Tagesgruppe Aschersleben Tagesgruppe Aschersleben: Donnerstag ist Belohnungstag

aschersleben/MZ - Freitags wird gekocht. Heute gibt es Eierkuchen mit Apfelmus. Zwar schmeckt auch das Essen aus der Volksküche, das von Montag bis Donnerstag serviert wird, aber selber kochen ist doch nochmal was anderes. Die Zutaten, die sie dafür brauchen, haben Max und die anderen Kinder aus der Gruppe am Mittwoch selbst eingekauft. Überhaupt scheint alles ziemlich durchgetaktet: Es gibt feste Zeiten zum Spielen, für die Hausaufgaben, für Belohnungen.
Doch ohne einen festen Plan geht nichts in der Tagesgruppe des Internationalen Bundes (IB), in der die Jungen und Mädchen nachmittags von drei Erziehern betreut werden. Denn die Kinder und deren Eltern kämpfen mit unterschiedlichen Problemen - sowohl familiärer Art als auch mit Entwicklungsdefiziten oder Persönlichkeitsstörungen. In die Tagesgruppe kommen sie freiwillig, ihre Eltern haben beim Jugendamt Hilfe zur Erziehung beantragt.
Am Freitag hatten die Erzieher Steffen Kolberg, Gitta Schröder und Hildegard Ballerstedt Ausbildungsklassen des IWK und damit vielleicht künftige Berufskollegen in die Räume im Bonifatiuskirchhof eingeladen, sich über die Arbeit in der Tagesgruppe zu informieren. Die jungen Leute, die im zweiten Lehrjahr in diesem Beruf ausgebildet werden, erhielten einen Einblick in den Tagesablauf der Kinder und konnten sich von der freundlichen Atmosphäre, die hier herrscht, überzeugen. „Für die Kinder ist es wichtig, ihnen Struktur zu geben“, sagt Kolberg. Deshalb gibt es feste Inseln im Tages- und Wochenablauf wie gemeinsame Mahlzeiten, die Gruppenstunde am Montag, in der das Wochenende und das eigene Verhalten reflektiert werden, den „Belohnungstag“ am Donnerstag oder die gemeinschaftliche Koch- und Putzstunde am Freitag. „Oft sind die Kinder traurig oder wütend, wenn sie zu uns kommen“, erklärt Hildegard Ballerstedt.
Um es den Kindern zu erleichtern, über ihre Gefühle zu sprechen, setzen die Pädagogen entsprechende Spielkarten ein, die anzeigen, wie sich die Kinder gerade fühlen. Neben dem Spielen gehören aber auch die Hausaufgaben dazu - inklusive Hilfe der Betreuer, wenn es an irgendeiner Stelle klemmt. Wenn die Kinder um 18 Uhr nach Hause gehen, dann sind in der Regel alle Lernaufgaben erledigt. „Die Kinder haben wirklich Feierabend und können mit einem guten Gewissen ins Bett gehen“, sagt Gitta Schröder. Mit dem Effekt, dass die Zahl der Schulverweigerer in der Gruppe gegen null geht. Die Betreuer achten darauf, dass die Kinder den Spaß am Lernen nicht verlieren und setzen Spiele ein, bei denen die Kinder gar nicht merken, dass sie rechnen, kombinieren oder strategisch denken.
Großen Wert legen die Betreuer darauf, die Eltern einzubeziehen. Deshalb laden sie regelmäßig zu Elternnachmittagen ein, bei denen die Mütter und Väter sich austauschen und selbst die Themen setzen. In der nächsten Woche wird es zum Beispiel um „Sucht und Sehnsucht“ gehen.
Steffen Kolberg weiß, dass der Bedarf an dieser ambulanten Betreuungsform höher ist als die Kapazität. Die Tagesgruppe gibt es seit etwa 20 Jahren, im Durchschnitt bleiben die Kinder drei Jahre. Manch einer kommt auch Jahre später noch zum Guten Tag sagen.

