1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Museum Aschersleben: Museum Aschersleben: Kurioses "Spielzeug" weist ins 19. Jahrhundert

Museum Aschersleben Museum Aschersleben: Kurioses "Spielzeug" weist ins 19. Jahrhundert

Von Sofie Anton 29.05.2013, 18:14
Die Hand
Die Hand Frank Gehrmann Lizenz

aschersleben/MZ - Leicht schockiert war Museumsleiterin Luisa Töpel schon, als sie zum ersten Mal eine bronzene Hand im Magazin des Aschersleber Museums entdeckte. Doch es handelt sich dabei nicht etwa um ein längst vergessenes Geisterbahnrelikt, sondern um ein Erinnerungsstück einer der ältesten Familien der Stadt. Die lebensgroße Hand trägt die Aufschrift F.C. Drosihn und ist auf das Jahr 1884 datiert.

Das kuriose Stück fand seinen Weg ins Aschersleber Museum auf ebenso sonderbarem Wege. Das Inventarbuch verrät, dass die Hand im Oktober 1960 spielenden Kindern von der Volkspolizei abgenommen wurde. Wie diese Kinder zu ihrem merkwürdigen „Spielzeug“ gelangten, ist bisher leider nicht bekannt. Eine Hand aus Bronze mit so lokal-prominentem Namen?

Die Auflösung kam mit der Recherche im Archiv der Stadt Aschersleben. Auch ein Gespräch des Museumsvereinsmitgliedes Carola Anton mit Gisela Ewe gab Aufschluss. Sie ist eine geborene Drosihn und stolz, Mitglied einer der ältesten Familien Ascherslebens zu sein. „Heute gibt es Familienzweige sogar auf den Philippinen, in Kanada und in Mexiko“, so Frau Ewe.

In der Alten Welt war noch nicht mal die Existenz Amerikas bekannt, da leiteten die Drosihns schon die Geschicke der Stadt. Der Familienstammbaum kann bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden.

Zuerst urkundlich erwähnt wurde Henning Drosihn. Er war seit 1427 Ratsmitglied und ab 1438 fünfmal Bürgermeister.

Der Stifter der Hand - Friedrich Christian Drosihn - wurde am 17. Mai 1820 geboren. Er war Lohgerbermeister, eine alte Tradition in der Familie. Er entwickelte das Lohgerberhandwerk weiter zur Lederfabrik. Bekannt ist er auch durch die Herausgabe seiner Chronik „Aschersleben im 19. Jahrhundert“. Friedrich Christian Drosihn war Stadtverordnetenvorsteher im Stadtparlament und Stadtrat und arbeitete im Kuratorium der Ramdohrschen Stiftung mit. Er war verheiratet und hatte fünf Kinder. Am 26. Juli 1903 starb er mit 83 Jahren.

In der Familienchronik schreibt Hans Joachim Drosihn aus Münster 1991: „Auf dem Schreibtisch meines Großvaters, dem ältesten Sohn von Friedrich Christian D. [Friedrich Albert Drohsin, Anm. d. Red.], sah ich als Kind immer eine bronzene Hand in Originalgröße liegen, auf einer Marmorplatte befestigt. Als ich einmal meinen Großvater fragte, was dieser „Briefbeschwerer“ zu bedeuten habe, erklärte er mir lachend, daß sein Vater seine rechte Hand mehrfach in Bronze habe gießen lassen und seinen Kindern als „Andenken“ verschenkt habe.“

Der hier genannte Friedrich Albert Drosihn ließ von seinem Kopf eine Bronzebüste anfertigen. Sie wurde der St. Stephanigemeinde in Verwahrung gegeben, ging aber 1952 verloren. Es wäre denkbar, dass sich auch die Hand unter den aufzubewahrenden Stücken befand und so über die spielenden Kinder und die Volkspolizei ins Museum kam.

Ihr Verbleib zwischen Familie Drosihn und dem städtischen Museum liegt noch im Dunkeln. Haben Sie vielleicht vor 53 Jahren mit der Hand gespielt? Oder kennen Sie den Polizisten, der das Erinnerungsstück damals abgab?

Melden Sie sich einfach im Museum oder bei der Mitteldeutschen Zeitung. Die Hand befindet sich gewöhnlich hinter den Kulissen des Museums, kann aber nun für kurze Zeit im Museum besichtigt werden.

Die gusseiserne Hand von der anderen Seite betrachtet.
Die gusseiserne Hand von der anderen Seite betrachtet.
Gehrmann Lizenz