Schreibkultur Schreibkultur: Hochwertige Füller heben den Stil

Hamburg/dpa. - Es scheint, als hätten die Deutschen die Freude am Schreiben zurückgefunden. Vieles, was noch bis vor kurzem nur telefonisch zum Austausch gelangt wäre, verdichtet sich neuerdings zur Schriftform. Da werden Mitteilungen abgesetzt, Anekdoten verbreitet oder lange Reiseberichte per Rundbrief an die Freunde verschickt. Hersteller von Schreibwaren müssten eigentlich frohlocken - doch für sie hat der Trend einen Schönheitsfehler: Die neue Schreibkultur vollzieht sich vor allem per E-Mail oder SMS.
Wertvolle Stifte sind zwar als Prestigeobjekte gefragt. Wirklich zur Feder greifen aber nur Menschen, die Stil über Bequemlichkeit stellten. «Der häufigste Reparaturfall ist das Eintrocknen», klagt Tom Westerich, Füllhalter-Händler aus Hamburg. Dabei habe der Füller viele Vorteile: «Adressaten wissen einen solchen Brief zu schätzen», sagt Oliver Koob vom Hersteller Lamy aus Heidelberg. «Er signalisiert, dass man sich viel Zeit für den anderen genommen hat.» Die Botschaft scheint anzukommen: «Wir sehen Zeichen für ein Revival des Schreibens von Hand», sagt Kerstin Weidner von Montblanc in Hamburg.
Wenn sie an teure Füllfederhalter denken, haben die meisten Deutschen wohl die Marke Montblanc vor Augen. 1924 kam das stromlinienförmige «Meisterstück» aus Edelharz auf den Markt. Seit kurzem ziert das Montblanc-Emblem auch eine neue Schreibgeräte-Kollektion mit Namen Bohème. Während sich das «Meisterstück» in seiner größten Version (425 Euro) für folgenschwere Unterschriften empfiehlt, geht Bohème (ab 335 Euro) mit weiblicher Raffinesse auf Kundenfang: In den Clip sind bunte Edelsteine eingearbeitet, die Feder muss wie bei einem Lippenstift herausgedreht werden.
Was das «Meisterstück» für Montblanc, das ist der «Souverän» für Pelikan. Experte Westerich findet sogar, dass die Füller aus Hannover mit ihren weichen Federn und dem perfekten Tintenleitsystem für Vielschreiber erste Wahl sind. Während das große «Meisterstück» nur in Schwarz erhältlich ist, setzt Pelikan beim dicksten «Souverän» M1000 (350 Euro) auf Schwarz/Grün als zweite Gehäusevariante.
Eine bewegte Geschichte hat das Unternehmen Waterman: Es wurde in den USA gegründet, siedelte nach Paris über und ist inzwischen wieder in amerikanischen Händen. «Wir stehen aber immer noch für französischen Chic», betont Elisabeth Gebler von der Konzernmutter Sanford mit Deutschlandsitz in Hamburg. So ist etwa die Art-Deco-Linie «Charleston» in Gelb gehalten (110 Euro). Eher durch seine ungewöhnliche Form fällt der Füllhalter «Sérénité» (590 Euro) auf: Sanft geschwungen, ähnelt er einem Federkiel.
Flaggschiff des Hauses Waterman ist der 790 Euro teure «Edson» mit seiner bündig angesetzten Goldfeder. Der Name geht auf Firmengründer Lewis Edson Waterman zurück, der 1883 das erste funktionierende Tintenleitsystem erfand. Mit dem Problem der Kleckse beschäftigte sich ein anderer Pionier, dessen Unternehmen inzwischen ebenfalls im Sanford-Konzern aufgegangen ist: Charles S. Parker. Die Schreibgeräte mit dem Pfeilsymbol wie etwa der «Duofold» (ab 290 Euro) folgen amerikanisch-konservativem Geschmack.
Seit 1930 ununterbrochen in Produktion ist die Linie «Arte Italiana» aus dem Hause Omas in Bologna, die mit ihrem facettierten Zelluloid-Gehäuse dem Art-Deco-Stil huldigt. «Das Zelluloid wird bei uns auf alten Maschinen handwerklich wie ein Stück Holz verarbeitet», sagt Deutschland-Importeur Thomas Glaue aus Hamburg. Die Preisspanne für solche Exklusivität liegt zwischen 400 und 40 000 Euro.
Wie Omas empfiehlt sich auch die Collection Graf von Faber-Castell als Alternative für Individualisten. Das nostalgische Design der Schreibgeräte lebt vom Kontrast zwischen weißem Edelmetall und warmem Holz. Erhältlich sind ab 315 Euro Ausführungen in Silber und Platin sowie braunem und schwarzem Holz.