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Schmalzgebäck Schmalzgebäck: Kalorien vor der Fastenzeit

Von Heidemarie Pütz 27.02.2003, 21:41

Halle/MZ. - Viele verbinden den mit Konfitüre gefüllten Krapfen oder Berliner mit dem närrischen Treiben. Aber er ist nur eine Variante im Reigen der Fett- oder Siedegebäcke, deren Formen sich von Region zu Region stark unterscheiden.

"Im Jahreslauf betrachtet, ist die Fastnachtszeit eine Gebäckzeit", sagt Backwerkshistorikerin Irene Krauß aus Baden-Württemberg. Besonders im schwäbisch- alemannischen Raum sei die Vielfalt früher fast unüberschaubar gewesen. "Gemeinsam ist allen Sorten, dass sie in heißem Fett oder ausgelassener Butter gebacken werden." Dass es zur Fastnacht früher gerade Schmalzgebackenes sein musste, hatte einen praktischen Grund: Vor der vierzigtägigen Fastenzeit empfahl es sich, Fettes auf Vorrat zu essen. So verhalf das närrische Gebäck zu Kalorien. Die notwendigen Zutaten wie Milch, Fett oder Butter gab es in jedem Haushalt. "Früher galt in Süddeutschland der 'schmotzige' Donnerstag, im Rheinland als Weiberfastnacht bekannt, als Auftakt des häuslichen Küchlebackens", erklärt Krauß. Denn "schmotzig" bedeute "schmalzig" oder "fettig".

Fettgebäck war schon in der Antike bekannt und verbreitete sich schnell, da es einfach in Pfannen über der Feuerstelle zubereitet werden konnte. Das erste deutsche Kochbuch, das Würzburger "buch von guter spise" von 1350, nennt das Rezept eines mit "einem gemenge von gewürfelten und gewürzten äpflin" gefüllten Krapfens. "En vogue wurde der Krapfen aber erst in der Barockzeit", so Krauß.

Im Jahr des Wiener Kongresses 1815 verkauften die Wiener Straßenbäckereien während der Faschingszeit etwa zehn Millionen Stück. So begann der Siegeszug der "Berliner Pfannkuchen", bei dem mit der Zeit der "Pfannkuchen" auf der Strecke blieb. Bis in die Neuzeit waren der Kirche die allerorten zischenden Fettpfannen während der "tollen Tage" ein Dorn im Auge. So wetterte Ende des 16. Jahrhunderts ein Pfarrer gegen das "Küchlein backen, Strauben, Nauntzen, und wie sie mehr heißen" als "antichristlicher greul" und "Teuffels dreck".

Auch wenn inzwischen nicht mehr mit Schmalz ausgebacken wird, mag nach wie vor kein Rheinländer auf seine Mutzenmandeln und kein Franke auf Spiegelkrapfen verzichten. Manches Gebäck hat inzwischen sogar die Grenzen seiner Ursprungsregion verlassen.

So gibt es auch in weniger närrischen Gefilden wie in Hamburg, etwa bei der Konditorei Andersen, neben hanseatischen Heißwecken und den obligatorischen Berliner Apfelkrapfen auch Spritzkuchen und Mutzenmandeln. Die Nachfrage nach Siedegebäck ist groß, so dass einiges bereits ab Silvester angeboten wird. Konditor Andersen ist begeistert, wenn sich auch Hobbybäcker an Berlinern oder Spritzkuchen versuchen.

Das Geheimnis eines Berliners sei viel Eigelb. Dadurch saugt das Gebäck fast kein Fett auf. Andersen empfiehlt, Berliner auf der Kopfseite gut auszubacken, damit sie nicht zusammenfallen. Dasselbe gelte für Spritzkuchen, denn andernfalls platze er auf oder reiße beim Wenden. Für die Fritteuse empfiehlt der Konditor besonders hitzebeständiges Erdnussfett.