Museum Aschersleben Museum Aschersleben: Der restaurierte Elisabeth-Altar birgt viele Geheimnisse

aschersleben/MZ - Man sieht es ihnen nicht an. Doch Petrus und Paulus haben etwas zu verbergen. „Das Besondere an ihnen: Hinter den Figuren steht etwas - hier hat sich der Künstler verewigt“, zeigt Anna-Maria Meussling Fotos zweier Namenszüge, die sie bei der Restaurierung des Flügelaltars aus der Kapelle des ehemaligen Elisabeth-Hospitals entdeckt hatte.
„Bona“ und „benluza“ ist dort recht deutlich zu entziffern. „Das sind alte italienische Namen von einer Familie, die es tatsächlich gegeben hat“, haben die Recherchen der Restauratorin aus Plötzky ergeben. Für die Fachwelt eine Sensation. Doch die engagierte Expertin hatte noch mehr entdeckt: Hinter den Frauenfiguren im Mittelteil des Schreins war eine Jahreszahl aufs Holz gemalt - 1519. „Eine Datierung ist äußerst selten, aber noch nie habe ich einen Namen gefunden, das gibt es nur bei Ihnen“, ist die Fachfrau bei der feierlichen Enthüllung des Altars, der nun nach einjähriger Aufarbeitung im Ascherslebener Museum zu bestaunen ist, ganz begeistert.
Altar war in schlimmen Zustand
Hier hatte er zuvor ein trauriges Dasein im Fundus gefristet, nickt Rüdiger Mierzwa, der Vorsitzende des Museums-Fördervereins, der gemeinsam mit der Sparkassenstiftung die Sanierung des Altars ermöglicht hatte. „Er stand ganz bescheiden in der letzten Ecke und war in einem schlimmen Zustand“, erinnert sich auch Anna-Maria Meussling, die für das Museum bereits den Katharinen-Altar restauriert hatte.
Nun wollte sie auch diesem Schrein neues Leben einhauchen. „Es hat mir große Freude gemacht, daran zu arbeiten“, gibt die Spezialistin zu, die in einem knappen Jahr - genauer gesagt in 122 Arbeitsstunden - das Schränkchen akribisch gesäubert, die Malereien aufwendig retuschiert, Farbschichten, Leinwand und Holz fachmännisch gesichert, fehlende Stellen gekonnt ergänzt hatte. Und Erstaunliches dabei zutage förderte.
"Der absolute Knüller"
„Hier ist die Verkündigung an die Maria zu sehen“, zeigt sie auf die Malerei auf der Außenseite der Flügel. „Da sitzt Maria in einem relativ modernen Zimmer am Pult, das Tischchen mit der Vase - überall Symbole: die Lilie mit den drei Blüten - der göttlichen Zahl für die Vollendung, das Bett im Hintergrund für die Reinheit Marias, der Engel schwebt“, beschreibt sie die Szene, die sie gereinigt und ergänzt hatte, und schwärmt: „Was da alles zum Vorschein kam!“ Eine Taube zum Beispiel, die mit dem Licht ins Zimmer schwebt. „Die hat man vorher überhaupt nicht mehr erkennen können.“ Ganz viel an Untermalung sei herausgekommen. „Das ist ganz selten. Man sieht förmlich, wie der Maler gearbeitet hat.“ Auch der schwebende Engel sei sehr hübsch gemalt. „Das ist schon renaissancehaft, das kann nur nach 1500 entstanden sein.“ Eine Vermutung, die sich recht bald bestätigen sollte. Denn bevor die Restauratorin die Jahreszahl auf dem Holz entdeckte, fand sie auch noch einen vergilbten Zettel mit der Jahreszahl 1517. „Der absolute Knüller“, freut sich Anna-Maria Meussling über die vielen Hinweise auf die Entstehung des Flügelaltars.
Der in Teilen übrigens noch älter sein kann. Denn von einer der hölzernen Heiligenfiguren - zu sehen sind neben Petrus und Paulus auch Anna, die Mutter Marias, mit Maria und Jesus auf dem Arm, Barbara, Katharina, Ursula und Dorothea - hatte die Restauratorin eine Makroaufnahme gemacht. Dabei entdeckte sie unter dem Gold des Kleides ein aufwendiges Brokatmuster. „Das ist ebenfalls etwas sehr Seltenes“, kommt sie auf eine weitere Besonderheit des Altars, der - ebenfalls sehr selten - noch seine originalen Schließen hat, zu sprechen. „Das muss vor 1500 entstanden sein“, glaubt sie und grübelt: „Vielleicht stammen ja einige der Figuren aus zweiter Verwendung.“
Ein weiteres Kleinod für das Museum
Die wurden übrigens auf das Holz genagelt. „Und zwar so doll, dass die Nägel vorn wieder rauskamen“, zeigt sie auf die Büchse voller alter, rostiger Nägel, die ihr Ehemann mühsam aus den Altarfiguren entfernt hatte.
Die könnten, so die Anregung der Restauratorin, doch gemeinsam mit den Fotos von der wieder verdeckten Jahreszahl und den gefundenen Namen neben dem Altar ausgestellt werden. Denn gerade die Geheimnisse würden das Schränkchen ja noch ein Stückchen kostbarer machen.
„Das ist ein gutes Stück Kunst, das die Ausstellung bereichert - ich denke, damit haben wir Gutes getan“, freut sich Helmut Ibsch, Vorstandsmitglied der Sparkassenstiftung, die das Geld für die Restaurierung ohne zu zögern zur Verfügung gestellt hatte. „Ein weiteres Kleinod im Museum“, nickt Rüdiger Mierzwa, der die Zusammenarbeit mit Anna-Maria Meussling schätzt. Doch für sie wird der Ascherslebener Elisabeth-Altar das letzte große Stück Arbeit gewesen sein. „Vielleicht mach ich noch ein paar kleinere Stücke, aber nicht mehr solche riesigen Projekte“, meint die Fachfrau angesichts ihres Alters.

