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Von Winningen auf Domburg Von Winningen auf Domburg: Egbert Lammert putzt schon seine Ritterrüstung

Von Marion Lange 22.04.2017, 12:45
Egbert Lammert poliert seinen Helm für den nächsten Auftritt.
Egbert Lammert poliert seinen Helm für den nächsten Auftritt. Frank Gehrmann

Winningen - Egbert Lammert hat den Helm gewienert, das Kostüm probiert und Schwert und Schild parat gelegt. Einmal im Jahr schlüpft er in die Rolle eines Raubritters und verkündet die scheußlichen Taten des Ritters Knesebeck und seiner Nachfahren. Diese trieben einst ihr Unwesen auf der Domburg im Hakel, die zwischen Friedrichsaue und Hausneindorf liegt.

Zu Himmelfahrt wird Egbert Lammert mit seinen Freunden dort in selbst gedichteten Strophen über die wilde Raubrittermeute der übelsten Sorte berichten. Das, was wie ein Laienspiel aussieht, ist über Jahre geprobt und war eigentlich nur zur eigenen Belustigung am „Herrentag“ gedacht.

Mittlerweile hat dieser Spaß viele Fans gefunden. „Im vergangenen Jahr hatten wir fast 200 Zuhörer“, schmunzelt Egbert Lammert und verbirgt den Stolz darauf nicht. Denn jedes Jahr wird mit Liebe an dem Stück gefeilt. Immer wieder würden Strophen „drangehängt oder verbessert“.

Männergruppe fuhr 1979 erstmals zur Domburg

„1979 sind wir in dieser Männerrunde auf unseren Fahrrädern das erste Mal zur Domburg gefahren. Damals allerdings noch zum Waldfrieden, einer Gaststätte im Hakel“, erzählt der Winninger. Diese war für die Gastfreundschaft an Männertagen berühmt. Längst ist sie geschlossen. Nur einmal habe die fünf Mann starke Truppe, die sich übrigens „1. Himmelfahrtskommando Winningen – Uhlenwinkel 1979“ nennt, ihre Himmelfahrtstour ausfallen lassen - in dem Jahr, als der heutige Winninger Bürgermeister Axel Pich am gleichen Tag heiratete.

Erst im Jahr 2 003 wurde die dichterische Phase vorgeführt. „Zuvor gab es in der Zeitung die Geschichte der Domburg zu lesen. Auch von Ritter Knesebeck war die Rede“, erzählt Egbert Lammert. Im Jahr drauf hat er sich dann überlegt, dass es langweilig sei, das Ganze noch einmal vorzutragen. „Deshalb habe ich dann die ersten 15 Strophen gedichtet“, sagt Egbert Lammert. Die ersten Zeilen sind übrigens immer gleich geblieben und mittlerweile Kult. Fans kennen sie schon auswendig: „Aus der Domburg grüßet Euch der Mädchenschreck, der räuberische Ritter Knesebeck!“

Recherchen über Ritter Knesebeck und dessen Nachfahren

Der Winninger ist in seinem Ort als Chronist bekannt und hatte das Jahr genutzt, noch viel mehr über Knesebeck und dessen Nachfahren in Erfahrung zu bringen. Dieser war ein Mädchendieb, weil er eine Jungfrau aus Cochstedt schändete. Dafür wurde er verfolgt und an der Domburg vom Scharfrichter geköpft. „Diese Szene wird nachgespielt. Natürlich fliegt kein Kopf vom Haupt. Dafür ein Fußball in die Menge“, verrät er und weiß, dass die Besucher darauf warten. Ebenso auf die derben Passagen des Gedichtes, das 60 Strophen zählt.

Aus der Geschichte weiß Egbert Lammert, dass mit der Köpfung Knesebecks die Familiengeschichte längst nicht endete. So tauchen im Jahr 1310 Ludorf und Erich Knesebeck auf, die den Handelszug des Bischof überfallen haben. Dieser will natürlich Vergeltung und hat sich geschworen, gegen die Raubritterbande vorzugehen. Die Brüder verschanzen sich in der Domburg und kaufen sich dann frei.

„In die dichterische Phase komme ich im März. Dann werden an den ursprünglichen Strophen nur kleine Änderungen vorgenommen. Und wenn ich ganz viel Lust habe, einige Zeilen dazu gedichtet“, sagt er. Die vielen Strophen kann er nicht auswendig. Deshalb klebt er sie an die Rückseite seines Schildes. „Da kann ich dann abgucken,“ verrät er verschmitzt. Im Gegensatz zu früher, wo sie mit ihren Fahrrädern zur Domburg gelangten, lassen sich die „Schauspieler“ seit einigen Jahren schon von einem bunt geschmückten Traktor abholen und gemütlich zur „freien Bühne“ schaukeln. Währenddessen müsse die Stimme schon geölt werden, damit auch der Gast in der hintersten Reihe die Schandtaten der Knesebecks hören kann.

„Seit 2003 kommen auch zwei Ehepaare aus Schönebeck zur Aufführung. Oft sind sie schon vor uns da“, sagt Egbert Lammert. Mit vielen Menschen werde dann nach dem Spektakel angestoßen und gegessen. Denn natürlich seien auch ein Grill und genügend Steaks für die kleine Männergruppe mit an Bord.

„Einer unserer Truppe muss übrigens auf unsere Utensilien aufpassen. In einem Jahr hat man uns während der Vorstellung den Grill, das Fleisch und das Bier geklaut“, sagt Egbert Lammert. Trotzdem denkt die Gruppe nicht über das Aufhören nach. „Wir haben eine Verpflichtung und ein Versprechen“, erklärt der Winninger und lässt verlauten: „Ich hoffe es bleibt gesund die ganze Schar. Bis dann, auf Wiedersehen im nächsten Jahr!“ (mz)