Sicherheit Auf den Friedhöfen in Aschersleben gibt es gelbe Karten: Unfallgefahr - Grabstein sofort befestigen!

Aschersleben - Wenn auf den Friedhöfen an Grabsteinen im Frühjahr leuchtend gelbe Zettel kleben, dann ist der Schreck bei den Angehörigen der Verstorbenen mitunter groß. „Unfallgefahr - Grabstein sofort befestigen“ ist dort angekreuzt. Die gelben Zettel kleben vor allem an den älteren Grabsteinen hinter der Mauer im Ascherslebener Friedhof.
Durch Witterungseinflüsse ist Feuchtigkeit eingedrungen und hat die Stahldübel korrodieren lassen, sodass sie nicht mehr richtig halten, die Verbindung sich löst. Mitunter hat das Grabmal aber auch durch Senkungserscheinungen im Boden nachgegeben.
60 gelbe Zettel wurden 2019 schon auf dem Zentralfriedhof in Aschersleben geklebt
Nicht immer klebt ein gelber Zettel an einem „Problem-Stein“. Nur wenn die Standsicherheit des Grabmals gefährdet ist, werden damit quasi auch andere Friedhofsbesucher darauf hingewiesen, dass von dort möglicherweise Gefahr ausgeht, erklärt Friedhofchef Holger Dietrich.
Aber auch dann, wenn der Pflegezustand bemängelt wird oder die vereinbarte Nutzungszeit für das Grab abgelaufen ist. 60 solcher gelben Zettel wurden in diesem Jahr auf dem Zentralfriedhof geklebt.
Die „Nutzungsberechtigten“ dieser Problemgräber, aber auch vielen andere haben im Frühjahr von der Friedhofsverwaltung einen Brief bekommen. Nämlich dann, wenn der Grabstein die Druckprüfung nicht bestanden hat. Einer Kraft von 300 Newton muss ein Grabstein bei einem Drucktest standhalten.
Bei einem Test muss ein Grabstein der Kraft von 300 Newton widerstehen
Der Bauwirtschaftshof der Stadt hat dafür ein Gerät gekauft und Mitarbeiter schulen lassen, berichtet André Könnecke, der Leiter des Bauwirtschaftshofes der Stadt Aschersleben. „Als Friedhofsbetreiber ist man verpflichtet, für die Verkehrssicherung zu sorgen“, begründet er dies.
Die Regelungen, an die sich die Steinmetze und Verwaltungen halten müssen, sind in Deutschland in einem dicken Papier geregelt. Seit diesem Jahr gibt es für die Verwaltung aber auch eine handlichere Anleitung zur Standsicherheitsprüfung von Grabmalen des Verbandes der Friedhofsverwalter Deutschland.
Empfohlen wird, die Prüfungen jährlich durchzuführen, weiß Könnecke. „Das schaffen wir nicht immer.“ Die Erfahrung hätte gezeigt, dass es reicht, die Prüfung der 5.000 Grabstellen auf dem Friedhof im Zwei-Jahres-Turnus durchzuführen, sagt er. „Allerdings betrifft die Prüfung nicht alle Grabstellen“, schränkt Könnecke ein. Liegende Grabmale, wie bei Urnenanlagen, werden nicht geprüft.
5.000 Grabstellen auf dem Friedhof in Aschersleben werden im Zwei-Jahres-Turnus überprüft
Die Ascherslebener informieren über die bevorstehende Prüfung auch auf ihrer Facebook-Seite und laden Interessenten ein, dabei zuzuschauen. Könnecke weiß, es gibt auch schwarze Schafe in der Branche, die keine Schulung gemacht haben und kein Messgerät haben. Wenn dann gerüttelt wird, könnten ja Grabsteine gelockert werden, fürchten manche Angehörige.
Eineinhalb Wochen hat die Prüfung in diesem Jahr mit dem Gerät gedauert, berichtet Mandy Figur von der Friedhofsverwaltung. Anschließend haben rund 400 Angehörige Post bekommen. „Davon waren aber nur etwa 250 Fälle wegen nicht standsicheren Grabstellen“, so Könnecke. In den elf Ortsteilen, wo die Mitarbeiter der Bauhöfe die Prüfungen der 800 Grabstellen noch manuell durchführen, wurden nur 20 nicht standfeste Grabsteine festgestellt. „Eigentlich machen wir nichts Böses. Wir weisen die Leute darauf hin, dass etwas nicht stimmt und sie es in Ordnung bringen sollen“, so Dietrich.
In der Regel wird ein Steinmetz beauftragt, der die Dübel zwischen Grabstein und Sockel erneuert. „Ein paar Euro kostet das schon, wenn der Steinmetz einen neuen Dübel setzt“, weiß Könnecke, dass man für die Aktion keinen Beifall zu erwarten habe. Wenn jemand nicht reagiert, drohen keine drakonischen Strafen.
Reagiert niemand von den Hinterbliebenen, wird der Grabstein umgelegt
„Im Endeffekt wäre eine Grabsicherung durchzuführen", schildert Dietrich. Der Grabstein wird umgelegt, entweder auf das Grab oder daneben. Aber so, dass nichts beschädigt wird. „Dann haben wir nicht mehr den Schwarzen Peter.“ Schließlich habe es durch umfallende Grabsteine in Deutschland schon Vorfälle gegeben, weiß André Könnecke.
Der Friedhof sei ein öffentlicher Ort. „Wie ein Park, in dem Privatleute ein Bauwerk errichten“, zieht Könnecke einen Vergleich. Und der Park müsste ein sicherer Ort sein. Die Prüfungen der Grabmale seien wie der Tüv beim Auto oder die Wartung der Heizung notwendig. (mz)