Ein Tag beim Zoll Ein Tag beim Zoll in Aschersleben: Pythonleder, Seepferdchen und illegale Pillen

Aschersleben - Auf dem Tisch im Zollamt steht eine rotbraune Handtasche, vom Stil eher Geschmackssache. Gefertigt ist sie aus Pythonleder. Gleich daneben liegt ein Seepferdchen, etwa 15 Zentimeter groß und getrocknet. Auch eine Königskobra ist der Modeindustrie zum Opfer gefallen, sollte eigentliche als Gürtel die Taille einer Dame zieren.
Doch die Zollbeamten haben den potenziellen Empfängern, die die Ware per Post erhalten sollten, einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Die Tiere fallen alle unter das Washingtoner Artenschutzübereinkommen“, erklärt Pressesprecherin Annica Wieblitz. Weil sie vom Aussterben bedroht sind, darf mit ihnen nicht gehandelt werden - egal, ob tot oder lebendig.
Nahrungsergänzungsmittel aus den USA
Es sind nicht die einzigen Gegenstände, die der Zoll in Aschersleben in der letzten Zeit beschlagnahmt hat. Immer häufiger lassen sich Menschen Nahrungsergänzungsmittel aus dem Ausland schicken. „In den USA bekommt man Pulver und Pillen direkt im Supermarkt, aber bei uns gelten einige Inhaltsstoffe als Arzneimittel“, erklärt Uwe Zelmer.
Er ist Zolloberinspektor und leitet das Zollamt in Aschersleben. Eine Vielzahl von Vorschriften regelt, wie der Zoll in solch einem Fall reagieren muss, also ob und wie die Empfänger ihre Waren bekommen.
„Bürger, Wirtschaft und Umwelt schützen"
„Unsere Aufgabe ist es, die Bürger, aber auch die Wirtschaft und die Umwelt zu schützen“, sagt Annica Wieblitz. Dazu zähle eben auch, potenziell gefährliche Gegenstände rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. So geschehen mit einem Laserpointer, der eine Leistung von 50 Watt hat und aus Asien importiert werden sollte. „In Deutschland ist aber höchstens ein Milliwatt erlaubt“, so Zelmer. „Man kann damit Flugzeuge blenden und sogar Holz entzünden.“ Die Bundesnetzagentur habe beschlossen, dass der Zoll dieses Gerät nicht herausgeben dürfe.
Gleiches ist mit einer Drohne geschehen, auf deren Verpackung zwar das CE-Prüfzeichen gedruckt wurde, aber nicht auf dem Gerät selbst. Außerdem lag keine Bedienungsanleitung auf Deutsch bei. „Viele Kunden bemerken gar nicht, dass sie ihre Waren im Ausland kaufen und wundern sich dann über den Brief der Post, dass das Paket bei uns gelandet ist“, weiß Uwe Zelmer aus Erfahrung.
Post schickt Pakete weiter
Die Abwicklung des Postgeschäfts ist eine der Hauptaufgaben des Ascherslebener Zollamtes. Jeden Tag kommen hier Pakete und Briefsendungen, die vom Zollbeamten Andreas Herrmann in ein Schwerlastregal einsortiert werden und auf ihre Empfänger warten. Sie Besitzer müssen dann zum Zollamt fahren, um ihre Sendung abzuholen und gegebenenfalls die Einfuhr zu bezahlen. „Unsere Arbeit würde viel leichter, wenn jeder die Mitteilung der Post durchlesen und dann die Rechnung mitbringen würde“, so Andreas Herrmann.
Gemeinsam wird das Paket oder der Brief geöffnet und der Zollbeamte entscheidet, ob der Inhalt bedenkenlos eingeführt werden kann oder genauer geprüft werden müsse. Briefsendungen werden sieben Tage im Zoll aufbewahrt, Pakete müssen innerhalb von 14 Tagen abgeholt werden. Kann ein Empfänger nicht selbst zum Zoll kommen, kann er die Post beauftragen, seine Sendung öffnen zu lassen. Das lässt sich das Logistikunternehmen gut bezahlen: 28,50 Euro für diesen Service, unabhängig vom Wert der ausgepackten Ware.
Zertifizierte Firmen können Waren anmelden
Die Zeiten, in denen lange Lkw-Schlangen vor dem Zollamt in der Ascherslebener Walter-Kersten-Straße standen, sind lange vorbei. Doch nicht etwa, weil es nichts mehr anzumelden, zu deklarieren und zu kontrollieren gibt. Das Verfahren wurde automatisiert. Online können zertifizierte Unternehmen Waren zur Ein- und Ausfuhr anmelden, erhalten vom Zoll dann auf dem selben Weg Bescheid, ob und welche Abgaben sie zu leisten haben.
2016 hat der Zoll bundesweit 121 Millionen Zigaretten sichergestellt, weil sie keine oder gefälschte deutsche Steuerzeichen trugen. Damit soll der illegale Zigarettenhandel unterbunden werden.
Das Hauptzollamt Magdeburg bedient sich zur Vernichtung der beschlagnahmten Zigaretten oder gefälschten Textilien des Müllheizkraftwerkes Magdeburg Rothensee. Ähnlich werde mit Rauschgift verfahren, knapp zwei Millionen Stück Amphetaminderivate hat der Zoll 2016 beschlagnahmt. Das ist fast zehn Mal so viel wie 2015.
Fünf Zollämter in Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt gibt es fünf Zollämter: das Hauptzollamt in Magdeburg Rothensee und dazu die Standorte in Aschersleben, Stendal, Dessau und Halle. Das Zollamt in Aschersleben ist zuständig für ein Gebiet, das zwei einhalb Mal so groß ist wie das Saarland: Mansfeld-Südharz, der Harz und der Salzlandkreis gehören dazu. Insgesamt arbeiten hier fünf Beamte.
Verstärkung ist gern gesehen und dringend nötig bei den vielfältigen Aufgaben, die die Beamten jeden Tag zu bewältigen haben. In Sachsen-Anhalt haben am 1. August 24 junge Menschen im Mittleren und Gehobenen Dienst ihre Ausbildung beziehungsweise ein duales Studium begonnen. (mz)
