1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Maschinenbauer in Schieflage: Maschinenbauer in Aschersleben in Schieflage: Schiess beantragt Insolvenz in Eigenverwaltung

Maschinenbauer in Schieflage Maschinenbauer in Aschersleben in Schieflage: Schiess beantragt Insolvenz in Eigenverwaltung

Von Steffen Höhne 25.01.2019, 11:05
Große Maschinen sind die Spezialität von Schiess.
Große Maschinen sind die Spezialität von Schiess. Frank Gehrmann

Aschersleben - Die größten Werkzeugmaschinen der Welt kommen aus Aschersleben: In der Montagehalle des Maschinenbauer Schiess werden beispielsweise Anlagen mit 14 Meter Breite gefertigt. Die Maschinen können  Werkstücke mit einem Gewicht von 400 Tonnen auf zwei hundertstel Millimeter genau bearbeiten. Eine solche Präzision  können nur wenige Unternehmen auf der Welt anbieten.  Genau dieses Know-how ist nun gefährdet.

Amt blockiert Lieferung

Das Unternehmen hat beim Amtsgericht Magdeburg eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Das heißt, die Firma befindet sich in einer Liquiditätskrise, das Management sieht aber die Chance für eine Fortführung. Das Gericht setzte den halleschen Insolvenzverwalter Lucas Flöther als Sachverständigen ein.

Er soll der Schiess-Führung helfen, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Zu den Problemen will sich Flöther auf MZ-Anfrage nicht äußern, er will sich zunächst einen Überblick über die Lage verschaffen.

Die finanzielle Schieflage hat offenbar mehrere Gründe: „Unser Geschäft ist in Turbulenzen, weil wir zwei große Maschinen nicht ausliefern dürfen“, sagte Geschäftsführer Mei Dongyan der MZ. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) blockiere das Geschäft.

Nach MZ-Informationen soll eine der Präzisionsmaschinen für eine chinesische Firma aus der Nuklearbranche sein. „Doch es gibt noch mehr Probleme“, heißt es von einem Mitglied des Betriebsrates. So sei es dem Management nicht gelungen, eine solide Geschäftsbasis aufzubauen.

Schiess von chinesischem Unternehmen übernommen

Schiess wurde 2004 als einer der ersten deutschen Maschinenbauer von einem chinesischen Unternehmen übernommen. Der große Werkzeugmaschinen-Hersteller Shenyang Machine Tool Group (SMTG) kaufte die Firma. Schiess sollte vor allem für den asiatischen Markt arbeiten, die Chinesen waren am Know-how der Ascherslebener interessiert.

Bereits im Jahr 2012 traf die Krise in der Schiffbau- und Windkraftanlagen-Industrie das Unternehmen hart. Damals wurden rund 150 Stellen gestrichen, etwa 220 Mitarbeiter beschäftigt die Firma heute noch. Laut dem zuletzt veröffentlichten Geschäftsbericht lag der Umsatz 2016 bei 54 Millionen Euro und der Gewinn bei 300.000 Euro. Fast die Hälfte des Umsatzes entfiel damals den Angaben zufolge auf den Bau von Prototypen für das Mutter-Unternehmen.  

SMTG investierte in den vergangenen Jahren auch etliche Millionen in die Modernisierung des Standortes. Zuletzt wurden   einige große Maschinen  hergestellt, noch liegen auch einige Aufträge vor. Der Betriebsrat sorgt sich jedoch, was passiert, wenn die abgearbeitet sind.

Was haben Chinesen vor?

Der chinesische Eigner ist offenbar nicht mehr bereit, die Ascherslebener wie bisher finanziell zu stützen.  SMTG könnte die Insolvenz aber möglicherweise nutzen, um den Maschinenbauer in eigener Regie neu zu strukturieren. Mit dem Sachverständigen Flöther hat das Unternehmen nun einen Sanierungsexperten an Bord. Flöther wurde 2017 bundesweit als Insolvenzverwalter der Fluggesellschaft Air Berlin bekannt. In der Vergangenheit hat er aber bereits auch mehrere Maschinen- und Fahrzeugbauer aus der Insolvenz geführt.

Schiess ist in  Aschersleben nicht irgendeine Firma: Die im Jahr 1857 als Maschinenbauanstalt gegründete  Firma erlangte auf der Weltausstellung von 1889 in Paris früh Weltruf mit einer sogenannten Einpilaster-Hobelmaschine. (mz)