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Jäger Jäger: Christian Bestehorn schießt nicht nur Weihnachtsbraten

Von Uwe Kraus 17.12.2013, 20:55
Jagen ist für Christian Bestehorn Beruf und Hobby gleichermaßen.
Jagen ist für Christian Bestehorn Beruf und Hobby gleichermaßen. Chris Wohlfeld Lizenz

Gatersleben/MZ - Den Wald mochte Christian Bestehorn schon immer. Er erinnert sich noch gut an die Urlaube in Fichtenwalde bei Berlin. Als Tischler hält er rein beruflich eine enge Beziehung zum Holz. „Irgendwann wechselte ich dann vom Angeln zum Jagen“, erinnert er sich. „Erst als Treiber, dann bei der Pflege des jagdlichen Brauchtums, es hat mich nicht mehr losgelassen.“ Seit 2004 übt der 37-Jährige nun die Jagd aus. Er weiß, es ist ein sensibles Thema.

Nicht nur, wenn es ums Schießen geht. Schließlich müssen strengste Hygienevorschriften beachtet werden. Das hört beim Kühlhaus mit drei Räumen und Bodenabfluss nicht auf. „Bei der Jagd entsteht ein kostbares Produkt. Es muss schnell aufgebrochen werden, um die Blätter zu lüften“, erklärt der Waidmann fachmännisch. Er schwärmt vom proteinreichen, guten Fleisch. Weiß aber auch um die Absatzprobleme. Schließlich kostet heimische Qualität etwas mehr als Kühltruhen-Ware aus aller Welt.

"Ein paar Stücke schieß ich schon im Monat"

Christian Bestehorn kennt aber auch die Vorurteile der Gäste, die im Restaurant Wild bestellen. „Wenn ein Keiler in der Rausche oder brunftiger Hirsch verarbeitet wird, verstehe ich, dass da die Zähne gehoben werden. Das schmeckt genauso wenig wie ein trocken gekochtes Reh, auf das kein Speck gelegt wurde.“

Die Vorweihnachtszeit zählt mit ihren Hubertusjagden zur besonders ertragreichen Saison. „Ein paar Stücke schieß ich schon im Monat“, erzählt der Jäger. Räumt aber gleichzeitig mit dem Vorurteil auf, dass nur „der Finger krumm gemacht“ werde. Das Revier muss in Gang gehalten werden. Er ist Jagdaufseher im Revier des Grafen Stolberg zu Wernigerode. Da gehört die Gatterpflege dazu, Lecksteine werden ausgebracht, allein acht Kanzeln hat er in den vergangenen Wochen gebaut. Drückjagdböcke, Kanzeln, Ansitzschirme und Leitern, was er an waidlichen Anlagen baut, muss von der Berufsgenossenschaft abgenommen werden.

„Wer das alles nur wirtschaftlich sieht, hat schon verloren. Es ist eine Aufgabe, ein Hobby, zeitlich recht aufwendig.“ So groß sei da der Unterschied zwischen Jagd und Golf nicht: Hygienegesetz, Waffenbesitzkarte, der Jagdschein und die Pacht. Oft ist Christian Bestehorn im unwegsamen Gelände unterwegs oder beobachtet stundenlang die Bestände. 750 Hektar im Pansfelder Forst, eine Feldjagd bei Radisleben und ein Ostharz-Revier im Selketal, er hat neben seinem „Brotberuf“ gut zu tun. Er geht vorrangig auf Schwarz-, Reh- und Muffelwild.

Eher verhalten reagiert der Jäger auf die Themen Luchs und Wolf. „Man hat den Eindruck, das Muffelwild ist unterdessen als Großkatzen-Futter freigegeben.“ Auch mit den Bauern liegen die Jäger gelegentlich quer. „Tiere artgerecht zu töten, steht ganz oben an. Aber wo gibt es heute noch anständige Bejagungsschneisen, aus denen das Wild raustreten kann. Mal ist der Raps zu hoch, mal der Mais zu dicht, wo soll man da einen sicheren Schuss setzen?“

Die Schwarzwildpopulation steigt sehr zum Schaden der Bauern. Doch pflügen sie selbst immer mehr Wege weg. Es fehlen Rückzugsgebiete fürs Wild. Wo stehen heute noch Brombeer- oder Hagebuttenbüsche? So stehen riesige Sprünge Rehe auf dem Acker.

"Marderhund und Waschbären müssen bejagt werden"

Noch gefährlicher sei die Zunahme an Tieren, die in der Region überhaupt nichts zu suchen haben, aber sich immer stärker ausbreiten und den Fuchs verdrängen. „Marderhund und Waschbären müssen allein schon aus seuchenhygienischen Gründen bejagt werden.“ Nicht zu unterschätzen sei zudem die Gefahr, die von den Wildtieren für die Haustiere und damit auch für den Menschen ausgeht. Bestehorns neunjährige Tochter wünscht sich Pfeil und Bogen, um so in die Jagd hineinzuwachsen. Sie ist unterdessen schon mit dem Vater im Revier und dessen reichlich zehnjährigem Deutschen Drahthaar unterwegs und hat sich eine seiner gesundheitserhaltenden Weisheiten zu eigen gemacht: „Wildfrüchte nur über Kniehöhe pflücken.“

Über Wald, Holz und Jagd redet Christian Bestehorn auch mit anderen Kindern. Bei Führungen durchs Selketal zwischen Schloss Meisdorf und dem Falkenstein, bringt er Ascherslebener Schulklassen die Natur nahe. Schließlich habe der Wald auch Erholungsfunktion. Er hat seine Bank aufgebaut, auf der ausgestopfte Wildtiere stehen. Die Schüler können mal die Schwarte von einem Schwein oder ein paar Hauer in der Hand halten. „Und lernen vielleicht ein Stück Ehrfurcht vor der Umwelt.“ Wer den passionierten Jäger jedoch vor Weihnachten fragt, was zu den Feiertagen auf den Tisch kommt, der wird sich über die Antwort nicht wundern. „Natürlich ein schönes Wildschwein-Filet.“