Letzter Tante-Emma-Laden schließt
Nachterstedt/MZ. - Die Familientradition reicht bis ins Jahr 1922 zurück. Großmutter Anna Diex und Tochter Elisabeth Probst haben den kleinen Laden einst eröffnet und bis zum Kriegsende 1945 geführt. Hans Diex, Vater von Inge Heß, hat dann den Laden von den Eltern übernommen. Ein Geschäft im heutigen Sinne war das sicher nicht. Es war ein kleiner Wohnladen mit einem einfachen Ladentisch mit Klappe. Mehr nicht. Und sie kann sich noch gut daran erinnern, dass ihr Vater guten Kontakt zu den Russen hatte und von denen eine Baracke - heute der Anbau, wo es Getränke sowie Obst und Gemüse gibt - gekauft hat, um sein Geschäft erweitern zu können. Schließlich musste er sehen, wie er seine Familie in diesen schlechten Zeiten durchbringt. Lebensmittel aller Art, Butter in Blöcken auf Marken, losen Senf und Maggi gab es. Auch Grieß, Mehl und Zucker standen in Säcken im Laden. Später kam noch der Weihnachtsbaumverkauf hinzu, auch Einkellerungskartoffeln gab es.
1960 hat die Familie ihr Geschäft, so wie es heute noch ist, erweitert. Neben den Dingen des täglichen Bedarfs wurden auch Getränke sowie Obst und Gemüse verkauft. Bis Ende der 60er Jahre war der Laden in privater Hand, später dann war Diex HO-Kommissionshändler. Der Standort ihres Geschäfts war ja nicht so günstig, hat sich aber durch das Braunkohlenwerk und das Leichtmetallwerk über die Jahre hinweg doch rentiert, berichtet Inge Heß. Und als Mitte der 70er Jahre im Ort die Kaufhalle eröffnet wurde, bekam dies Familie Diex auch zu spüren.
Ihre Eltern - Vater war 70 und Mutter 60 Jahre alt - setzten sich 1983 zur Ruhe, Tochter Inge übernahm den Laden. Das war fast auf den Tag genau vor 25 Jahren. Als gelernte Verkäuferin wusste sie genau, was da auf sie zu kam. "Bis August 1993 hatte ich im Geschäft noch Verkäuferinnen beschäftigt. Aber die Supermärkte ringsherum schossen wie Pilze aus der Erde und das bekam auch ich zu spüren", erinnert sich die 70-Jährige, die bis heute ihren Tante-Emma-Laden, der viel Charme ausstrahlt, führt. Denn die Ladeneinrichtung stammt noch von anno dunnemals. Doch das ist nun vorbei. Wenn auch ein wenig wehmütig, so denkt Inge Heß doch gern an die Zeit zurück. "Ich hatte Spaß im Umgang mit den Kunden, man kannte sich, traf sich hier, um den neuesten Tratsch und Klatsch auszutauschen und deshalb möchte ich mich bei all meinen Kunden für die langjährige Treue bedanken. Und ganz besonders bei Elfriede Brückner und Margit Metze, die als Kinder schon bei meinen Großeltern hier eingekauft haben", erzählt Inge Heß, die den Ruhestand jetzt mit ihrer 86-jährigen Mutter Anna Diex genießen will.