Furries in Aschersleben Furries in Aschersleben: Lebendige Kuscheltiere auf Zoobesuch

aschersleben/MZ - Besucher des Aschersleber Zoos trauten am Sonnabend ihren Augen kaum. Die Tiere haben sich an diesem Nachmittag auf wundersame Weise vermehrt. Sie waren außerhalb der Gehege auf zwei Beinen unterwegs und gingen auf Tuchfühlung mit den Gästen. In den Kostümen und hinter den Masken steckten Männer und Frauen, die nicht etwa als Werbebotschafter des Zoos unterwegs waren. Nein, bei den rund 20 Löwen, Bären, Katzen, Füchsen, Hunden und anderen pelzigen Gesellen handelt es sich vielmehr um Furries. Also um Menschen, denen Kuscheltiere zur Leidenschaft geworden sind. Dem Kindesalter längst entwachsen, fühlen sie sich noch immer angezogen von Comic- oder Animationsfiguren und deren vermenschlichtem Wesen.
Schon am Freitag gegen Abend hatte die Gruppe in der Aschersleber Innenstadt für Erstaunen und neugierige Blicke gesorgt. Fragende Gesichter rundum, als lebensgroße Pelztiere am Holzmarktbrunnen plötzlich anfingen zu tanzen und den Passanten freundlich zuwinkten. Ein Flashmob? Ein Filmdreh? Schulterzucken. „Niemand weiß, was das hier ist, aber es ist toll“, sagte eine Frau ganz begeistert.
Der Ausflug der Gruppe nach Aschersleben in die Innenstadt und in den Zoo ist Teil einer Veranstaltung, die die Furries übers Wochenende in die Jugendherberge Meisdorf geführt hat. Die zierliche Franziska Irmer zum Beispiel gehört zum Verein „Sachsen Furs“, die einmal im Jahr ein Wochenende organisiert, an dem sich Furries aus ganz Deutschland und zum Teil aus dem Ausland treffen. Die Teilnehmer organisieren sich über ein Forum im Internet - für Meisdorf hatten sich immerhin 92 Leute angemeldet. Die 25-Jährige ist als Biotechnologie-Doktorandin an der Martin-Luther-Universität normalerweise ein ernsthafter Mensch. Am Wochenende aber schlüpft sie manchmal in ihr Löwen-Kostüm und ist dann Jorinda.
Die Furries nennen die aufwändigen und fantasievollen Kostüme, die nach den Vorstellungen ihrer Träger individuell und oft von Künstlern gefertigt werden, Fursuites. In den Kostümen stecken Leute mit ganz normalen Berufen wie Lokführer oder Polizisten, aber auch viele Studenten und Künstler. Deren Werke sind am Sonnabend in der Jugendherberge versteigert worden, der Erlös soll dem Zoo-Förderverein zugute kommen. Das Wochenende nutzten die Furries, um sich auszutauschen, ein kleines Musikvideo für youtube zu drehen, Spaß zu haben und Neues kennenzulernen. Merten, der Freund von Franziska Irmer, ist kein Furry. Er beschäftigt sich aber mit der Kampfsportart Arnis und hat die Furries an diesem Wochenende eingeladen, das mal auszuprobieren. Bei den meisten hat sich die Begeisterung für die Figuren aus der Kindheit erhalten. Viele der Teilnehmer sind um die 20, aber mit einem 42-jährigen Berliner Eisenbahner, den alle nur „Michi-Bär“ nennen, ist auch älteres Semester vertreten. Er ist mal als Hund, mal als Katze unterwegs - je nach Laune und körperlicher Verfassung. „Denn um einen Fursuit zu tragen, muss man schon fit sein“, sagt er.