Protest gegen Corona-Maßnahmen Autokorso gegen Corona-Maßnahmen in Bernburg: Route führte vom Gewerbegebiet Süd über die Talstadt bis zum Karlsplatz
Bernburg - Während auf der Intensivstation des Ameos-Klinikums Bernburg drei Covid-19-Patienten versorgt werden, rollen draußen laut hupend mehr als 60 Autos auf der Kustrenaer Straße vorbei. An einem der Steuer sitzt Halles bekanntester Rechtsextremist Sven Liebich, seit Jahren unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
Ob die anderen Autofahrer mit Kennzeichen aus Bernburg und benachbarten Landkreisen wissen, wem sie da am Freitagabend folgen, ist unklar. Deutlich ist indes, welche Botschaft Liebich mit nach Bernburg gebracht hat.
Er leugnet die Existenz der Corona-Pandemie, wie immer wieder unmissverständlich aus den Lautsprechern seines Wagens schallt. Den infizierten Menschen, die an diesem Abend im Krankenhaus behandelt werden, muss das wie Hohn in ihren Ohren klingen, sofern sie davon angesichts ihres kritischen Gesundheitszustandes überhaupt etwas mitbekommen.
Der von einem Bernburger Liebich-Sympathisanten angemeldete Autokorso war im Gewerbegebiet Süd gestartet und führte bis in die Talstadt, ehe er bei einer Kundgebung auf dem Karlsplatz endete.
Unterwegs wäre es fast zu einem Verkehrsunfall gekommen, als einer der Teilnehmer mit seinem Auto vor der roten Ampel am Clara-Zetkin-Platz stoppte. Liebich, direkt hinter ihm, forderte ihn trotz laufenden Querverkehrs auf der nicht abgesperrten Kreuzung mehrfach vehement auf, einfach weiterzufahren - was dieser schließlich auch tat.
Später zog der im Vorjahr zu einer noch nicht rechtskräftigen Bewährungshaftstrafe verurteilte Hallenser bei der Kundgebung unter anderem krude Vergleiche zwischen den Corona-Impfstoffen und Contergan-Tabletten, zwischen Mitteldeutscher Zeitung und SED-Bezirkszeitung „Freiheit“, zwischen der friedlichen Wende 1989 und seinem eigenen Protest, wie auf einem Video zu sehen ist.
Liebich verglich Deutschland mit einer Diktatur - eine „Diktatur“, die ihn ungehindert am Mikrofon gewähren ließ. Polizeibeamte musste einen Teil der bis zu 120 Zuhörer indes mehrfach auffordern, Masken zu tragen und Mindestabstände einzuhalten. Ansonsten verlief die mit einem großen Aufgebot an Einsatzkräften begleitete Veranstaltung laut Polizei ohne weitere Vorkommnisse.
Die Reaktionen in sozialen Netzwerken auf die Aktion fielen unterschiedlich aus. Während einige sie als erfolgreichen Protest gegen die Lockdown-Beschränkungen feierten, bezeichneten andere die Teilnehmer als „hirnlos“. „Zum Fremdschämen“, kommentierte eine Facebook-Nutzerin. (mz/tad)