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Zum Jubiläum eine unerlaubte Demo

Von Jochen Miche 03.07.2006, 20:01

Aschersleben/MZ. - Ein wunderbarer Liedermacher, Frank Viehweg aus Berlin, vermochte zu begeistern und trotz geradezu stickig-heißer Luft im ungelüfteten Raum des Bestehornhauses Konzertatmosphäre herzustellen, doch auch sein Beitrag sättigte allenfalls jene Grundstimmung, der sich die meisten der Demonstranten kaum noch zu entziehen vermögen: einer Ohnmacht gegenüber der "großen Politik".

Jörg Lauenroth-Mago von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (verdi) brachte anhand seiner eigenen Person auf den Punkt, was den Durchschnittsbürger hierzulande aus seiner Sicht erwartet, der, wie er, alter als 50 ist: "Damit habe ich die Schwelle überschritten, wo Frau und Mann sich nicht mehr auf einen Arbeitsplatz bewerben brauchen. ... Wenn man seit Jahren arbeitslos ist, auf hunderte Bewerbungen immer und immer wieder Ablehnungen als Antwort bekommt oder sie erst gar nicht beantwortet werden, wenn euch mit über 50 gesagt wird, ihr wäret nicht mehr leistungsfähig und man könnte euch nicht mehr brauchen, seid ihr froh, am Ende irgendeinen Job zu haben." Doch dann werde "gnadenlos gedroht und mit der Angst um den Arbeitsplatz gespielt", so der verdi-Mann.

In dieselbe Kerbe schlugen die DGB-Regionalvorsitzende, Dr. Elisabeth Martin, und der Koordinator der bundesweiten Sozialbewegungen, Reiner Wahls, die unter anderem kritisierten, dass die Bundesregierung unter Ausnutzung der gegenwärtigen Fußballhysterie in Deutschland mit enormem Tempo Gesetze durchboxten, die durchaus der Diskussion und Verbesserung bedurft hätten.

Montagsdemo-Organisator Tommi Sander erhielt für seine Ausdauer Blumen und Dank, Dieter Weider, der mit einer Delegation Magdeburger Montagsdemonstranten gekommen war, forderte, der "Regierung die rote Karte zu zeigen", während die Rentnerin Margot Klauditz angesichts sozialer Einschränkungen im Osten fragte: "Sind wir Ostdeutsche so wenig wert oder ist es eine Bestrafung für's Hierbleiben?" Hannes Scholz vom Verein "solid" stellte neben anderem die Privatisierungen von Kindergärten in Frage und Marlies Jehrke vom Halberstädter Arbeitskreis gegen Sozialabbau überraschte mit einem Geschenk: "100 arme Würstchen aus Halberstadt als Gruß zur 100. Montagsdemo".