Beobachtungen im Salzlandkreis Beobachtungen im Salzlandkreis: Ein Bussard mit schneeweißer Brust

Frose/Aschersleben - Seinen „weißen Adler“ nennt Paul Bertrams liebevoll den weißen Mäusebussard, dem er seit wenigen Tagen auf der Spur ist. Der stromert durch das Froser Seeland, ist meistens aber auf einem Acker an der alten B6 zwischen Aschersleben und Hoym zu sehen, gleich hinter der Durchfahrt zur neuen Bundesstraße.
Paul Bertrams ist das Tier mit seiner sehr hellen Färbung sofort aufgefallen. Der MZ-Leserbeirat, der mit seiner Kamera fast täglich auf Fotopirsch ist, hat es schon zu allen möglichen Tageszeiten abgelichtet. Einmal sogar kurz vor Sonnenuntergang, wodurch das Gefieder einen sonnig gelblichen Hauch bekam.
„Er kennt mein Auto schon und kommt immer ein Stückchen näher“, freut sich der Rentner und hofft nun, dass das Bussardpärchen noch ein wenig in der Gegend bleibt. „Ich bin nämlich neugierig, wie Aufnahmen vor einer verschneiten Landschaft aussehen“, gesteht er.
Variables Federkleid
Eine wirkliche Besonderheit sei dieser weiße Vogel allerdings nicht, weiß Ornithologe Uwe Nielitz. „Das hat nichts mit Albinismus zu tun“, erklärt der ehrenamtlich tätige Nabu-Mitarbeiter. „Der Mäusebussard hat nämlich ein ganz variables Federkleid. Manche sind fast komplett dunkel - mit einem braunen Bauch. Die meisten sind gemischt - oft auch braungesprenkelt. Und es gibt auch wenige ganz, ganz helle, sogar schneeweiße“, berichtet der Ascherslebener, der solche auffallenden Exemplare schon gesehen hat.
Und so ist der Mäusebussard doch schon wieder etwas Besonderes. „Es ist der einzige Greifvogel, der diese Variabilität besitzt“, nickt der Ornithologe und berichtet auch von einem alten Weibchen in Frose, das eine sehr eigenartige Färbung habe. „Es ist sehr groß und rötlichbraun unten drunter. Das muss eine Zeichnung sein, die die Wasservögel an Gefahr erinnert.“ Denn immer, wenn das Mäusebussard-Weibchen über den Himmel streift, fliegen alle Enten auf und die Kiebitze attackieren den Greifvogel sogar. Das sei völlig ungewöhnlich. „Sonst reagieren sie nämlich überhaupt nicht auf Mäusebussarde.“
Anzahl der Tiere nimmt zu
Und die seien in Sachsen-Anhalt schließlich die häufigste Greifvogel-Art, verrät Michael Wunschik vom Naturschutzbund. „Hier wird der Bestand mit 5 000 bis 7 000 Brutpaaren als stabil eingeschätzt“, zitiert er die Vogelschutzwarte Sachsen-Anhalt. Bis ins 20. Jahrhundert wurde diese Art stark verfolgt, doch inzwischen nimmt die Anzahl der Tiere wieder zu. Durch das Verbot der Verfolgung, großflächige Aufforstung und die zunehmende Besiedlung von offenem Land.
„Nach Angaben des Dachverbandes der Deutschen Avifaunisten wird sein Brutbestand in Deutschland sogar auf 80 000 bis 135 000 geschätzt. Er kommt damit etwa sechs Mal häufiger vor als der Habicht, dem Vogel des Jahres 2015“, nennt Michael Wunschik Zahlen.
Trotzdem sind alle Greifvogelarten nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. „Obwohl sie auch im deutschen Jagdrecht als jagdbare Art aufgeführt sind, genießen sie ganzjährige Schonzeit“, erzählt der Nabu-Mann weiter. Und macht deutlich: „Jede Nachstellung stellt daher eine Straftat dar.“
Der ganzjährige Schutz gelte übrigens seit 1979 auch für ganz Europa, berichtet Michael Wunschik. Dort kommt der Mäusebussard mit Ausnahme von Island, Norwegen und Finnland sowie dem Nordwesten von Schweden überall vor. (mz)