AfD bläst Kandidatenkür ab AfD bläst Kandidatenkür ab: Bernburger Parteimitglieder fühlen sich ausgegrenzt
Bernburg - Die AfD hat es bislang nicht geschafft, Kandidaten für die Stadtratswahl in Bernburg zu nominieren. Offenbar ist der Grund dafür parteiinterner Knatsch im Kreisverband, dessen politische Arbeit sich bislang weitgehend auf den Raum Staßfurt konzentriert - von zwei Bürgerforen im vergangenen Herbst in Bernburg abgesehen. Seit die Landtagsabgeordnete Sarah Sauermann die AfD-Fraktion verließ, ist die Partei auch nicht mehr mit einem Wahlkreisbüro in Bernburg vertreten.
Kandidatennominierung im „Bohemia“ findet nicht statt
Die Mitglieder aus der Kreisstadt um Wortführer Rainer Telle versuchten deshalb, selbst das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen - und luden zu einer Kandidatennominierung am Dienstagabend ins „Bohemia“ ein. Doch daraus wurde nichts. AfD-Kreisvorsitzender Matthias Büttner, der nach eigenen Angaben aus der MZ von der Veranstaltung erfahren hatte, rückte mit Gefolgsleuten aus Staßfurt an und schob dem Ansinnen einen Riegel vor. „Das ist ein Alleingang von Ihnen“, warf er Telle während einer zeitweise sehr emotional geführten Diskussion vor.
Die AfD hat alle Wahlbereiche (WB) für die Kreistagswahl am 26. Mai mit Bewerbern besetzt.
WB 1 (Aschersleben): Daniel Rausch, Michael Krebs.
WB 2 (Staßfurt): Matthias Büttner, Gerhard Witte, Hans Günter Pilz.
WB 3 (Seeland, Hecklingen, Egelner Mulde): Tobias Rausch.
WB 4 (Schönebeck): Dieter Pietschker, Michael Kuthe, Nils Reichenbach.
WB 5 (Calbe, Barby, Bördeland): Michael Beckmann.
WB 6 (Bernburg): Marie Christin Rausch, Jens Funk.
WB 7 (Könnern, Nienburg, Saale-Wipper): Thomas Kloppe.
Der 75-jährige Bernburger seinerseits, der für die Unabhängige Wählervereinigung von 2004 bis 2009 schon mal in Kreistag und Stadtrat saß, fühlt sich und seine Mitstreiter durch den AfD-Kreisverbandschef ausgebremst. In einem Brief an den Landesvorsitzenden Martin Reichardt beklagte er bereits im September vergangenen Jahres mangelnde Unterstützung durch die Partei und fühlt sich im Zwist zwischen Kreisverband Salzland und der lange vom Kreisverband Anhalt-Bitterfeld unterstützten Direktkandidatin Sauermann zerrieben. Eine Antwort auf sein Schreiben hat Telle nach eigenen Angaben bis heute nicht erhalten.
Rainer Telle spricht von einer gezielten Abwahlaktion
Stattdessen nominierte der AfD-Kreisverband am Vormittag des 3. Februar seine Kandidaten für den Kreistag. Als einziger Bewerber für den Bernburger Stadtrat trat Rainer Telle an - und fiel durch. Er sagt, dass die Bernburger AfD-Mitglieder im Vorfeld gar nicht über diese Wahlveranstaltung informiert wurden. Auch eine Mitteilung an die Medien hatte es nicht gegeben. Der Bernburger spricht von einer gezielten Abwahlaktion seiner Person durch „organisierte Neinstimmen“ und sieht als Ursache einen Konflikt zwischen ihm und Büttner, der ein Jahr zurückliegt. Damals, im Februar 2018, hatte Telle den AfD-Kreischef bei einer Parteiveranstaltung kritisiert, weil dieser eine strafbewehrte Unterlassungsklage gegen ein 17-jähriges künftiges Parteimitglied angestrengt habe. Der junge Mann hatte zuvor die Gründung einer Bernburger AfD-Ortsgruppe im Internet publiziert. Die am Amtsgericht verhandelte Klage wurde laut Telle abgewiesen.
Telle und Büttner sind um einen Konsens bemüht
Ob das zwischen ihm und Büttner zerschnittene Tischtuch wieder genäht werden kann, ist offen. Beide waren am Dienstagabend sichtlich um einen Konsens bemüht und einigten sich darauf, dass geprüft wird, inwieweit eine von der AfD legitimierte Stadtratskandidatenwahl noch unter Einhaltung der Ladefristen möglich ist. Die Zeit drängt. Bis 18. März müssen die Unterlagen beim Stadtwahlleiter vorliegen. Zwei weitere Männer haben neben Telle ihre Bereitschaft zu einer Kandidatur erklärt. Für ihn wäre eine Stadtratswahl ohne AfD-Bewerber undenkbar: „Wir können unsere Wähler nicht derart enttäuschen.“ (mz)