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Aschersleben Aschersleben: Seit 600 Jahren in der Einestadt

Von ERIK SCHMIDT 19.07.2011, 17:41

ASCHERSLEBEN/MZ. - Gisela Ewe ist Ascherslebenerin durch und durch. Seit 64 Jahren - das Studium ausgenommen - lebt sie hier. Das ist kurz - in Anbetracht dessen, wie weit zurück die Wurzeln ihrer Familie in der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts reichen. "Vor 600 Jahren fand ein Vorfahr von mir die erste gesicherte Erwähnung", erzählt Gisela Ewe, gebürtige Drosihn. Dabei handelt es sich um Henning Drosihn, der im Jahr 1427 Magistrat in Aschersleben war.

Etliche Informationen zur Familiengeschichte hat Ewe von Hans-Joachim Drosihn aus Münster erhalten. Der begann 1985, dem Ursprung seines Nachnamens auf den Grund zu gehen. Er nahm sich sämtliche Telefonbücher vor und schrieb alle Drosihns, die er finden konnte, an. Das Echo war unterschiedlich, das Vorankommen schwer. Auch der Vater von Gisela Ewe erhielt damals Nachricht. Schnell stand fest, dass der Ursprung der Familie Drosihn in Aschersleben liegt. Hans-Joachim Drosihn machte sich auf die Reise in die Stadt an der Eine, um in den Kirchen seitenweise Tauf-, Trau- und Sterberegister unter die Lupe zu nehmen und Zusammenhänge zu erkennen.

Seine Ergebnisse verpackte er anschließend in einer ausführlichen Familiengeschichte. Und die hält Ewe heute in ihren Händen. Dazu gehört auch ein aus 16 DIN-A-Vier-Seiten bestehender Stammbaum. "Ich gehöre mittlerweile zur 15. Generation dieser Aufzeichnung", erzählt die 64-Jährige stolz. "Es ist unglaublich, welche Arbeit Hans-Joachim Drosihn in die Forschungen steckte", fährt die Rentnerin fort. Warum sich gerade die Geschichte ihrer Familie so weit zurückverfolgen lässt, obwohl sie nicht dem Adel entstammt, ist für Gisela Ewe klar: "In jeder Generation gab es reiche Leute, meist sogar Ratsherren oder Bürgermeister. Die wurden immer urkundlich festgehalten."

Mittlerweile wurde der aus Aschersleben stammende Name Drosihn in die Welt hinausgetragen. "Es gibt Namensvetter in Kanada und sogar in Mexiko", erzählt Ewe und verrät, dass selbst aus Mittelamerika mit an der Familienchronik gearbeitet wurde: "Ein Sohn der in Mexiko lebenden Drosihns, hat in Deutschland studiert und für den Stammbaum ein ganz bestimmtes System entwickelt." Dieses System besteht aus einer Zahlenkombination, die jeden Zweig der Familie nach Generation, Zugehörigkeit und Geburtsrang kennzeichnet.

Hans-Joachim Drosihn, Jahrgang 1921, lebte selbst bis zum Jahr 1948 in Aschersleben; aufgrund seiner Enteignung verließ er die Stadt.

Sein Großvater ist Friedrich Albert Drosihn, der über 30 Jahre als Stadtrat in Aschersleben tätig war und nach dem die noch heute existierende Straße benannt wurde. Dessen Sohn wiederum, und somit Hans-Joachims Vater, ist Rudolf Walter Drosihn, Gründer der Samenzucht- und Samenversandgroßhandlung "R. W. Drosihn & Co". Und nicht nur die Samenhandlung unterstreicht, dass die Begeisterung für die Landwirtschaft bei den Drosihns in den Genen liegt.

"Ich bin Diplom-Landwirtin und im Stammbaum lässt sich erkennen, dass auch viele meiner Namensvetter mit diesem Berufsfeld zu tun haben beziehungsweise hatten", sagt Ewe und berichtet von einem besonderen Zufall: "Nach meinem Studium wurde mir in Langenstein / Böhnshausen in einem Betrieb, dessen Leiter denselben Namen wie ich trug, eine Stelle angeboten. Ich lehnte ab. Doch mit Hilfe des Stammbaums lernte ich ihn im Jahr 1990 kennen. Wir haben die gleichen Vorfahren, haben beide Landwirtschaft studiert und sind noch heute gute Freunde."

Nicht nur aufgrund der langen Familiengeschichte hat Gisela Ewe ein ganz spezielles Verhältnis zur Stadt Aschersleben. "Es kam für mich nie in Frage, wegzugehen", erzählt sie und sagt: "Hier bin ich zu Hause." So, wie noch heute weitere verbliebene Leute, die den Namen Drosihn tragen.