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Hochwasserschutz in Gatersleben Hochwasserschutz in Gatersleben: Vergammelt und überbaut

Von Regine Lotzmann 15.06.2015, 17:33
Ein anderes geht in Richtung Dorf. Das verzweigte System wurde vom Ortschaftsrat genau unter die Lupe genommen.
Ein anderes geht in Richtung Dorf. Das verzweigte System wurde vom Ortschaftsrat genau unter die Lupe genommen. Marion Pocklitz Lizenz

Gatersleben - Das kleine Sitzungszimmer im Gaterslebener Bürgerhaus war bis auf den letzten Platz gefüllt. Es mussten sogar noch einige Stühle hineingeschafft werden. Denn die Ausführungen von Wulf Stubbe über das Grabensystem von Gatersleben stießen auf großes Interesse.

„Hochwasserschutz ist aktueller denn je, weil wir das grüne Rückhaltebecken in Meisdorf noch nicht haben und Gatersleben weiterhin mit einem Grundwasseranstieg durch das Ansteigen des Wassers im Concordia See rechnen muss“, begründete Stubbe, warum er sich mit Ortsbürgermeister Mario Lange auf den Weg gemacht hatte, um alle - derzeitigen und ehemaligen - Gräben im Ort abzulaufen und zu kartieren. „Der Staffelstab wurde von den Älteren an die Jüngeren übergeben - und auch das Wissen soll mit übergeben werden“, nickte Lange, war Stubbe doch in Gatersleben jahrelang als Gemeinderat tätig.

Grabensystem führte Wasser schnell wieder ab

Warum bei dieser Staffelstab-Übergabe auch die Gräben eine Rolle spielen sollen? „Unsere Vorfahren haben für Gatersleben ein Grabensystem entwickelt, das schon 150 bis 200 Jahre alt ist und schon da war, als der Ascherslebener See trockengelegt wurde“, erklärte Wulf Stubbe und meinte: „Dieses System diente nicht dem Hochwasserschutz, sondern dazu, wenn das Wasser kam, es schnell wieder abzuführen.“

Doch vieles von dem, was einstmals angelegt wurde, sei schon gar nicht mehr vorhanden. „Vergammelt, zugewachsen, überbaut“, fasste Stubbe den derzeitigen Zustand vieler Gräben in drei Worten zusammen und erzählt von den drei wasserführenden Läufen - Selke, Mühlgraben und Hauptseegraben -, die in Gatersleben für die Entwässerung von ganz großer Bedeutung seien.

System soll erhalten bleiben

„Der Hauptseegraben wurde schon mit der Trockenlegung des Ascherslebener Sees durch Friedrich den Großen angelegt, er hat eine wichtige Funktion und entwässert den nordöstlichen Teil von Gatersleben“, erklärte Stubbe. Den höchsten Grundwasserstand in Gatersleben hätten Kapellenteich und Hahn, durch den und über die Teiche im Park ein weiteres Grabensystem führte. „Ich hab es selbst noch erlebt, dass die Gräben im Park voller Wasser waren, mit Fischen drin. Die dienten eindeutig der Entwässerung“, erzählte der Gaterslebener und wusste, dass auch der Mühlgraben in ein weiteres System eingebunden war, das den Mittelteil des Ortes entwässerte. „Ich halte es für ganz wichtig, dass dieses System erhalten bleibt, auch wenn der Seniorenpark da ist. Denn der Heckenteich braucht Frischwasserzufuhr, sonst wird er schnell zu einem stinkenden Gewässer.“

Grabenstücke wurden einfach überbaut

Stubbe beklagte, dass zu DDR-Zeiten, aber auch danach Grabenstücke einfach überbaut wurden. Mit Fußwegen zum Beispiel, wie Am Schwabeplan. Oder das Niveau - wie bei der Quedlinburger Straße - so erhöht wurde, dass dem querenden Graben nun ein Hindernis im Weg steht.

„Unsere Vorfahren sind mit dem alten Grabensystem gut gefahren“, fand Wulf Stubbe aber. Und fand, dass die alten Gräben wieder saniert werden müssten und Eingang in das Gesamtkonzept der Stadt Seeland finden sollten. Die beschäftigt sich derzeit in einer eigenen Arbeitsgruppe nämlich mit genau diesen Problemen rund um Hochwasser und Vernässungen.

Arbeitsgruppe macht Bestandsaufnahme

„Dafür gibt es ja die Arbeitsgruppe“, nickte der Gaterslebener Stadtrat Mathias Arend. „Hier wird alles aufgenommen, dann müssen wir uns hinsetzen und sagen, was zuerst gemacht werden soll“, sprach er von der Erarbeitung einer Prioritätenliste. „Die Arbeitsgruppe ist ein Gremium, das die Vorarbeiten macht, im Stadtrat müssen wir das dann durchsetzen.“

Arend wollte in diesem Zusammenhang auch eine Lanze für den Unterhaltungsverband brechen, der für die Pflege von Gewässern zuständig ist. „Im April wollten sie den Mühlgraben machen, da waren sie genau einen Tag dran. Dann kamen Anrufe von Bürgern mit Drohungen. Sie haben sofort aufgehört, weil sie genug andere Baustellen hätten“, berichtete Arend und zeigte sich über diese Anwohner verärgert: „Der Verband handelt ja nicht gesetzlos, die haben doch ihren Auftrag.“ Hinzu käme, dass die Gräben nur zu bestimmten Zeiten gepflegt werden könnten. „Denn im Herbst laichen die Fische, im Frühjahr die Molche, wann da was gemacht werden darf, geschieht immer in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden.“ (mz)

Entlang der Quedlinburger Straße zieht sich eines der Grabensysteme von Gatersleben. Ein anderes geht in Richtung Dorf. Das verzweigte System wurde vom Ortschaftsrat genau unter die Lupe genommen.
Entlang der Quedlinburger Straße zieht sich eines der Grabensysteme von Gatersleben. Ein anderes geht in Richtung Dorf. Das verzweigte System wurde vom Ortschaftsrat genau unter die Lupe genommen.
Marion Pocklitz Lizenz