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Sie schlagen und sie streicheln sie

Von Kerstin Beier 03.04.2005, 18:34

Aschersleben/MZ. - Sie schlugen sie, sie rissen an ihnen, sie streichelten und liebkosten sie. Und entlockten den Saiten ihrer Gitarren damit so Wundersames, dass die Fans der ehemaligen Gruppe "Knopf" in Entzücken gerieten.

Die Sängerin Birgit Schorstein, Michael Berndt und Stephan Kießling (beide an der Gitarre) haben sich mit einem Konzert im kleinen Saal des Bestehornhauses Aschersleben einen lange gehegten Wunsch erfüllt. Genau vor 19 Jahren musste sich die Gruppe in ebendiesem Raum einer Art Prüfung unterziehen: Wer öffentlich auftreten wollte, brauchte eine "Einstufung". Nun, die Sache ist damals gut gegangen, und zwischen 1984 bis kurz nach der Wende sorgte "Knopf" nicht nur in Aschersleben für Furore. Inzwischen mutet es ungewohnt an, die Vollblutmusiker in Konzertatmosphäre und nicht in der Kneipe zu erleben. Doch der Auftritt im Bestehornhaus hatte seinen eigenen Reiz und versetzte die drei in heftigeres Lampenfieber als sonst. Der Geräuschpegel der Kneipen fehlte diesmal - Gelegenheit, ganz tief in die Repertoirekiste zu greifen und so manche schöne alte Ballade hervorzuholen, die in Kneipen einfach nicht gespielt werden kann.

Der Konzerteinladung gefolgt waren alte und immer noch gute Freunde, viel Familie, Bekannte und Sympathisanten. Leute eben, die die frische, unverbrauchte Art der drei Musikanten, die schon lange nichts mehr gemeinsam gemacht haben, lieben und schätzen. Stephan kennen die Fans unter anderem als hervorragenden Begleitmusiker des schottischen Liedermachers Paul Joses, und Michael tourt mit der Autumn Blues Band.

Im ersten Teil, den die beiden Männer noch allein bestritten, liefen die Musiker schon nach kurzer Zeit zur Höchstform auf. Die beiden spielten wie die Teufel, bei "Honeymoon" gab es - wie noch öfter an diesem Abend - "Szenenapplaus". Stücke von Simon & Garfunkel, Cat Stevens, Titel wie "Come on baby, like my fire", hervorragend gespielt und harmonisch im Duett oder einzeln gesungen, begegneten dem Zuhörer wie gute alte Bekannte. Da das Verhältnis von englischsprachigen und deutschen Titeln damals auch von Bands eingehalten werden musste, kamen so schöne Stücke wie "Lieb ein Mädchen" von "Karussell" ebenfalls zu Ehren und Gehör. Eins der Lieder, nämlich der "Brieftaubenblues", stammt übrigens von einem Mann, der damals mit in der "Einstufungskommission" saß: Lutz Bornmann. Im zweiten Teil des Programms setzte Birgit Schorstein mit ihrer warmen, schnörkellosen Stimme noch einen zusätzlichen Akzent. Schöne, schlichte Balladen wie "The Carolina on my mind" oder "The peacefull easy feeling" von den "Eagles" ließen den Abend auch zu einer Verbeugung vor den Großen der neueren Musikgeschichte werden.