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Firmenporträt Firmenporträt: «Goldenes Stadttor» für Videoproduktion aus Allrode

Von Detlef Anders 21.06.2002, 14:55

Allrode/MZ. - Die Allröder Firma sei nur eine "Briefkastenfirma" und säße eigentlich in Hamburg, wetterte damals der Chef des Medienstudios gegenüber der Presse. Herbert Pohl, der Chef der Allröder Firma Vicom TV, hat tatsächlich kein Studio in seinem Haus in der Sellstraße. Auch die großen Fernsehkameras sucht man hier vergeblich. Trotzdem produziert seine Firma seit 1990 und seit 1996 in Allrode jährlich etwa fünf neue Videos für Firmen, Städte und Gemeinden oder Landkreise.

Auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin erhielt Vicom TV im März für das Video "Wernigerode - Die bunte Stadt am Harz" das "Goldene Stadttor" in der Kategorie Region. Marketing- und Wirtschaftsexperten, Journalisten, Filmproduzenten und Reiseverkehrsfachleute waren offensichtlich vom Informationsgehalt, der kreativ-künstlerischen Umsetzung und der emotionalen Wirkung so überzeugt, dass sie den Allrödern unter 44 internationalen Mitbewerbern den ersten Preis verliehen. Für den Regisseur Herbert Pohl und seine Frau Sabine, die als Produktionsleiterin arbeitet, ist dies das Ergebnis langjähriger Berufserfahrung und Ansporn für die weiteren Projekte. Im vergangenen Herbst stellten sie das neue Video für den Landkreis Quedlinburg fertig. Es zeigt in 55 Minuten nahezu alle Sehenswürdigkeiten des Kreisesund verzichtet auf Gaststättenwerbung.

"Ich bemühe mich immer, eine Story zu finden", erklärt der Allröder. Eine Verbindung von Landschaft und Menschen ist ihm wichtig. Von der Gestaltungskonzeption über das Drehbuch, den Drehablauf und die Textgestaltung bis zur Musik- und Sprecherauswahl sowie der Endfertigung übernimmt Herbert Pohl alle Arbeiten selbst. Als Kameraleute verpflichtet er freiberufliche Kameraleute mit einer professionellen Digitalkamera. "Die Endfertigung, der Schnitt und die Tonproduktion erfolgten im Studio Leipzig", schildert er. "Seit 2000 nehmen wir für die Endfertigung zur Sicherung der besten Qualität in Bild und Ton neben allen üblichen Profisystemen auch die Herstellung auf DVD vor."

Herbert Pohl ist in der Branche ein alter Hase. Er war früher Hauptabteilungsleiter bei der Deutschen Werbeagentur Leipzig, einem volkseigenen Betrieb der DDR und für die Messe- und Ausstellungsgestaltung zuständig. Als später die Multivision, eine Kombination von Diatechnik und Filmproduktion, dazukam, war er Chef von 43 Mitarbeitern. "Die ersten schwarz-weiß-Videos wurden damals mit Überwachungskameras aufgenommen", berichtet er schmunzelnd. "Dann wurde mal meine Fachkompetenz in Zweifel gezogen", schildert Pohl. Mit 40 Jahren beschloss er, sich noch einmal auf die Schulbank zu setzen und besuchte an der Filmhochschule Potsdam im Fernstudium die Regieklasse.

Mit einem Film über eine Wernigeröder Firma bewarb er sich schließlich um eine Zulassung als Freiberufler beim Ministerium für Kultur. Pohl bekam die Zulassung und arbeitete bis zur Wende als Leitregisseur und Programmgestalter für Großveranstaltungen, wie beispielsweise 1989 die 1 000-Jahr-Feier von Halberstadt oder Folklorefeste in Wernigerode. Als nach der Wende für solche Großveranstaltungen kein Geld mehr da war, besann er sich auf seine Ausbildung als Filmfachmann. Nach einiger Zeit als Chef eines Hallenser Videostudios ist Pohl nun freischaffender Regisseur. Sabine Pohl, die Diplomwirtschaftlerin ist, übernahm den Papierkrieg, die Auftragsbeschaffung und Produktionsleitung. "Das klappt wunderbar", schätzt ihr Mann ein.

Ein Höhepunkt ihrer Arbeit war bislang der Glockenguss der Domina in Halberstadt. Die aufwändigen Dreharbeiten hatten im Vorfeld des Gusses schon so viel Geld gekostet, dass Pohl aufgeben wollte.

Als der Film über die Vorbereitungen dann vor 11 000 Zuschauern auf einer Videowand während des Gusses gezeigt wurde, und es anschließend neben Beifall sogar Bravo-Rufe gab, waren Herbert und Sabine Pohl einfach stolz auf ihre Arbeit. 3 600 Videos wurden schließlich davon verkauft - ein riesiger Erfolg für die kleine Firma.