Logo“, das Bernburger Land.

Die Askanier und Albrecht der Bär, als Gründer des Fürstentums Anhalt, begannen erst ab 1328 zögerlich, sich des Bären als Wappentier zu bedienen. Eine Bärenhaltung im Tiefen Graben der Burg des Mittelalters ist nicht sicher belegt.

Bären war eher ein Zufall

Die Bären selbst aber verdankt Bernburg eigentlich mehr einem Zufall. Aus der Erinnerung einiger Bernburger Persönlichkeiten, insbesondere der 1935 in Ballenstedt verstorbenen Frau von Stach, der Tochter des früheren Landrates Bunge, dem Schlossdiener und Bärenvater Christian Leinert (geboren am 14. Dezember 1846, Kriegsteilnehmer 1870/71) sowie Bärenvater Heinrich Sack, ist Bernburgs Bärengeschichte bekannt geblieben.

Der Einzug des ersten Bären erfolgte am 1. Oktober 1860 im neuen Bärenzwinger im vormaligen Bärengraben“. Es war ein junger russischer Braunbär, den der Anhalt-Bernburgische Premier-Leutnant Adolf Steinkopff als Geschenk russischer Freunde von einem in Russland verlebten Urlaub mit in die Heimatstadt brachte.

Erster Bär ließ sich anfassen und kraulen

Den kleinen zutraulichen Bären führte er an der Leine wie einen Hund, und dieser ließ sich von den Kindern und Straßenpassanten anfassen und kraulen.

Obwohl der „Lazi“ (lasisch,  lazisch geschrieben, zu der Sprache der südkaukasischen Sprachfamilie  gehörend),  als sehr zahm bekannt war, muss sein Erscheinen in Bernburgs Straßen doch ein ziemliches Durcheinander verursacht haben, jedenfalls wies ihm der damalige Kreisdirektor Bunge (Wohnung Theaterstraße 7/9) einen Stall, in der damals in der „Langen Gasse“ Nr. 6 gelegenen Kreisdirektion, als vorläufige Herberge an.

Noch einige Zeit tollte dann Meister Petz häufig auch als Spielgefährte im landrätlichen Kinderzimmer herum. Mit zunehmender Größe änderte sich das natürlich bzw. wurden die Liebkosungen und der Betätigungsdrang des „Russen“, wie Petz auch genannt wurde, für die Kinder und die Wohnungseinrichtung des, inzwischen Besitzer gewordenen Kreisdirektors Bunge zu einer Gefahr.

Herzogin Friedrike ließ Zwinger errichten

Nach einer Vorführung im Schloss, wo er ebenfalls allerlei Unfug machte, ließ Herzogin Friedrike für ihn 1859/60 am Schloss den Zwinger mit einem Kletterbaum und mit guter Beobachtungsmöglichkeit errichten, in dem er noch mehr als 20 Jahre der Liebling aller Bernburger und ihrer Gäste war.

Lange musste man sich jedoch nur mit diesem einzelnen Bären begnügen, der bis zum 26. Juni 1889 hier im historischen Zwinger lebte.

Der Schlosskastellan war jeweils auch der Bärenvater, die ersten Bärenväter waren Jecht (1859/60) und Kaiser (1860-1879). 1875 bis 1925 pflegte „Bärenvater“ Leinert mit seiner Frau liebevoll die Bernburger Bären. „Bärenvater“ Leinert, der in Bernburg wohlbekannteste Schlossdiener a. D. beging am 14. Dezember 1931 in schöner Rüstigkeit seinen 85. Geburtstag.

Herr Leinert war während seiner 50-jährigen Dienstzeit, von Oktober 1875 bis Oktober 1925, namentlich durch seine Tätigkeit als „Bärenvater“ bekanntgeworden, eine Tätigkeit, die damals noch schwieriger war, als zur Zeit seines 85. Geburtstages, wo man den schönen großen Auslauf besaß.

Mancher erinnerte sich noch, wie Vater Leinert in seinem Garten (wo später der Auslauf war) die jungen Tiere mit der Flasche groß fütterte, wenn sie gar schlecht gedeihen wollten. Noch in seinem hohen Alter machte Herr Leinert täglich seinen längeren Spaziergang.

Heinrich Sack übernahm die Betreuung

1925 übernahm Bärenvater Sack die Betreuung. Heinrich Sack wohnte in der Wolfgangstraße 3; am 10. August 1872 in Obersdorf bei Sangerhausen geboren, war er nach seiner Militärzeit  zunächst im Dienste des Fürsten Stolberg-Stolberg tätig und übersiedelte mit Ehefrau um die Jahrhundertwende nach Bernburg, wo er zunächst  eine Anstellung bei den Deutschen Solvay-Werken fand.

Im Jahre 1914 kam er zur Polizei und im Jahre 1922 zur staatlichen Bauverwaltung. Zu seinen amtlichen Funktionen, die er hier übernahm, gehörte dann auch die Betreuung der Bernburger Bären, zu der ihn seine angeborene Tierliebe befähigte.

Zu einem Stück Stadtgeschichte geworden

In den 16 Jahren seiner Tätigkeit, die ein Höchstmaß von Pflichtreue und Sorgfalt beanspruchte, hatte er sich den Namen des Bärenvaters erworben, ist er zu einem Stück Bernburger Stadtgeschichte geworden.

Eine Reihe wohlverdienter Ehrungen wurde ihm zuteil, als er nach Erreichen der Altersgrenze aus dem Amte schied. Am 15. Oktober 1924 konnte er mit seiner aus Kalbsauge stammenden Ehefrau (Hochzeit am 15.10.19892 in Neudorf im Harz) das Fest der Goldenen Hochzeit begehen.

Die Kinder trauern

„Lazi“  beendete am Abend des 26. Juni 1889 plötzlich sein beschauliches Dasein. Gemeinderat beschließt weitere Tierhaltung.

Im September 1876 gab Petz Lazi von seiner bisher noch nicht bekannten Geschicklichkeit im Coupiren von Eisenbahnbilletts einen, allerdings für den Betroffenen doppelt empfindlichen Beweis ab.

Ein junger Mann aus unserer Nachbarstadt Cöthen benutzte seine Anwesenheit hier selbst nach Besorgung seiner Reisegeschäfte, das lebende Wahrzeichen unserer Stadt zu besichtigen. Mit besonderer, indes im vorliegenden Falle nicht zu empfehlender Vorsicht hatte der Reisende sein Billett, welches ihm die Retourfahrt nach Cöthen verbürgte, an seinen Hut gesteckt.

Plötzlich bei irgendwelcher Bewegung oder sonst durch einen tüchtigen Windstoß veranlasst, verlässt der Hut, mit ihm das Billett, seinen Ruhepunkt auf dem Haupte des ahnungslos in den Bärenzwinger Herabschauenden.

Petz, sichtlich überrascht von dem ihm so unverhofft zugehenden Geschenke, erfasst den Hut, zerzaust ihn im Ärger über die Ungenießbarkeit dieses Artikels und lässt schließlich auch das Billett unter seinen Tatzen für jede Retourfahrt unmöglich werden und verschwinden. Barhäuptig und ohne Billett, über dergleichen bodenlose Unhöflichkeit mit Recht erstaunt, verlässt der Reisende den Bärenzwinger.

Lazi verstarb plötzlich am 26. Juni 1889

Unser guter alter Lazi, der jahrelang unserem Bärenzwinger am Schloss zur lebenden Zierde gedient hat, beendete am Abend des 26. Juni 1889 plötzlich sein beschauliches Dasein. Der Todesfall des beliebten Bären rief besonders bei unserer Kinderwelt, welche Meister Petz so oft durch seine possierlichen Kletterkünste ergötzte, schmerzliches Bedauern hervor.

Man sollte jedoch nicht allzu lange warten müssen, damit die „Bärenburg“ ihren berühmten Namen auch für die Folge durch den lebenden Zeugen nach außen hin kenntlich macht.

Gemeinderat beschloss Neuanschaffung

Der Gemeinderat beschloss am 29. Juli die Fortführung der Bärenhaltung als Wahrzeichen unserer Stadt durch Beschaffung eines zweiten Exemplars bzw. zweier Bären auf Rechnung der Stadt.

In allen Kreisen der hiesigen Bevölkerung begegnete man der vollen Zustimmung zu dem vom Gemeinderat gefassten Beschluss, wonach der Magistrat wegen des ferneren Haltens des Bären bei der herzoglichen Finanz-Direktion vorstellig wurde und sich gleichzeitig zur Anschaffung und Unterhaltung eines zweiten Bären für Rechnung der Stadt erbot.

Die Pflicht, den Bären als Wahrzeichen der Stadt auch ferner zu erhalten wurde als ganz selbstverständlich angesehen, denn was war bei unserer Kinderwelt und den kleinen, auswärtigen Verwandten, die ab und zu zum Besuche bei ihnen weilten, Bernburg ohne Bär?

Freundliche Gesichter und strahlende Augen sah man daher, wenn man ihnen erzählte, dass Bernburg fortan sogar ein Bärchenpaar besitzen sollte. Der verstorbene Bär wurde vom Staat erhalten.

Dem gewiss nicht unbilligen Verlangen der Bevölkerung, dass an diesem Verhältnis nichts geändert werden möge, wurde seitens der fiskalischen Behörden gern Rechnung getragen, denn es wurde ihnen dadurch ja kein neues Opfer zugemutet, sondern sie sollten nur das Wenige weiter leisten, was sie so lange Jahre hindurch gewährt hatten.

Bär kostete damals 120 bis 150 Mark

Nach angestellten Ermittlungen kostete (damals) ein junger Bär 120 bis 150 Mark und die Unterhaltungskosten bewegten sich zwischen 40 bis 50 Pfg. pro Tag. Diese Ausgabe war damals so geringfügig, dass sie sich sowohl der Staat als auch die Stadt, welche für das zweite Exemplar sorgen wollte, leisten konnte, ohne auf ernste finanzielle Bedenken zu stoßen.

So war man ganz der, in der Gemeinderatssitzung am 29. Juli 1889 ausgesprochenen Ansicht zur ferneren Haltung des Bären einer Meinung. Auch vom naturwissenschaftlichen Standpunkt sah man es als wünschenswert an, der Schuljugend nach wie vor ein lebendes Exemplar von Bären vorführen zu können.

Ferner wurde verlautet, dass ein angesehener hiesiger  Bürger dem Herrn Oberbürgermeister das Anerbieten gemacht habe, eine „Bärenstiftung“ zu gründen, aus deren Revenuen (Einkommen) das städtische Bärenexemplar angeschafft und erhalten werden sollte, aber nur unter der ausdrücklichen Bedingung, dass auch der Fiskus weiter für seinen Bären sorge.

Neuer Bär aus Russland als Geschenk

In einem vom Kammerherrn, Herrn von Auer-Herrenkirchen, an Oberbürgermeister Pietscher gerichtetem Schreiben wurde am 21. Oktober 1889 mitgeteilt, dass Ihre Großherzogliche Hoheit, die Frau Erbprinzessin die Gnade, gehabt hat, einen Bären aus Russland kommen zu lassen und denselben der Stadt Bernburg als Geschenk zu überweisen.

Somit gelangte Bernburg wieder in den Besitz eines Bären, man hoffte natürlich auch darauf, dass bald das zweite vom Staate zu erhaltene Exemplar folgen würde.

Das Herzogl. Finanzministerium wurde vom Herzoglichen Staatsministerium ermächtigt, zu den auf 100 Mark veranschlagten und je zur Hälfte vom Fiskus und von der Stadtgemeinde Bernburg zu tragenden Kosten, eine Summe von 70 Mark aus dem Baudispositionsfonds zu verwenden, jedoch die vom Bernburger Magistrat beantragte Anschaffung und Erhaltung eines Bären auf fiskalische Kosten  abzulehnen.

So beschloss der Gemeinderat am 28. Oktober 1889 einstimmig das Geschenk Ihrer Großherzoglichen Hoheit, der Frau Erbprinzessin, (den jungen Bären) mit verbindlichstem und herzlichstem Danke untertänigst zu akzeptieren und an dem früheren Beschluss festzuhalten, auch für Rechnung der Stadt noch ein zweites Exemplar anzuschaffen und zu erhalten.

Die Erweiterung bzw. Erneuerung des weiterhin zu benutzenden fiskalischen Bärenzwingers war in Aussicht zu nehmen, damit in demselben ein Bärenpaar ausreichenden Platz hat.

 „Lazi“ erfüllt Vaterpflichten

Die Herzogliche Finanz-Direktion erteilte noch Ende Dezember 1889 die Genehmigung zur Ergänzung des Zwingers.

Am 11. November 1889 wurde dem Gemeinderat betr. Erweiterung bzw. Erneuerung des Bärenzwingers ein Projekt mit drei Kostenanschlägen vorgelegt: 1. Errichtung eines neuen, auf irgend einem Platze freistehenden Bärenzwingers, 2. Teilung des jetzigen Zwingers am Schlosseingang durch eine Eisenwand und Herstellung einer zweiten Höhle, 3. Herstellung eines 3x3 Meter großen Zwingers neben dem jetzigen nebst einer zweiten Höhle.

Die Vorlage wurde der Bau-Deputation zur Beratung übergeben und diese befürwortete das Projekt Unterbringung zweier Bären und deren Jungen als Erweiterung bzw. Ergänzung des jetzigen Bärenzwingers.

Gespräch auf Symbol der Stadt gelenkt

Während der Audienz einer Bernburger Deputation bei den erbprinzlichen Herrschaften am 29. November 1889 in Dessau lenkte Ihre Großherzogliche Hoheit, die Frau Erbprinzessin, das Gespräch auch auf das Symbol der Stadt Bernburg, den Bären.

Sie verkündete, dass sie sich vorgenommen habe, das in Aussicht gestellte Geschenk zu verdoppeln und statt des einen Bären der Stadt Bernburg ein Bären-Paar aus Russland kommen zu lassen.

Die Herzogliche Finanz-Direktion erteilte noch Ende Dezember 1889 die Genehmigung zur Ergänzung des Zwingers.

Höchsten Ortes wurde nun gestattet, dass der hiesigen Stadtgemeinde der fiskalische Bärenzwinger sowie das dazu gehörige landesfiskalische Terrain so lange, als von derselben überhaupt Bären gehalten werden, unter dem Vorbehalte, dass das Eigentum des Fiskus hieran unverändert fortbesteht, unentgeltlich zur Benutzung überlassen wird.

Auch die geplanten Erweiterungsbauten des Zwingers sollten nach dem vorgelegten Plan auf Kosten der Stadt zur Ausführung gebracht werden.

Die Lazis waren wohlbehalten angekommen

Die zwei neuen Lazis, das liebenswürdige Geschenk Ihrer Großherzoglichen Hoheit, der Frau Erbprinzessin Elisabeth Marie, an die Stadt Bernburg,  waren Ende Januar 1891 von Russland her auf der Grenzstation Wirrballen wohlbehalten angelangt.

Ein herzoglicher Förster hatte sich dorthin begeben, um das lebende Doppel-Wahrzeichen der Stadt Bernburg nach hierher zu geleiten.

Am 6. Februar 1891 trafen die langersehnten Bären als Geschenk der Erbprinzessin Elisabeth Marie in Bernburg ein.

Es waren wieder russische Braunbären aus dem Kaukasus, die, nun im Zwinger am Schloss untergebracht, fortan für regelmäßigen Familienzuwachs sorgten, so dass bald der Bau eines zweiten, kleineren Zwingers notwendig wurde.

Christiansbau des Schlosses ist abgebrannt

In der Nacht vom 5. zum 6. Januar 1894, in welcher der Christiansbau des Schlosses einem verheerenden Brande zum Opfer fiel, wurden im Bernburger Zwinger die ersten kleinen Bären geboren.

Unsere jungen beiden Bären wurden im Dezember 1894 an den Inhaber des zoologischen Gartens in Leipzig für den angeblichen Preis von 150 Mark verkauft und wurden nach dort abgesandt.

Da die „Mama“ der braunen Gesellen in Kürze wieder einem freudigen Ereignis entgegensah, so war ja für Ersatz der Scheidenden gesorgt. Auch am 6. Januar 1895, stellte sich Nachwuchs ein.

Bär an den Zoo in Leipzig verkauft

Zum Leidwesen aller Bernburger Kinder wurde der junge Bär am 4. Oktober 1895 fortgeschafft; er war nach Leipzig an den dortigen Zoo verkauft worden.

In der Nacht von Sonntag, den 5. Januar 1896 zu Montag hat das Bärenpaar mit möglichster Pünktlichkeit unsere Stadt mit drei jungen Bären beschenkt.

Diese drei jungen Bären wurden Mitte April von ihrer Mutter getrennt, und gaben ihrem „Bärenschmerz“ einen lebhaften – für die gefühllose Menschheit freilich recht drolligen – Ausdruck. Sie betrugen sich nach der Versicherung des Zeitungs-Berichterstatters wie „ungezogene Rangen“.

Einer der jungen Bären wurde im September 1896 nach Duderstadt verkauft und mittels Eisenbahn dorthin gebracht. Wieder zwei junge Bären erblicken im Januar 1897 in unserem Zwinger das Licht der, für sie freilich etwas engen, Welt.

Bären wurden nachts unfreiwillig eingeschlossen

Im April 1897 fand der Wärter im Bärenzwinger eine zerbrochene Leiter; der wohl beabsichtigte Schurkenstreich hatte zur Folge, dass die Bären des Nachts in die Höhle eingeschlossen wurden.

Man fand auch eine Steinplatte,  auf der einer der erzenen Bären steht, seitlich verschoben, so dass bei der Schwere derselben Mehrere an der Tat beteiligt gewesen sein mussten.

Lazi gab am 5. Januar 1898 bekannt: drei Bärenjungen sind angekommen. Es war bereits ein Herr aus Dessau hier eingetroffen, um in Unterhandlung über den eventuellen Kauf der drei behäbigen Bärenbabys zu treten.

Vater Lazi musste dann auch nach einigen Wochen wohl oder übel drei weniger zählen  wenn er die Häupter seiner Lieben zählte. Aber am 2. Februar 1898 tappten die jungen Bären erst einmal aus ihrer dunklen Unterkunft kommend ins Freie und wälzten sich in drolliger Plumpheit im Zwinger herum.

Neues Domizil in Nordhausen bezogen

Ende September verließen die drei Jungbären unseren Zwinger und bezogen ihr neues Domizil in Nordhausen, woselbst sie von dem Inhaber des Restaurants „Wilhelmshöhe“ für den Preis von 229 Mark käuflich erworben worden sind.

Prompt und gewissenhaft die Leistungsfrist innehaltend, pflegte Vater Lazi alljährlich zu Anfang des Januars unsere Stadt mit Nachwuchs zu erfreuen. Am frühen Morgen des 7. Januar 1899 kam der Bärenstorch und bescherte uns mit einem Zwillingspaar, am Nachmittag folgte der vergessene obligatorische dritte Kleine.

Die drei jungen Bären traten am 2. November 1899 die Reise nach Dirschau  an, wohin sie für 300 Mark verkauft worden waren. Die beiden alten Bären im Schlosszwinger wurden am 18. Oktober 1899 von böswilliger Hand mit roter Farbe bespritzt, wie sie bei den Gitteranlagen am Schlossberge gegenwärtig verwendet wurde.

 Der „Storch“ ist regelmäßig zu Gast

Jungtiere  „durften“  beim „Kornblumentag“- Festumzug am 11. Juni 1911 teilnehmen.

Die 1900 geborenen jungen Bären aus dem Schlosszwinger gingen am 1. Oktober 1900 in den Besitz des Direktors Max Reifahrt vom Zirkus Royal über, der anlässlich des damaligen Schützenfestes bereits mit einem aus dem hiesigen Zwinger stammenden Bären als Kunstreiter auf dem Schützenplatze gastierte. Der Kaufpreis betrug 150 Mark.

Die beiden kleinen Bären wurden am Morgen des 6. Oktober 1900 noch einmal, jeder mit einem Maulkorb versehen und an eine Kette gelegt, durch die Straßen geführt.

Bärin bringt zwei Junge zur Welt

In der Nacht zum 7. Januar 1901 hatte die Bärin zwei Junge geworfen. Am 21. April 1902 wurden die jungen Sprösslinge von der Mama getrennt, die sich nun wieder beim „Herrn Gemahl“ befand.

Die kleinen Lazis wurden bereits in den vergangenen Tagen während ihrer drolligen Kletterspiele auf einer Leiter photographiert und waren nun schon auf Ansichtskarten „verewigt“, die zahlreiche Abnehmer fanden. Diese beiden jungen Bären wurden an den Burgwirt des Felsen Bärenstein bei Königstein in der Sächsischen Schweiz verkauft und traten Ende September 1902 ihre Reise nach ihrem neuen Bestimmungsorte an.

Zwei Jahre später wieder Bärenglück

1903 wieder Bärenglück: Im Bärenzwinger hatte am 7. Januar wieder einmal der Storch Einkehr gehalten und die Insassen mit zwei drallen Sprösslingen beschenkt. Leider dauerte die Elternfreude der hiesigen Familie Petz nur kurze Zeit, und was den „alten Lazi“ anbetraf, so verspürte er wohl kaum etwas derartiges, denn – „es greift der Mensch mit rauer Faust – dahin, wo holde Eintracht haust“.

Die Bärin hatte bisher im Ganzen 22 Junge geworfen. In der Nacht zum 4. Januar 1904 kamen in gewohnter Promptheit zwei muntere Bärenbabys zur Welt, die beiden jungen Bären wurden im Juni an den Schützenhauswirt in Burg bei Magdeburg verkauft und wurden am 20. September 1904 von hier abgeholt. Am 5. Januar 1905 kehrte wieder der Storch im Bärenzwinger ein und brachte der Bärenmama drei  junge Bären.

Druckfehler gab es damals schon

Dass es im Jahr 1906 auch schon Druckfehler gab, beweist die Anzeige in der Bernburgischen Zeitung vom 8. Januar 1906, denn die zwei Bärenjungen kamen nicht 1905, sondern am 8. Januar 1906 zur Welt.

Sie wurden der Fürstin von Schwarzburg-Sondershausen von der Stadt zum Geschenk gemacht und verließen am 14. September 1906 den heimischen Wigwam und wurden nach Sondershausen transportiert. Mit prompter Pünktlichkeit kehrte auch im Januar 1907 der Storch im Bärenzwinger ein. Wie bisher alle Jahre, waren zwei junge Bären angekommen.

Mitte April 1907 zeigte sich der jüngste Nachwuchs unserer Bärenfamilie ganz ungeniert in der Öffentlichkeit. Es waren zwei prächtige Bärenkinder, und sie fühlten sich offenbar äußerst wohl.

In ihrem Spiel waren sie unermüdlich und die Frau „Mama“ gab sorgsam Obacht, dass ihren Jüngsten nichts geschehe. Der „Bärenpapa“ hatte nun einige Tage Stubenarrest, weil in seinem Zwinger ein neuer Kletterstamm errichtet wurde. Der alte „Baum“ war abgenutzt und gebrechlich geworden, so dass „Lazi“ das Malheur passieren konnte, mitsamt dem Baum in die Tiefe zu purzeln.

Nachwuchs an Händler in Hannover verkauft

Der drollige Nachwuchs des Bärenpaares von 1907 wurde von der Stadt an einen Händler in Hannover verkauft; am Morgen des 7. Oktober 1907 wurden die beiden Bärenbabys in zwei Käfigen nach dem Bahnhof gebracht.

Der Käufer beabsichtigte, die Tiere nach Amerika zu bringen. In der Nacht vom 9. zum 10. Januar 1908 kamen mit gewohnter Pünktlichkeit zwei junge Bären bei der Bärenfamilie im Zwinger am Schloss an. Die ersten beiden Jungen wurden von der Bärin in der Nacht vom 5. zum 6. Januar 1894 (Schlossbrand) geboren.

An Jungen folgten 1895 einer, 1896 drei, 1897 zwei, 1898 drei, 1899 drei ,1900 zwei, 1901 zwei, 1902 zwei, 1903 zwei, 1904 zwei, 1905 drei, 1906 zwei, 1907 zwei und nun wieder zwei; demnach in 14 Jahren 33 Junge.

Wieder einige freudige Ereignisse

Wieder ein freudiges Ereignis traf bei unserer Bärenfamilie am 8. Januar 1909 ein. In der Nacht hat ein kleiner Bär das Licht der Welt erblickt. Bisher waren es meist 2 oder 3 Junge, mit denen die Bäreneltern beglückt wurden.

Unsere Bärenfamilie schickte im September einen jungen Bären hinaus in die Welt, er kam nach Debschwitz bei Gera in das dortige Gartenlokal „Zoologischer Garten“. Am Sonntag, 9. Januar 1910, bescherten unsere Bären uns mit einem Paar „Sonntagsjunge“, von denen leider das eine tot zur Welt kam.

Der Nachwuchs im Jahr 1911 stellte sich im städtischen Zwinger am 12. Januar kurz nach Mittag ein und bescherte uns wieder zwei junge Bären. Diese zwei drolligen Bärchen durften sogar beim „Kornblumentag“- Festumzug“ am 11. Juni 1911 teilnehmen, auf einem Festwagen war ein Zwinger errichtet worden, indem sie zum größten Gaudium, besonders der Jugend, herumturnten.

Im September 1911 wurden die beiden jungen Bären verkauft, am 2. Oktober frühmorgens eingefangen und in zwei Kistenkäfigen zur Bahn transportiert.

Dem einen Bären schien der Wechsel des Aufenthaltsortes durchaus nicht zu behagen, er wollte nicht in den Käfig und wusste immer wieder in den Zwinger zu entwischen. Mit Stangen und Besen wurde er aber endlich in die Kiste gerieben.

Auch 1912 wurde vom Bärenzwinger das freudiges Ereignis gemeldet: Am 13. Januar ist dort ein Bärenbaby angekommen. Der junge Bär bereitete im Sommer durch seine Kletterkunststücke den Besuchern des Zwingers viel Vergnügen.

Vom Kletterbaum gestürzt

Durch unermüdliche Übung hatte das Tierchen seit einiger Zeit gelernt, den großen Baumstamm bis zur höchsten Spitze zu erklimmen. Anfang August stürzte er jedoch vom Kletterbaum aus voller Höhe herab und verstauchte sich dabei die linke Vorderpfote.

Das Tier erholte sich von seinem Sturze aber schnell wieder, so dass es bereits nach ein paar Tagen seine Kletterkunststückchen wieder aufnahm.

 Abschied vom alten Burschen

Lazi“, der  von einem schweren rheumatischen Leiden geplagt wurde, musste am Morgen des 1. Mai 1912 erschossen werden.

Der alte Lazi, der in letzter Zeit von einem schweren rheumatischen Leiden geplagt wurde, musste am Morgen des 1. Mai 1912 erschossen werden. Dazu wurde von geschätzter Seite folgendes geschrieben:

„Die Beine vermochten seit längerer Zeit den schweren Körper mit dem prächtigen Fell nicht mehr zu tragen. Am Boden liegend, schnappte er gierig nach den ihm von mitleidigen Menschen zugeworfenen Bissen.

Ein Bild geknickter Kraft! Dumpf und feucht war seine Zelle, wo er die langen Jahre seiner Gefangenschaft in gleichem Einerlei dahin gebracht hat, nur wenig sieht die Sonne zu dem brauen Gesellen hinein, wenn sie ihren höchsten Stand erreicht.

Wahrlich ein arger Kerker für solchen Repräsentanten der Stärke, den unsere Altvordern (Ahnen) würdig hielten, als Schildhalter für ihr Wappen zu gelten und den, gekrönt und ungekrönt, bald mit goldenem, bald mit silbernem Halsband, immer aufwärts steigend in silbernem Felde das alte Fürstengeschlecht der Behringer und die Fürsten von Bernburg in ihre Wappen aufnahmen!

Es ist gewiss ein schönes Zeichen, dass dieser Bewohner unserer deutschen Wälder, dieser kräftige Geselle, bei uns lebend gehalten wird, aber ein besseres Unterkommen soll man den Tieren, deren Namen dem des größten Askanier als Zeichen seines tatkräftigen Handelns die Mitwelt zusetzte, bei uns gewähren.

Besserer Zugang für das Publikum

Man sollte für das Publikum einen Zugang schaffen,  dass man die Tiere nicht nur von oben betrachten kann. Eine Treppe sollte hinunterführen nach dem Garten, wo jetzt, es sei geklagt, ein Schweine- und Hühnerstall sich befinden.

Dort sollte man den Zwinger durch einen offenen Käfig erweitern, die Umgebung  durch Anpflanzen von Tannen  verschönern und einen Platz herstellen, der Bernburgs würdig ist, eine Sehenswürdigkeit für die Tausenden von Fremden, die unsere Stadt besuchen.“

Tier wird ausgestopft

Der Bär wurde nun vom Bärenpräparator Brandt in ganz hervorragender Weise ausgestopft und Anfang September 1912 dem Museum für Natur- und Heimatkunde übergeben. An dem Sockel wurde ein kleines Kupferschild angebracht, das folgende Inschrift trägt:  „Lazi. Vom 7. Februar 1891 bis 1. Mai 1912 im hiesigen Zwinger“.

Bereits am 8. September 1912 besuchten zahlreiche Personen das Museum, um sich den alten Burschen anzusehen. Mehr als zwei Jahrzehnte, seit 6. Februar 1891, hat Bernburgs erstes Bärenpaar die Besucher erfreut und insgesamt 38 Nachkommen gezeugt, ehe es von einem neuen Paar abgelöst wurde, das zwar 13 Jahre lebte aber kinderlos blieb.

Reinrassiger sibirischer Bär war Wunsch

Wegen Beschaffung eines neuen männlichen Bären hatte die Stadtverwaltung entsprechende Schritte eingeleitet. Infrage kam nur, um Inzucht zu vermeiden, ein reinrassiger, sibirischer Bär, der nachweislich in der Wildnis geworfen wurde. 

Über den Ersatz des erschossenen Bären konnte bis Mitte Juli 1912 noch keine Entscheidung getroffen werden. Es war bis dahin nicht möglich, ein geeignetes Tier zu erhalten.

Vom Hagenbeckschen Tierpark in Stellingen wurde Anfang Juli 1912 ein über zwei Jahre alter Bär angeboten, aber dem fehlten an der rechten Vorderpfote einige Zehen.

Von einer Hamburger Firma wurde der Stadtverwaltung ebenfalls ein männliches Tier offeriert. Bei der Rückfrage stellte sich aber heraus, dass es derselbe fehlerhafte Bär war, nur mit dem Unterschiede, dass der Preis für das Tier bedeutend niedriger war.

Nun wandte sich die Stadtverwaltung wegen Lieferung eines Tieres an den Zoologischen Garten in Köln.

In Wien einen Braunbären bestellt

Ende des Jahres 1912 bestellte die Stadtverwaltung in Wien einen etwa einjährigen männlichen russischen Braunbären, der Anfang des Jahres 1913 eintraf.

Es sollte nun zuerst versucht werden, alle drei Tiere in einem Zwinger unterzubringen. Sollte das alte Tier aber den neuen Gefährten nicht annehmen, so sollten die beiden jungen Tiere zusammengebracht werden. Der Preis des Bären betrug 150 Mark.

Der junge männliche Bär traf am Morgen des 10. Januar 1913 von Wien kommend in Bernburg ein. Er wurde zunächst in den großen Zwinger gesetzt, um ihm bessere Gelegenheit zum Laufen zu geben, was durchaus angebracht war, da die Glieder des braunen Gesellen durch die lange Bahnfahrt in dem engen Verschlag -  er wurde am 8. Januar abgeschickt – doch etwas mitgenommen waren.

Das Tier, das etwas dunkler gefärbt war als die beiden hiesigen, war gut entwickelt. Am nächsten Tag wurde es in den Tunnelzwinger gesperrt, während man das junge weibliche Tier in dem großen Zwinger unterbrachte.

Zahlreiche Schaulustige kamen zur Ankunft

Bereits am Vormittag des Ankunftstages konnte man schon zahlreiche Schaulustige am Zwinger beobachten, die mit Interesse den neuen Gast in Augenschein nahmen.

Die Versuche, die beiden Bären mit dem neuen Bären zusammenzubringen schlugen allerdings erst einmal fehl. Das junge weibliche Tier hatte vor dem neuen Gefährten eine heillose Angst, und es blieb nichts anderes übrig, als die beiden einheimischen Tiere wieder im kleinen Zwinger zusammenzubringen, während man dem „Importierten“ den großen Zwinger nebst Höhle überließ.

Am 21. Januar wurden die beiden hiesigen Bären versuchsweise in den großen Zwinger gelassen, während das männliche Tier in der Höhle untergebracht worden war.

Mit wildem Gebrumm stürzte sich aber die „Alte“ auf die Gittertür und versuchte mit ihren Pranken die Stäbe abzureißen, während der junge Bär wieder auf den Baum flüchtete, um in luftiger Höhe den Vorgang zu beobachten.

Gewöhnungsphase schlug fehl

Leider schlug der Versuch, die Tiere aneinander zu gewöhnen, wieder fehl und großes Mitleid erregte der neue Bär mit seiner entsetzlichen Wunde, die ihm unsere wütende alte Bärin an der Tatze beigebracht hatte.

Unser neuer brauner Stadtbewohner hatte in der Tat ein recht hartes Schicksal. Er musste erst in einer engen Kiste die lange Fahrt von Wien hierher unternehmen und nun hatte er eine tiefe Wunde erhalten, die bei jedem Menschen tiefes Mitleid erregen musste.

Konnte man dem armen Kerl wirklich helfen? Konnte man seine schwere Wunde, die bis auf den Knochen ging, nicht verbinden und ihm so Linderung seiner Schmerzen verschaffen?

Stattdessen leckte er immerfort an seiner zerbissenen, kranken Pfote, die ganz entstellt war. So ohne Weiteres ging das Verbinden natürlich nicht. Jedoch in den Zoologischen Gärten fesselte man die wildesten Tiere wie Tiger und Löwen und nahm an ihnen größere Operationen vor.

Konnte man nicht bei einem Zoologischen Garten anfragen und den Rat eines erprobten Zoologen einholen?,  so fragten viele Besucher des Zwingers. Man sollte doch das Allermöglichste tun, zumal der neue Bär ein so liebes, sympathisches Gesicht hatte, er blickte so gutmütig bescheiden drein und schaute seine arme Pfote wehmütig an.

Warten, wie die Wunde verheilt

Die Wunde des jungen Bären wurde schließlich am 27./28. Januar 1913 von Sachverständigen einer näheren Untersuchung unterzogen. Das Gutachten ging dahin, das ein operativer Eingriff sich nicht empfahl, da durch eine solche Maßnahme einer Verkrüppelung der Pfote nicht vorgebeugt werden konnte. Da das Tier keine erheblichen Schmerzen hatte, sollte zunächst abgewartet werden, wie die Wunde verheilt.

Jungtiere bleiben zusammen

Übrigens hatte sich schon ein hiesiger Einwohner gefunden, der für das Pfund Bärenfleisch 35 Mark zahlen wollte. Auch der Pelz wurde schon reflektiert.

Die beiden jungen Bären wurden am Morgen des 5. April 1913 im großen Zwinger zusammengesperrt. Während das weibliche Tier große Angst zeigte und durch Erklettern des Baumes sich in Sicherheit zu bringen suchte – was aber durch die angebrachte Brettervorrichtung verhindert wurde - war der männliche Bär weniger furchtsam.

Es sollte wohl noch eine geraume Zeit vergehen, bis sich die Tiere aneinander gewöhnten. Denn auch nach fast drei Wochen hatten sie immer noch keine Freundschaft geschlossen.

Unversöhnlich schauten sie sich aus der Ferne an, und waren sie versehentlich einmal nahe aneinander geraten, so zeigten sie durch Zähnefletschen und grimmiges Knurren an, dass an einen baldigen „Friedensschluss“ noch lange nicht zu denken war.

Beide Bären hatten sich dann ausgesöhnt

Anfang Mai hatten sich beide Bären nun endlich ausgesöhnt. Das liebliche Tier-Idyll bereitete zahlreichen Besuchern des Zwingers viel Vergnügen. Das alte weibliche Tier sollte nun im Herbst erschossen werden und neben dem männlichen Bären im naturkundlichen Museum Aufstellung finden.

 Die Leipziger kommen

Nach einem Spendenmarathon konnten am 17. Dezember 1925  zwei Jungtiere in die Obhut der Stadt gegeben werden.

Man machte sich Gedanken über unseren Zwinger: Der neben dem Zwinger liegende kleine Garten, der doch wenig oder fast gar nichts einbrachte, war dazu sehr geeignet. Von der Natur schon dazu geschaffen, sollte es mit wenigen Mitteln möglich sein, Felsen und Felsengrüfte à la Hagenbeck in Hamburg anzubauen.

Dieser stellte die so sehr bewunderten Felsengruppen durch Holzbalken und Holzabfälle her, die mit Drahtgage und Zement überzogen wurden. Einige Wasserbassins würden das Ganze vervollständigen.

Wenn man dann zwei bis drei weibliche und einen männlichen Bären hineinsetzte, dann würde dieser Platz eine neue Anziehungskraft erhalten, die nicht allein unserem Solbade, sondern auch der Geschäftswelt Nutzen brachte und der Allgemeinheit diente.

Alter Bärin längere Lebenzeit geben

Auch der alten Bärin könnte so das Leben noch für längere Zeit geschenkt werden; sie würde sich auf ihre alten Tage nochmals des Lebens erfreuen und froh sein, endlich aus dem nassen Rheumatismus bringenden Zwinger, in dem nicht einmal einige Sonnenstrahlen hinabschienen, entlassen zu sein.

Durch die Nachzucht würde die Felsengruppe mit Bären etwas mehr bevölkert.

Bärenmutter stirbt

Erst Anfang Januar 1919 wurde bekannt, dass Ende Dezember 1918 im Alter von 29 Jahren die alte Bärenmutter gestorben war, die aus dem Kaukasus stammte und vor 28 Jahren als Geschenk in unseren Zwinger wanderte. Sie hatte 30 Junge zur Welt gebracht. 

Da sich also die unfreundlichen alten Zwinger als recht ungesund erwiesen hatten, entschloss man sich 1925 zum Bau eines weiteren, sonnigen Auslaufes, der als vorbildlich galt.  Erste Kosten beliefen sich auf etwa 14.000 Mark, von denen die Regierung „ausnahmsweise“ die Hälfte übernahm. Die anderen 7.000 Mark bewilligte der Gemeinderat am 24. März 1925 einstimmig. Leider fehlten der neuen Anlage zunächst die richtigen Bewohner.

Die am 22. Januar 1925 erschossenen alten Tiere waren nicht fortpflanzungsfähig.

Bernburgs Wahrzeichen war in Gefahr

Nachdem der neue Zwinger unter erheblichen Kosten von Stadt und Staat gemeinsam erbaut war, fehlte für den Ankauf junger Bären die Bewilligung des Stadtparlamentes zur Bereitstellung der notwendigen Mittel. Damit war Bernburgs Wahrzeichen in Gefahr, der neue Zwinger schien leerbleiben zu müssen.

Da rettete das Kreiskulturamt mit seinem „Aufruf zur Lazi-Sammlung“ die Situation. Das Kreiskulturamt hatte selbst einen Betrag von 100 Mark für diesen Zweck gezeichnet. Zeichnungslisten lagen bei der Girokasse der Sparkasse und in der Expedition des Anhalters Kurier aus.

510 Mark aus großer Sammelaktion

Das Ergebnis zeugte von der einsatzbereiten Heimattreue der Bernburger auch in der Notzeit. Ein hiesiger ungenannt bleiben wollender Herr ließ eine Liste herumgehen und sammelte auf diese Weise 264 Mark. Bis Anfang Oktober 1925 kamen rund 510 Mark zusammen, ein recht erfreuliches Ergebnis, das den Kauf eines Leipziger Lazis wohl schon ermöglichte.

Man hoffte noch auf weitere Spenden, damit ganz Bernburg bald sagen konnte: das sind unsere Lazis!

Hagenbeck hilft mit Kaufangebot

Selbst die ab 19. Oktober 1925 für vier Tage in Bernburg gastierende Wilhelm Hagenbecksche Hamburger größter Raubtier-Dressurschau erklärte sich bereit, zwei „Lazis“  zum Einkaufspreis nicht über 1.000 Mark abzutreten. Vielleicht trug dieses Beispiel dazu bei, das Ziel in etwas schnellerem Tempo zu erreichen.

Insgesamt stieg der Spendenbetrag nun auf nahezu 600 Mark und bis Anfang November auf 840 Mark an. Anfang Dezember waren endlich bis auf einige 100 Mark die ersehnten 1.000 Mark zusammengekommen und man konnte am 11. Dezember an den Kauf-Abschluss denken.

Den Rest des Geldes erhoffte man aus dem Verkauf der alten Bären oder auf andere noch zu beschließende Weise aufbringen zu können.

Zwei junge Karpatenbären gekauft

Am 17. Dezember 1925 konnten zwei junge Karpatenbären, ein Pärchen, aus dem Leipziger Zoo in die Obhut der Stadt gegeben werden. Der Leipziger Zoo hatte sie im Babyalter erhalten und dann wie richtige Menschbabys mit Milch aufgezogen, zuerst noch mit der Flasche.

Im Februar 1926 wurden sie ein Jahr alt. Das im Fell heller gefärbte war das männliche. Die Übersiedlung von der Pleiße zur Saale erfolgte am 12. Dezember in einem vom Leipziger Zoo gestellten Käfig auf einem Lastauto.

Tor wurde dann endlich wieder geöffnet

Am Sonntag, den 13. Dezember öffnete sich zum ersten Mal das Tor zum neuen schönen weiten Auslauf. Ihr erstes waren natürlich diverse Orientierungsschnüffeleien, doch benahm man sich wesentlich gesitteter, als die beiden alten Lazis, die seiner Zeit bekanntlich alles aufrissen und mit den Steinen Fangeball spielten.

Keine toten Ratten und Katzen

Wesentlich für die Erhaltung des damaligen Zustandes war es, ob es gelang, die Tiere weiter so zahm zu halten wie bei ihrem Einzug. Bären sind ja hauptsächlich Vegetarier, bekommen sie Fleisch, werden sie wild und sind dann nicht wieder zahm zu bekommen.

Der Zwinger durfte also auf keinen Fall, wie dies bis dahin geschah, als bequeme Abladestelle für tote Ratten oder Katzen, ja sogar für verdorbenes Fleisch benutzt werden!

Mohrrüben, Brot, Kekse, Zucker und Schokolade bekam den Tieren gut und wurde künftig für diejenigen, die solches nicht bei sich hatten, gegen geringes Entgelt vom Wärter bereitgehalten.

Ein Zusammenbringen der alten mit den jungen Bären war natürlich ausgeschlossen, obwohl anscheinend namentlich von dem Bärenweibchen große Sehnsucht bestand.

Eingewöhnungszeit auf der Plattform

Die alten Tiere blieben in ihrem bisherigen Verlies, die Jungen hatten ihr Nachtquartier unter der neu geschaffenen  Plattform, zu der ein Zugang vorläufig noch gesperrt blieb, damit sich die Tiere in Ruhe eingewöhnen konnten.


Nun aber konnte wieder mit größerer Freude als bislang das alte „Lazi hopp!“ ertönen und namentlich unsere Schuljugend rastete und ruhte nicht, bis die ersten noch erfolglosen Versuche am Kletterbaum zu besserem Ergebnis führten.

Über das Schicksal der alten Lazis war vorerst noch nichts Endgültiges beschlossen worden (das Geschwür des einen war bereits ekelerregend anzusehen).

13 Jahre hatten sie vielen Tausenden von Besuchern manche Freude bereitet, aber ihr Andenken blieb dennoch kein allzu gutes, denn das, was vorher prompt immer Anfang Januar eintrat, erfüllten sie nicht ein einziges Mal.

Krankes Tier musste erschossen werden

Kein Wunder allerdings, wenn ein Mann mit Bärenverstand sich in  dieser langen Zeit das Männchen einmal genauer angesehen hätte!

Man erwog, da sie auch durch die Nähe der jungen Bären sehr rabiat geworden waren, sie zu erschießen. Die erfolgte dann auch in aller Stille am 22. Januar 1926.

Am Vormittag in der neunten Stunde wurde das Todesurteil an den beiden Bären vollstreckt. Die Vorbereitungen waren mit aller Heimlichkeit getroffen worden, selbst die Polizei hatte vorher nichts erfahren. Ihre Pelze sind in den Besitz des Kürschnermeisters Zürtz übergegangen, der sie von Herrn Brandt präparieren ließ.

Bärenfleisch wird verkauft

Das Fleisch der Tiere  wurde ab 3. Februar 1926 im Schlachthof verkauft. Der Magistrat entschied sich dazu,  das Fleisch der hiesigen Bürgerschaft zu Gute kommen zu lassen, obwohl gute Angebote auswärtiger Firmen, das Bärenfleisch zu erwerben, vorlagen.

Das Fleisch, das sich in garantiert gutem Zustand befand, wurde untersucht, geprobt und für tauglich befunden. Nach Aussagen Sachverständiger war der Geschmack des Bärenfleisches ein sehr guter und war dem des Wildschweines ähnlich.

Es sei bemerkt, dass die Geschwulst des alten Bären rein äußerlich war und selbstverständlich sorgfältig herausgeschnitten wurde. Viele Jahre hatten beide braunen Gesellen den Bernburgern Freude gemacht. Hohe und höchste Herrschaften hatten vor ihrem Käfig gestanden und ihre drolligen Kunststückchen bewundert.

Die undatierte Aufnahme zeigt den Bärenzwinger am Schloss vor seinem Umbau.

Hennecke

 Kein langes Nachwuchsglück

Frau Lazi geht nach der Geburt im Januar 1928 rabiat mit ihren Jungen um. Spaziergang durch die Stadt entpuppt sich als  Aprilscherz.

Das letzte Wiedersehen mit den Lazis (Name der Bernburger Bären/Anm. d. Red.) konnte Anfang April 1926 im Schaufenster der Firma Zürtz an der Auguststraße gefeiert werden.

Fenster und Innenraum waren originell zwingerartig gestaltet, weit war beider „zierliches“ Gebiss geöffnet, als wollten sie immer noch den oft gespendeten süßen oder trockenen Lohn einheimsen.

Das eine Fell war bereits verkauft worden, das andere war als letztes Andenken an vergangene Lazi-Zeiten noch zu haben.

Anzeige war ein Aprilscherz

Als ein Aprilscherz entpuppte sich eine Anzeige im Anhalter Kurier im April 1926, in der mitgeteilt wurde, dass die Bärenjungen sich einer Schutzimpfung unterziehen müssen. Da diese als sehr kompliziert galt und nicht im Bärenzwinger durchgeführt werden konnte, musste man die Bären zum Schlachthof transportieren.

Da sie jedoch als sehr zahm galten,  sollte der Transport zu Fuß  nachmittags von 15 bis 17 Uhr durch die Stadt erfolgen.

Um jeden Zwischenfall zu vermeiden, mussten jedoch Hunde in der fraglichen Zeit auf den Straßenzügen, die die braunen Gesellen durchwandern, an der Leine gehalten werden. Natürlich fielen viele Bernburger auf diesen Scherz hinein und wollten die Bärenwanderung verfolgen!

Verdorbenes Fleisch hingeworfen

Im Herbst 1926 musste leider festgestellt werden, dass den Lazis oft rohes Fleisch, teilweise sogar verdorbenes, zugeworfen wurde. Die Tiere wurden hierdurch leicht störrisch und blutgierig.

Es bestand die Gefahr, dass sie den Wärter eventuell später angreifen würden. Das Publikum wurde deshalb erneut dringend gebeten, den Tieren weder Fleisch noch Knochen zuzuwerfen. Am besten waren in dieser Jahreszeit Birnen, außerdem kamen Brot und in kleinen Mengen Zucker in Frage.

15 Jahre lang kein Nachwuchs

15 Jahre lang gab es im Bernburger Bärenzwinger keinen Nachwuchs. 13 Jahre lang hatte sich das Bernburg gefallen lassen, dann machte es kurzen Prozess, verhängte über die alten Bären das Todesurteil und sammelte eifrig groschenweise -  bis endlich die Summe groß genug war, um an den Kauf eines neuen Paares denken zu können.

Anfang Dezember 1925 traf das vom Leipziger Zoo erstandene Paar hier ein. Es stammte aus den Karpaten und war noch blind, war also noch keine vier Wochen alt.

Von der Flasche, die die Tiere in der Pleißestadt noch erhalten hatten, wurden die Bärenjungen in Bernburg schnell entwöhnt und fesselten dann bald in dem neuen prächtigen Auslauf ihre zahlreichen großen und kleinen Zuschauer aufs Beste.

Wer hätte ihnen nicht wenigstens alle paar Wochen einen Besuch abgestattet?

Doch auch bei Bären werden aus Kindern Leute. Herr und Frau Lazi wuchsen kräftig heran und berechtigten allmählich zu den Hoffnungen, zu deren Erfüllung man sie erstanden hatte.

Ein Filmdreh in Bernburg

In der Stadt begannen derweil am 2. November 1927 Außenaufnahmen zu dem Film „Die 7 Geheimnisvollen“. Die Darsteller waren ausschließlich Damen und Herren aus Bernburg, in erster Linie Mitglieder des hiesigen Dramatischen Vereins.

Am Bärenzwinger wurden interessante Aufnahmen gedreht, die in den kommenden Tagen auf verschiedenen anderen Straßen und Plätzen fortgesetzt wurden. Am 13. November  entstanden die Innenaufnahmen auf der zu einem Filmatelier umgebauten Bühne des großen Kurhaus-Saales.

Den Abschluss dafür bildete ein großer Filmball und bunter Abend im Kurhaus, zu dem Li Hayda, die beliebte Filmtänzerin, und Carl de Vogt, Hauptdarsteller der Filme „U. 0. Weddigen“ und „Der Fluch der Vererbung“ zu persönlichem Auftritt verpflichtet wurden. Der Sensationsfilm „Die 7 Geheimnisvollen“ war nach der Fertigstellung in den Hofjäger-Kammerlichtspielen zu sehen.

Langes Warten im Januar

Alljährlich erwartete man in den Januarwochen Bärennachwuchs. Der denkwürdige 7./8. Januar 1928 verging allerdings, ohne dass sich bei Familie Lazi etwas regte. Die Fortsetzung dieser Geburten-Tradition wäre ja schließlich auch etwas  zu viel verlangt gewesen.

Als der Wärter, Herr Sack,  den Zwinger aber am Morgen des 22. Januar  gegen 6 Uhr betrat, hörte er ein Quäken, das ihm untrüglich die Wiederkehr eines glücklichen Ereignisses im Bernburger Bärenzwinger anzeigte.

Bei näherem Hinsehen entdeckte er zwei Junge, fürsorglich mit Stroh zugedeckt. Leider erwies sich aber im Laufe des Tages, dass die mütterliche Freude sehr gering gewesen sein musste, denn als der Wärter gegen Mittag auf ständiges Rumoren erneut  nach den Tieren sah,  musste er feststellen,  dass die Jungen von dem Muttertier vollständig mit Stroh und Mist zugeworfen worden waren.

Glücklicherweise gelang es ihm nach 20 Minuten langem Suchen, die Kleinen zu finden - nach vorheriger Entfernung des Muttertiers natürlich - und sie nach Erwärmung hinter dem Kachelofen wieder auf den Damm zu bringen.

Gern nahmen sie dann die Milch, die ihnen aus einer  Puppenmilchflasche angeboten wurde.

Süße Milch für die Kleinen

Kaum 15 Zentimeter lang waren die Tierchen, sahen aus wie eine Ratte, krabbelten wie Affen und quäkten wie Frösche. Vorläufig waren sie noch blind, mit Milch sollten sie aufgezogen werden. Es war aber keine gewöhnliche Milch, sondern ganz besonders süße. Denn nur dadurch würden die kleinen Bären gut gedeihen und  bald aus ihrer kleinen Kiste, in der sie untergebracht waren, herauswachsen.

Das eine Junge war männlich, das andere weiblich. Beide Tiere waren scheckig gefärbt wie ihre Eltern, jedoch umgekehrt -  das männliche dunkel und das weibliche hell.

Nur zwei Tage überlebt

Leider starben die beiden kleinen Lazis schon in der Nacht zum 24. Januar 1928. Die Behandlung durch das Muttertier war doch zu schlecht gewesen, so dass selbst liebevollste Pflege und Sorgfalt durch Menschenhand sie nicht am Leben erhalten konnte.

Wie sich bei der Untersuchung der kleinen Körper herausstellte, muss die Bärin die Jungen mit ihren Tatzen ganz furchtbar bearbeitet und sie an die Wand geworfen haben oder dergleichen. Aus dem Näschen des einen Tieres lief ständig Blut.

Die Gründe für dieses rabenmütterliche Verhalten wurden darin gesucht, dass die Bärin selbst von klein auf mit der Flasche großgezogen worden ist. Eine vollständige Erklärung war dies allerdings nicht, denn man sollte meinen, dass das Tier aus reinem Instinkt wissen müsste, was es zu tun und zu lassen hat.

Frau Lazi hatte sich nun erst einmal durch ihr Verhalten viele Sympathien verscherzt, was ihr egal war. Sie  lief ganz vergnügt im Auslauf herum und spielte mit dem Gemahl. Nun hoffte man, dass Bernburg beim nächsten Nachwuchs nicht wieder Pech hat.

 Lazi-Junior spaziert auf der Mauer

Bei den kletterfreudigen Karpatenbären stellt sich in den Jahren 1929 und 1930 jeweils im Januar doppelter Nachwuchs ein.

Am Morgen des 18. Januar 1929 konnte Lazi-Wärter  Sack feststellen, dass es im Zwinger des Bärenweibchens krabbelte und piepste. Damit war zur Tatsache geworden, was von den Eingeweihten bereits seit mehreren Wochen erwartet wurde: Die Lazis hatten wieder Nachwuchs bekommen. Wie viel, das stand natürlich noch nicht fest, da das Muttertier den Wärter nicht herankommen ließ und ihm sofort die Zähne zeigte.

Es schien also, dass die Bärin diesmal von mütterlicheren Gefühlen beseelt war als im  Jahr zuvor, als es ihre beiden Jungen sehr lieblos behandelte, sie mit den Tatzen ganz furchtbar bearbeitete und sogar an die Wände warf.

Das Weibchen war notwendigerweise seit vier Wochen von dem Männchen getrennt, was ihm aber absolut nicht behagte, so dass es alles, was nicht niet- und nagelfest war, ruinierte. Seit vier Wochen fraß es auch  nicht mehr. Es muss dies aber so sein, wie die Zoodirektion in Leipzig bestätigte. Fürsorglich stellte nun der Wärter am Tag der Geburt eine Schüssel mit warmer Milch hin.

Anfang März waren die kleinen Lazis wohl und munter. Allerdings hatte selbst der Wärter sie bisher noch nicht zu sehen bekommen. Die Mutter erhob sich nur alle acht Tage einmal von ihrem Lager.

Am 15. März  konnte nach genau acht Wochen festgestellt werden, dass mindestens zwei junge Bären vorhanden sind. Das Muttertier hatte sich in einer Ecke aufgesetzt; hierbei konnten deutlich die beiden Jungen beobachtet werden. Es war ein ziemlich helles und ein dunkles Tier.

Das helle war anscheinend von stärkerem Geschlecht, denn es hatte sich wesentlich besser zu nähren vermocht, und verdrängte das andere Tier kräftig von der Quelle des Bärenlebens.
Bezeichnend für den Instinkt der Tiere war, dass die Mutter am Morgen einen hohen Strohwall aufgerichtet hatte, da es offenbar die eingetretene neue Kältewelle herannahen fühlte. B

is auf einige Schlucke Wasser hatte das Weibchen auch jetzt noch nichts zu sich genommen  - ein Wunderbild sparsamer Haushaltsführung. Den vielen Sonntagsspaziergängern blieb trotz schönsten Wetters am 17. März  die Bärin mit ihren Kleinen unsichtbar.

Erst am 17. April konnte der beginnende Frühling am Nachmittag den Lazi-Nachwuchs mit dem Bärenweibchen ins Freie locken, und man konnte sie mehrere Stunden lang gut beobachten. Im Mai machte man den Versuch, das Weibchen mit dem Männchen wieder zusammenzubringen, da „Lotte“ starke Sehnsucht zu zeigen schien und bereits das Mauerwerk, das sie von ihrem „Hans“ trennte, bedenklich abzukratzen begann.

Der Versuch scheiterte jedoch, da angesichts des begehrten Gegenstandes die Liebe schnell erkaltete und „Lotte“ dem „Hans“ statt einem freundlichen Bärenmäulchen mächtig die Zähne zeigte. So entschloss man sich erst einmal, bis auf Weiteres eine zwangsweise Trennung von Tisch und Bett durchzuführen.

400 Mark für zwei Jungbären

Bald jedoch wurde der große Zwinger  für die beiden alten Lazis freigemacht, nachdem sie sich nach den Krawallen im Juli 1929 beruhigt hatten und in dem engen alten Zwinger nicht gerade sonderlich gut aufgehoben waren. Die beiden jungen Bären, nun prächtig herangewachsen, konnten verkauft werden.

Ihr Wert wurde von der bekannten zoologischen Handlung Ruhe in Alfeld an der Leine, wohin die Tiere zunächst am 1. Oktober hinkommen sollten, mit 400 Mark bemessen. Allerdings gestaltete sich der Abtransport schwieriger als gedacht.

Die jungen Tiere ließen sich einfach trotz aller Versuche nicht einfangen, so dass der geplante Abtransport vertagt werden musste. Es gab immer wieder Schwierigkeiten, die Tiere einzufangen. So geschah es auch, dass ein Junges bis auf die Mauer gelangte. Es bedurfte nur eines kleinen Sprunges und der Lazi  hätte bequem auf der Schloßstraße oder auf dem Schlosshof spazieren gehen können. Nur mit Mühe gelang es, das Tier zurückzutreiben und in den alten Käfig zu dirigieren. 

Erst am 18. Oktober  gelang es, die beiden jungen Bären auf Transport zu schicken. Man hatte dazu Herrn Busius von der Ahlfelder Firma  kommen lassen, welcher seit 30 Jahren als Bärenfänger in Russland und anderswo tätig war.

Spezieller Kistenfangapparat

Zum Einfangen und für den Abtransport fertigte man einen komplizierten Kistenfangapparat an und versuchte mehrmals, mit Feuer und Wasser, unter „klugen“ Ratschlägen vieler Schaulustiger, die Bären in diese Kiste zu bekommen.

Erst gegen Mittag gelang es endlich und man konnte den Transport zum Bahnhof bewerkstelligen. Von hier gingen die Geschwister auf Reise nach Ahlfeld, von wo aus sie in die Schweiz und nach Südamerika verschickt wurden.

Übrigens stellte man sich natürlich auch die Frage, warum man gerade diesmal mit den Bären so viel Scherereien hatte, während sich in früheren Jahren die jungen Tiere stets anständig benahmen und sich auch stets ohne besondere Anstrengungen fangen ließen. Es lag an der Rasse der Tiere!

Bei den Eltern handelte es sich bekanntlich nicht um gewöhnliche Braunbären wie in früheren Jahren, sondern um Karpaten-Bären. Diese können, wie Herr Busius aus jahrelanger Erfahrung sagte, klettern wie Affen.

Kein Wunder daher, dass ihnen die hohen Mauern kein Hindernis boten, sondern nur willkommenes Übungswerk waren. Um für künftige Fälle gesichert zu sein, dachte man nun über Maßnahmen zur weiteren Sicherung der Mauern nach.

„Sollte ihnen doch jemand irgendwo begegnen“, meinte Herr Busius humoristisch, „so nehme er einen Reisigbesen, und fahre ihnen damit gehörig in die Schnauze und Nase“, das können sie nämlich für den Tod nicht ausstehen!

Niemand ahnte etwa, dass  das Bärenpaar wiederum traditionsgetreu im Januar 1930 mit jungen Lazis erfreuen würde. Vielmehr rechnete man erst mit Ende April, Anfang Mai. So waren schon alle Vorbereitungen getroffen, um drei neue Gitter anzubringen, die für einen besseren Schutz des Wärters und für eine bessere Trennung der jungen von den alten Tieren unbedingt nötig waren.

Am 25. Januar 1930 war noch ein Beamter des Stadtbauamtes da und hatte entsprechende Zeichnungen mitgebracht. Nun hatten die Tiere den Menschen wiederum ein Schnippchen geschlagen, denn: Herr und Frau Lazi zeigten die Geburt zweier Sprösslinge an. Aber nichts Genaues wusste man.

Es hätte ja sein können, dass das eintägige kurze Liebesspiel im Juni nicht ohne die berühmten Folgen geblieben wäre. Andererseits verlief dies  zu stürmisch-blutig und der männliche Ehepartner musste fortwährend die Flucht ergreifen.

Schwächliche Siebenmonatskinder

So vermutete man, es könnte sich um „Siebenmonatskinder“ handeln. Diese werden naturgemäß sehr schwächlich, denn schon vollausgetragene Bärenkinder sind ziemlich klein, kaum so groß wie eine Ratte, und lassen in nichts ihre spätere Größe und Stärke erraten.

Abends hörte Bärenvater Sack, dem schon aufgefallen war, dass „Lotte“ während des ganzen Tages sich nicht hatte sehen lassen, von der Brücke her beim Füttern deutliches Quieken. Er stellte dann fest, dass zwei junge Bären das Licht dieser Welt erblickt hatten.

Auch am folgenden Sonntag war das Quieken ständig deutlich vernehmbar und man sah den glücklichen Vater „Hans“ in seinem Auslauf einsam auf und ab wandern, von Zeit zu Zeit durch das Fenster in die Wochenstube blicken oder in seiner neu geschaffenen Höhle herumbuddelnd.

Bürgermeister verordnet Milchreis

Beim Osterspaziergang im April konnte man schließlich zum ersten Mal die jungen Bären abends im Freigehege beobachten. Das eine Tier war dunkel, das andere hell, das eine noch etwas scheu, das andere schon mutiger. Mitte Juli 1930 häuften sich kritische Bemerkungen zum Zustand der Lazi-Junioren.

Sie seien mager und dürr und entsprächen in keiner Weise gleichaltrigen Tieren in zoologischen Gärten. Selbst der Oberbürgermeister nahm sich nun der Sache an und traf entsprechende Anordnungen.

Da der Augenschein zu deutlich lehrte, dass die Bären einfach nicht fraßen, sollten sie nun schönen Milchreis mit Zucker bekommen, dazu auch Weißbrot, wie es eben junge Bären, wenn sie gedeihen sollen, in den ersten Lebensmonaten unbedingt brauchen. Die Folgen dieser besseren Fütterung konnte man schon nach kurzer Zeit im Aussehen und in ihrem drolligen Gebaren sehen. So konnten sie am 16. September 1930 auf Reise gehen. Das Einfangen verlief diesmal etwas besser als im Vorjahr, das weibliche Tier ging sofort in die Transportkiste, beim Männchen brauchte man etwas mehr Zeit und Geduld. Die Reise ging diesmal nach Ulm, der erzielte Preis betrug zusammen 350 Mark (voriges Jahr: 400 Mark).

 Ein besonders dicker Kerl

Von den Jungen  des Jahrgangs 1933 blieb nur ein Tier am Leben,  welches sich aber sehr gut entwickelte.

Herr Sack, der verdiente „Bärenvater“, zeigte am 24. Januar 1931 ein glückstrahlendes Gesicht:  Lotte, das „Lazi-Weibchen“, hatte wieder Junge bekommen, und damit wohl ganz Bernburg eine große Freude gemacht. Wie viele es sind, stand noch nicht fest, man konnte wohl wenigstens wieder mit zweien rechnen.

Eigentümlicher Weise war der Tag der Geburt derselbe wie im vorigen Jahr. Das wären nun schon die dritten jungen Tiere, die von diesem Pärchen großgezogen würden. Familie „Lazi“ hatte von den Geburtseinschränkungen in der damaligen Zeit noch nichts gehört. Der Sonnenschein lockte am Nachmittag des 16. April die kleinen „Lazis“ zum ersten Mal nach draußen. Die Tiere waren aber noch sehr scheu.

Jungbär lebte nur zwei Tage

Der Nachwuchs von 1931 wurde dem Leipziger Zoo übergeben. Der 1932er Jungbär, am 23. Januar geboren, lebte nur zwei Tage. Damit war die Freude um den Bärennachwuchs leider wieder vorbei. Man fand den jungen Bär am Nachmittag des 25. Januar tot im Stroh, ein weiteres Tier wurde nicht gefunden.

Auch von den beiden Jungbären des Jahrgangs 1933 blieb nur ein Tier am Leben, das zweite Tier starb Mitte Februar 1933. Dafür war der noch lebende „Jung-Lazi“ ein besonders dicker Kerl, der in der gemeinsamen Pflege seiner liebreichen Eltern sehr gut gedieh. Allerdings zeigte er sich erst Ende April 1933 den Bernburgern. Genau auf denselben Tag wie im Vorjahr tönte am 24. Januar 1934 aus dem „Lazi-Verlies“ das eigentümliche surrende Geräusch, das junge Bären zu machen pflegen.

„Bärenvater“ Sack konnte feststellen, dass der erwartete Nachwuchs pünktlich eingetroffen war. Allerdings hatte sich die Bärin diesmal bis in die hinterste Ecke des großen Gewölbes verkrochen, so dass nicht sofort festgestellt werden konnte, wie viele Junge es waren. Drei Monate musste man warten, auch der echte „Bärenvater“ blieb solange allein. Früher trennte man bekanntlich das Ehepaar, seit 1933 wurde das aber ohne Schaden für die Jungen nicht mehr getan.

Jährlich neue Jungtiere

Von 1933 bis 1937 gab es wieder jährlich zwei Jungtiere - das von 1934 kam nach Goslar, der 1935er (am 22. Januar geboren) wurde an eine Raubtierwanderschau in Wilhelmshaven verkauft. Jahrgang 1936 kam  nach Ulm. Von den drei Tieren des Jahrgangs 1937 gingen zwei nach Weimar und einer nach Dessau. 1938 überraschte  die Familie „Lazi“ mit Vierlingen, von denen drei am Leben blieben und von  denen allerdings 1933 und 1935 je ein Tier bald starb. Der überlebende 1933er landete im Zirkus Krone.

Unerwartete Gäste im Zwinger

Stattete man um den 22. Januar 1937 dem Zwinger einen Besuch ab, so deuteten alle Anzeichen auf Familienzuwachs hin. Zu sehen war naturgemäß noch nichts, jedoch das Piepen verriet, dass wieder einmal drei junge Bären im schönen Bernburg das Licht der Welt erblickten.

Einen ebenso ungewöhnlichen wie überraschenden, wenn auch leider nur sehr vorübergehenden Besuch erhielt der Bärenzwinger am Schloss mit Löwen zur Vierteljahreswende.

Kam doch da am Nachmittag des 31. März ein mit ebenso kostbarer wie gefährlicher Last beladener Tiertransportwagen, der für das Gastspiel eines in einer Stadt der Umgebung gastierenden Zirkusses bestimmt war, auf dem steilen  Kugelweg infolge Achsenbruches in arge Bedrängnis.

Wohin nun schnell mit den unruhig gewordenen Tieren?

Ein Scherz wurde kurzerhand aufgegriffen

Eine Weiterfahrt war vor Behebung des Schadens nicht möglich. Der zunächst als Scherz angesehene Hinweis eines Vorübergehenden, dass ja zur Zeit der Bärenzwinger frei sei, wurde aufgegriffen, und nach kurzer Verhandlung mit der Stadtverwaltung ging in aller Stille die Übersiedlung in das neue Heim vor sich.

Da zu erwarten stand, dass der angeforderte Käfigwagen noch im Laufe des Nachmittags eintrifft, um uns den König der Wüste zu mit seiner Gefährtin zu entführen, war ein rechtzeitiger Besuch des Bärenzwingers in den frühen Nachmittagsstunden ratsam. Viele Besucher erschienen und mussten feststellen, dass der Tag ja der 1. April war! 

Der greise Heerführer, Generalfeldmarschall August von Mackensen, besuchte am 28. Juni 1937 auf dem Rückweg vom Reichskriegertag in Kassel die Stadt Bernburg. „Bärenvater“ Sack zeigte ihm, seiner Gattin und seinem ersten Adjutanten, Oberstleutnant Freiherr von Lützow, die Schönheiten unseres Schlosses, die Ausblicke auf die obere Bergstadt, Talstadt und Saale und vergaß auch unsere Bären nicht.

Diese „drei kleinen Lazis“ waren übrigens im Juli 1937 Hauptdarsteller in einem Film des Bernburgers Dr. med. Tietz (zu dieser Zeit jedoch bereits Arzt in Staßfurt). Der uneigennützig hergestellte Film sollte aufs Beste für Bernburgs Besuch zur Stadtfeier 1938 werben.

Ein nicht alltägliches Spiel

Am Nachmittag des 24. September 1937 hatten viele Bernburger das Glück, ein nicht alltägliches Spiel am Bärenzwinger zu erleben. Man musste nämlich gesehen haben, mit wieviel List und Tücke man bemüht war, zwei der drei kleinen Bären einzufangen.

Viele Lachstürme rief das drollige, überlegene Spiel der kleinen Tollpatsche hervor, die von nun an in einem Lager bei Weimar von einer SS-Verfügungstruppe gepflegt werden sollten. Bernburg machte die beiden Tiere dem SS-Reichsführer Heinrich  Himmler zum Geschenk.

Der Oberbürgermeister der Reichshauptstadt, dem man die Tiere als Jubiläumsgeschenk zum 800-jährigen Jubiläum angeboten hatte, musste  aus Unterbringungsschwierigkeiten ablehnen. Er hatte bereits genügend von den „Wappentieren“ Berlins.

In Berlin wurde am 6. November 1937 im „Schultheiß“ in der Hafenheide der „Bernburger Heimatabend in Berlin“ mit zahlreichen Bernburgern gefeiert. Diese kamen mit Sonderzug dorthin.  Neben der Uraufführung des Kulturfilms „Bernburg, die Stadt an der Saale“ zeigte der dem damaligen Bernburger Ehrenbürger Hermann  Göring gewidmeten Film „Bernburgs junge Bären 1937“ Ausschnitte aus dem munteren Treiben der kleinen „Lazis“ im Zwinger.

Neues Wasserbecken

1938 erfolgten Umbauten im Bärenzwinger. Eine neue Mauer wurde errichtet, neue Wasserbecken eingebaut und ein Zwinger erhielt einen neuen Kletterbaum. Die Malerarbeiten am eisernen Gitter auf der Trennmauer im großen Zwinger waren Ende April beendet und erlaubten es nun, dass dem Auslauf der kleinen Bären nichts mehr im Wege stand.

Am Vorabend der Jubelwoche zum 800-jährigen Stadtjubiläum, am 11. Juni 1938, übertrug der Reichsender Leipzig in der Zeit von 18.20 Uhr bis 18.50 Uhr einen Hörbericht von den Vorbereitungen und Festlichkeiten. Zu diesem Zweck war die Sendeleitung Ende Mai in Bernburg, um sich an Ort und Stelle vom Stand der Festvorbereitung zu überzeugen. Natürlich gehörte auch ein Abstecher zum Schloss dazu.

Übertragungswagen am Bärenzwinger

So kam der Übertragungswagen  zum Bärenzwinger und nahm ein Gespräch mit „Bärenvater“ Sack auf. Schließlich ging es hier sehr lebhaft zu. Die Pelzträger entwickelten sich immer mehr. Interessant war es, ihnen bei ihren neckischen Bärengepflogenheiten zuzuschauen, Klettern war eine besondere Spezialität.

Einer von den Bärendrillingen z. B. hatte es immer darauf abgesehen, die Umzäunung zu bezwingen. Ihm gelang es auch, alle Schwierigkeiten zu überwinden. Munter turnte er auf der Mauer herum und landete im Nebenzwinger. Scheinbar, um seinen Vater einen Besuch abzustatten. Der war nicht allzu sehr erfreut. 

Seine Tatzenhiebe waren bestimmt nicht väterlich, denn nicht umsonst fing der kleine Bär zu wimmern an. Die Bärenmutter machte zwar alle möglichen Lockversuche, um ihr Kind in den richtigen „Stall“ zu bringen,  doch erst eine Nacht später brachte „Bärenvater“ Sack  wieder Ordnung in die Bärenstube. Dem damaligen „Ehrenbürger“ Hermann Göring wollte man zwei Bären für seine Schorfheide überbringen.

Göring lehnte jedoch dieses Geschenk ab.  Oberbürgermeister Eckert brachte die Bären nach Buchenwald und schenkte sie der berüchtigten SS-Bestie Ilse Koch.

 Tragische Zwischenfälle

Immer wieder kommt es zu Unglücken: Am Pfingstfreitag 1959 tötet ein Bär seine Partnerin und  1962 wird ein Wärter angegriffen.

In der Nacht zum 21. Januar 1942 war im Bärenzwinger wieder ein freudiges Ereignis eingetreten, sodass wir in diesem Jahr, nachdem wir 1941 leider darauf verzichten mussten, wieder auf jungen Bärennachwuchs rechnen konnten. Wie viel der kleinen Bären es waren, stand nicht gleich fest, da sich dies bekanntlich immer erst im Laufe der Zeit ermitteln lässt. Die Betreuung der „Lazis“ hatte übrigens nun Waldmeister Schmidt inne.

Die Mutmaßung, dass in diesem Jahr vier junge Bären den „Lazi“-Auslauf bevölkern würden, hatte sich zwar nicht bestätigt, doch waren es immerhin zwei der putzigen Tiere, die Mitte April schon ab und zu ihr Näschen in die Frühlingsluft steckten, treulich behütet von der Mutter.

Nur noch Haut und Knochen

Schon beim Osterspaziergang Anfang April 1942 hatten Besucher des Bärenzwingers bemerkt, dass der schon seit Sommer 1941 kränkelnde „Lazi“ Senior apathisch dalag, kaum noch aus viel mehr als Haut und Knochen bestand und ziemlich röchelte. Am 8. April hatte er sein Bärenleben ausgehaucht, morgens fand man ihn tot im Auslauf.

Dafür, dass er fasst die ganze Zeit in der Gefangenschaft verbrachte, hat er mit 17 Jahren ein immerhin stattliches Alter erreicht. Im Dezember 1925 kam er mit seiner „Lotte“ aus dem Leipziger Zoo nach Bernburg und war damals etwa ein dreiviertel  Jahr alt. Die Tiere waren damals beschafft worden aus einer Sammlung, die durch einen kleinen Teddybären populär gemacht worden war.

Die Zeiten waren damals nicht gerade rosig, und so dauerte es immerhin fast drei Monate, bis die erforderlichen 1.000 Mark annähernd zusammengekommen waren. Dann trafen die Tiere aus Leipzig ein und wurden in dem damals geschaffenen neuen Auslauf ausgesetzt. Sie stammten aus den Karpaten, waren von den Leipzigern im Babyalter erworben und dann wie richtige Menschenbabys mit der Milchflasche großgezogen worden.

Die Vorgänger wurden erschossen

Ihre beiden Vorgänger, die 13 Jahre hindurch keinen Nachwuchs hatte (weil es beides Weibchen gewesen waren), wurden im Januar 1926 erschossen. Rund 30 Bärenjunge hatte „Lazi“-Senior aufwachsen sehen. Man kann wohl sagen, dass er alle Erwartungen erfüllte, die nach dieser Richtung hin in ihn gesetzt wurden.

Viel Spaß bereiteten insbesondere die Vierlinge, die 1940 im Zwinger ihr possierliches Wesen trieben. Die Ursache seines Todes war primär in einer wahrscheinlich tuberkulösen chronischen Lungenentzündung zu suchen. Allerlei Begleiterscheinungen kamen hinzu und verursachten die starke Abmagerung.

Tierärztlicher Kunst gelang es zwar, den einstigen Koloss von Würmern zu befreien, die ihn plagten; mehr war jedoch nicht zu erreichen. Am 8. April erfolgte im Schlachthof eine Sektion zwecks genauerer Feststellungen, das Fell sollte ausgestopft werden, sodass man „Lazi“- Senior im Museum anstatt des vorherigen Bären sehen konnte.

Keine Hoffnung auf Nachwuchs

Im August 1948 kehrte unsere Bärin „Lotte“ von ihrem Ausflug nach Leipzig wieder zurück. Da sie für den ihr dort ausgewählten Ehemann keine Sympathien aufbrachte, ja ihm mit Tatzen und Zähnen bösartig aufspielte, musste die Hoffnung auf Bärennachwuchs im Januar 1949 unerfüllt bleiben.

Aber der Leipziger Zoo hatte sich bereiterklärt, Bernburg im Herbst 1949 zwei Jungbären abzugeben, sodass dann wieder frohes Treiben im Bernburger Bärenzwinger herrschen konnte. Dazu beschloss am 7. Oktober 1948 die Stadtverordneten-Versammlung den Ankauf von zwei Jungbären (3.000  DM je Tier) aus dem Leipziger Zoo. Der Rat der Stadt erklärte sich in seiner Sitzung vom 20. Juli 1951 damit einverstanden, die jungen Bären dem Zirkus „Scholl“ zu geben, um dafür eine Hirschkuh und ein Shetland-Pony sowie ein anderes Pferd zu erhalten. In der Zeitung erschien dazu ein Artikel („Unsere jungen Bären verlassen Bernburg“).

Berufsfeuerwehr wurde alarmiert

Eine Bären-Bluttat spielte sich am Pfingstfreitag 1959 im Bärenzwinger am Schloss ab. Gegen 13 Uhr war der vom letzten Wurf übriggebliebene kleine Bär mit der weißen Halskrause eingefangen worden, um in den Tierpark gebracht zu werden.

Das Muttertier wurde dann von den Wärtern mit dem im Februar erstandenen Bärenmännchen im großen Auslauf zusammengebracht. Kurz darauf stürzte sich das große kräftige Tier auf die Bärin. Beide rissen sich Fellfetzen vom Körper, doch alles Wehren der Bärin war umsonst, nach wenigen Minuten verendete sie unter den Prankenhieben und Bissen des sich in seinem Blutrausch wie rasend gebärenden männlichen Tieres.

Die sofort alarmierte Berufsfeuerwehr konnte nichts mehr ausrichten. In der HO-Gaststätte „Buchenhof“ gab es nun Mitte des Monats Bärenbraten und andere Gerichte vom Bären. Das Bärenfleisch stammte von dieser Bärin.

Gegen 21 Uhr des 4. September 1960 musste die Feuerwehr ausrücken: Ein Mann war in den Bärenzwinger gestürzt. Die drei Bären griffen den Mann sofort an und verletzten ihn so schwer, dass er an den Folgen starb. Bei den Altbären „Lotte“ und „Hans“ erblickte der erste Wurf der 1961 erwarteten Jungbären am 7. Januar das „Licht“ unserer 1000-jährigen Stadt.

Ganz stimmte ja diese Behauptung nicht, denn  die Bärensäuglinge kamen ja bekanntlich als meerschweingroße, blinde Nackedeis zur Welt. Ein Vierteljahr weiter und sie zeigten sich uns und den Kindern zur Freude als ganz spielzeugwaren- und schaufenstergerechte Teddys.
Im Tiergarten brachten am 15. Januar 1961 die beiden aus Dresden stammenden Bärinnen ihre von Lutz gezeugten Jungen zur Welt.

„Schalli“ aus dem Tiergarten blieb dort den ganzen Sommer mit ihrem Wurf zusammen, das heißt über die Zeit  hinaus, zu der man in der Gefangenschaft die Mutter von ihren Jungen zu trennen und mit dem Bärenmann wieder zu  vereinigen pflegte, um bereits im Winter, also alljährlich, neue Nachkommenschaft zu haben.

In der Freiheit ist das nur aller zwei Jahre der Fall. Mitte des Monats März 1961 waren unsere jungen Bären, sieben an der Zahl, nun soweit, dass sie sich mit ihren „Lazi“-Müttern in ihrer „Wohnstube“ herumbalgten. Bei freundlichem Wetter zeigten sie sich den Besuchern.

Ausbruchsversuch  scheitert

Am 3. Dezember 1962 gegen 14 Uhr kam es im Bärenzwinger am Schloss zu einem tragischen Unglücksfall. Weil durch den Bärenwärter die Sicherheitsvorschriften beim Füttern nicht beachtet wurden, griff ihn ein Bär an. Trotz des schnellen Einsatzes der Berufsfeuerwehr konnte der Tierpfleger nur noch tot aus dem Zwinger geborgen werden.

Und wieder kommt es zu einem Feuerwehr-Einsatz am Bärenzwinger: Am 16. April 1963 gegen 19.45 Uhr wurde wieder die Feuerwehr zum Bärenzwinger gerufen:  Ein Bär versuchte durch akrobatische Kletterei sich aus dem Zwinger zu befreien und gelangte dabei bis auf die Gitterstäbe des Zwingers. Nur noch eine leichte Anstrengung und Meister Petz wäre in Freiheit gewesen. Aber ein starker Wasserstrahl durch die Feuerwehr machte dem Ausbruchversuch ein Ende.

Pfingsten 1966 erfolgte im Tiergarten während der Pause einer sehr gelungenen HO-Modenschau die Taufe der kleinen drolligen Bärendrillinge. Pioniere taufen sie mit Selterswasser auf die Namen „Pagy“, „Berni“ und „Burgi“. Die Dessauer „Freiheit“ berichtete am 15. März 1962 von einem Zwischenfall im Tierpark Dessau.

„In den gestrigen Morgenstunden brachen beide Bären aus ihrem Gehege aus. Die alarmierten Kräfte der Volkspolizei, der Feuerwehr und der Transportpolizei sicherten sofort das gesamte Tierparkgelände. Es wurde festgestellt, dass die Bären begannen, die im Freigehege untergebrachten Schafe zu reißen.“ Die aggressiven Bären mussten erschossen werden.

 Ein neuer Zwinger

Anlässlich des 1. Sachsen-Anhalt-Tages am 2. September 1996 wird umgebautes  Gehege  feierlich eingeweiht.

Mitte Januar 1972 erhielt die Bärenfamilie im Tiergarten Zuwachs und  am 8. Januar 1979 wurden die Braunbären Nummer  173 und 174 geboren, wuchsen im Tiergarten auf und wurden dort am 1. Juni getauft.

Am 21. Oktober 1982 siedelten drei Jungbären aus dem Tierpark Ueckermünde in das Bernburger Krumbholz  über. Sie erhielten zunächst die russischen Namen „Mischa“, „Mascha“ und „Dascha“ in Anlehnung an den Bären „Mischa“, der zwei Jahre zuvor das Maskottchen der Olympischen Sommerspiele in Moskau gewesen war.

Diese Namen wurden entsprechend in den Unterlagen des Tiergartens dokumentiert

Das kleinste der drei Bärenjungen musste noch von Zootierpflegerin Anne-Kathrin Köhnke mit der Flasche aufgezogen werden, denn  „Mischa“ wirkte gegenüber seinen Geschwistern so winzig. Daher verpasste man ihm kurzerhand den Namen „Krümel“, und unter diesem Namen ist er dann den Bernburgern drei Jahrzehnte lang bekannt gewesen.

Aus „Mascha“ wurde zunächst „Lotte“, dann „Olga II.“ und  aus „Dascha“ erst „Hans“ und dann „Oskar II“. Die Bezeichnungen „Olga“ und „Oskar“ wurden gewählt, weil einmal zwei Bären im Schlosszwinger so hießen und diese Namen den Besuchern einfach geläufig waren. „Olga“ paarte sich in den folgenden Jahren mehrmals mit ihren Brüdern, was bei vielen Tierarten kein Problem ist.

Aus der Beziehung mit „Oskar“ gehen 1991 unter anderem „Bonny“ und „Benji“ hervor, die als Geschwisterpaar die Touristen im Bärengehege auf dem Schlossberg erfreuten, bis am 22. Februar 2017 „Benji“ verstarb und „Bonnie“ nun allein im Bärengehege am Schloss lebt. Von der Partnerschaft mit „Krümel“ stammen „Olinka“, die mit ihrem Sohn „Scholle“ (2003 geboren) im Tiergarten lebte  und auch „Toni“ und „Aiko“ (geboren 2001).

Letzterer hieß ursprünglich „Eiko“. Diese Namensgebung hatte 2001 Thomas Jahnich vorgeschlagen. Der Jugendliche hatte damals eine Tiergarten-Jury mit diesem Namensvorschlag überzeugt. „Toni“ und „Aiko“ tollten seit ihrem fünften Monat im Schlosspark Droyßig herum. 1993 wurden Bärin „Olga“ und „Bärenvater Krümel“ Eltern von „Troll“.

Mitarbeiter aus dem VEB Sodawerk und dem BMK Chemie führten im April 1983 Bauarbeiten auf dem Gelände des Bärenzwingers durch. Der sollte nach seiner Fertigstellung wieder ein Anziehungspunkt für die Bernburger und ihre Gäste werden.

Der damalige Leiter des Tiergartens, René Koperra, informierte am 25. April 1990 die Bevölkerung darüber, dass der Bärenzwinger aus Sicherheitsgründen vorübergehend ohne Bären bleiben muss. Für eine sichere und artgerechte Tierhaltung waren umfangreiche Erd- und Bauarbeiten erforderlich. Die Neueröffnung des umgebauten Bärenzwingers am Schloss, nun als artgerechtes „Bärengehege“, erfolgte anlässlich des 1. Sachsen-Anhalt-Tages am 2. September 1996 in Anwesenheit von Ministerpräsident Reinhard Höppner.

Bonnie und Benji zogen 1997 ein

Am 22. März 1997 zog schließlich auch das Braunbär-Geschwisterpaar „Bonnie“ und „Benji“ in die „neue“ Stube offiziell  ein. Mit dem neuen Gehege wurde eine artgerechte Variante der Bärenhaltung umgesetzt, bei der im Außenterrain den Wappentieren Bernburgs unter anderem auch die Möglichkeit, im Erdreich zu buddeln, geboten wurde.

Bereits zum achten Mal in Folge übernahm am 11. Mai 2010 das Bernburger Solvay-Werk die Patenschaft über die Bärin „Olinka“. Die Braunbärin „Olga“, die 30 Jahre im Tiergarten verbrachte, musste im Januar 2012 wegen eines bösartigen Tumors eingeschläfert werden. Auch „Krümel“ starb drei Monate später an einer ähnlich schweren Erkrankung. 

Sehr bedauert wurde der plötzliche Tod des Braunbären „Benji“ am 22. Februar 2017, obwohl man ihm noch kurz zuvor kaum seine Altersschwäche ansah. Er hatte stattliche 27 Jahre auf dem Buckel. „Benji“ wurde wie seine Schwester im damals noch Bärenzwinger genannten Zuhause geboren und lebte während der Umbauphase im Tiergarten. Das neue  Bärengehege bezog das Geschwisterpaar nach der Umgestaltung im März 1997.  Ende (mz)