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Unfälle im Straßenverkehr Unfälle im Straßenverkehr: Bei größeren Schäden Anwalt einschalten

Von Heiko Haupt 02.01.2004, 17:28

Halle/MZ. - Ist ein Unfall erst einmal geschehen und der verbeulte Wagen steht am Straßenrand - dann geht es in der Folge vor allem darum, die Schäden so schnell wie möglich zu beseitigen. Eines ist dabei klar: Die Versicherung ist einzuschalten, eine Werkstatt muss her. Unklar sind jedoch oft die genauen Schritte, die es dabei zu beachten gilt. Denn neben einigen allgemeinen Grundregeln gibt es von verschiedenen Seiten auch unterschiedliche Ratschläge, wie in der Folge zu verfahren ist. Denn während die Versicherungswirtschaft auf den schnellen Weg über ein Callcenter setzt, raten andere Experten zum Gang in die Anwaltskanzlei.

Wichtig ist auf alle Fälle, dass noch am Unfallort die Daten der Beteiligten notiert werden. Dazu gehören laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin unter anderem die amtlichen Kennzeichen der Fahrzeuge, Namen und Anschriften der Beteiligten, Angaben der Versicherungsgesellschaften und Nummer des Versicherungsscheins. Außerdem sollten Ort und Zeit des Unfalls festgehalten und eine Unfallskizze angefertigt werden. Der nächste Schritt ist dann im Prinzip, sich mit der gegnerischen Versicherung in Verbindung zu setzen - denn von der kann der Schadensersatz laut GDV direkt verlangt werden. Es ist nicht nötig zu warten, bis der Unfallgegner dort den Schaden meldet.

Wer sich über das grundsätzliche oder weitere Vorgehen unsicher ist, dem rät der GDV, sich - auch schon am Unfallort - mit dem kostenlosen Notruf der Autoversicherer in Verbindung zu setzen, dem Notfon D (0800 / 668 36 63). Der Name entspricht der Buchstaben-Kombination für den zweiten Teil der Rufnummer auf den Handy-Tasten. In dem Callcenter werden die Daten aufgenommen, oft kann direkt ein Telefonkontakt zur eigenen Versicherung hergestellt werden. "Es kann auch bereits eine Werkstatt genannt werden, zu der dann schon der Gutachter geschickt wird", so GDV-Sprecher Klaus Brandenstein. Auf diese Weise lasse sich unter anderem Zeit sparen.

"Die Versicherungen locken damit, den Scheck schnell zu bekommen", sagt Volker Lempp, Jurist beim Auto Club Europa (ACE). Er rät aber dazu, einen Anwalt einzuschalten. "Viele Menschen machen beim Umgang mit der Versicherung bei der Schadensregulierung entscheidende Fehler." Mancher dieser Fehler werde womöglich nicht einmal bemerkt.

Beim ADAC rät man aus diesem Grund ebenfalls zum Anwalt. "Wenn die Versicherung eine bestimmte Summe bezahlt hat, mag der Versicherte zwar zufrieden sein. Er weiß aber nicht, welche Dinge er nicht bekommen hat", sagt Paul Kuhn, Referent für Schadens- und Versicherungsrecht in der juristischen Zentrale des ADAC. "Die Gesellschaften wollen schnell an den Versicherungsnehmer heran. Dabei besteht die Gefahr, dass dieser sozusagen von der Versicherung 'umarmt' und nicht so objektiv aufgeklärt wird, wie es ihm zusteht."

Ohne einen früh eingeschalteten Anwalt kann es laut Volker Lempp schwierig werden, wenn es später zu Zwistigkeiten bei den Gebühren für einen Leihwagen, der Entschädigung für den Nutzungsausfall oder auch eine Wertminderung für das Fahrzeug kommt. Die wird laut dem GDV nämlich gewährt, wenn ein Auto bis zu einem bestimmten Alter einen erheblichen Schaden erlitten hat. Allerdings geht es dann nur noch um vergleichsweise kleine Summen, sofern die Versicherung einen Schaden schon grundsätzlich beglichen hat.

"Das Anwalts-Honorar richtet sich nach dem Streitwert", so Lempp. "Daher sollte er auch den ganzen Unfall abwickeln. Geht es nur noch um Restbeträge wie 400 Euro, kann es sein, dass er den Fall gar nicht übernimmt." Das Anwalts-Honorar des Geschädigten zahlt die Versicherung des Verursachers.

Allerdings heißt dies nicht, dass bei jedem kleinen Schaden der Anwalt einzuschalten ist. Zu beachten ist, dass der Versicherte eine Schadensminderungspflicht hat. "Er ist verpflichtet, sich so zu verhalten, wie er es tun würde, wenn er den Schaden selbst regulieren müsste", so Volker Lempp. Und bei einem gebrochenen Außenspiegel würde die Sache wohl niemand über eine Anwaltskanzlei regeln.

Wo die Grenze für solche Bagatellfälle liegt, ist jedoch laut ADAC-Experte Kuhn unterschiedlich und hängt auch von der jeweiligen Region ab. "Sie dürfte meist zwischen 750 und 1 000 Euro liegen." Wichtig ist diese Grenze im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht auch beim Einschalten eines Gutachters.

Die Versicherer sehen das Einschalten von Gutachtern und Anwälten aber auch bei größeren Schäden kritisch - unter anderem aus finanziellen Gründen.

"Sicher kann man einen unabhängigen Gutachter bestellen, der Geld verlangt, und sich einen Anwalt nehmen, der ein Schreiben an die Versicherung schickt", sagt Bran- denstein. Für die Versicherung blähen die zusätzlichen Kosten aber die Schadenszahlung auf. Auch die Angst vor Streitigkeiten mit anderen Unfallbeteiligten ist demnach in der Regel unbegründet. "Die Leute fürchten Streit, das ist aber nicht so. Bei mehr als 90 Prozent der Blechschäden ist die Rechtslage klar."