Verspätungen Ausfälle Verspätungen Ausfälle: Wann Reisenden Entschädigung zusteht und wie sie die bekommen

Köln - Urlaubszeit – Wartezeit. Wer sich jetzt in die Osterferien aufmacht, der weiß: die Autobahnen, der Nah- und Fernverkehr der Bahn sind wegen Baumaßnahmen vielerorts unkalkulierbar. Und so sind es auch die Anfahrtswege zu den Flughäfen. Der vorsorgliche Blick auf eine Verkehrsapp oder entsprechende Onlineseiten (siehe Info-Kasten) hilft, Stress und Ärger weiträumig zu umfahren.
Auch auf Bahnhöfen und Flughäfen wird es zu Verspätungen, Ausfällen und verpassten Anschlüssen kommen – hier sollten Reisende ihr Recht auf finanzielle Entschädigung prüfen und geltend machen. Tatsächlich kennen jedoch fast 90 Prozent der Deutschen ihre Fluggastrechte nicht, so eine Umfrage des Portals Air-Help. Danach verzichten fast 13 Millionen Fluggäste jährlich auf rechtmäßige Entschädigungen. Hier eine kurze Übersicht der Rechte:
Welche Rechte habe ich im Falle eines verspäteten oder ausgefallenen Fluges?
Ist ein Flug mehr als drei Stunden verspätet, ist er ausgefallen oder überbucht, haben Reisende je nach Strecke Anspruch auf eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro. Voraussetzung: Das Flugzeug startet innerhalb der EU und die durchführende Fluggesellschaft hat einen Sitz in der EU. Die Verzögerung muss tatsächlich durch die Airline verschuldet sein. Und: Man muss sein Recht innerhalb von drei Jahren ab dem verspäteten Flugtermin einfordern.
Wann gibt es eine Entschädigung?
Bei unangekündigten Streiks, Unwettern, Terrorwarnungen, Vogelschlag oder medizinischen Notfällen.
Welche „technischen Gründe“ gelten nicht als Ablehnung der Entschädigung?
Ein „technischer Defekt“ ist kein genereller Ablehnungsgrund für eine Entschädigung. Die Stiftung Warentest nennt „außergewöhnliche Umstände“, die von Gerichten nicht für eine Ablehnung von Entschädigungen anerkannt werden: Erkrankung eines Crewmitglieds, fehlendes Enteisungsmittel, erneute Enteisung des Flugzeugs, Gepäckwagen beschädigt Flugzeug, Treppenfahrzeug kollidiert mit Flugzeug, Warten auf einen fehlenden Passagier, Flugzeugtoilette verstopft. Fluggäste müssen solche Ausreden nicht akzeptieren.
Und wenn die Fluglinie nicht reagiert oder Ansprüche ablehnt?
Das Unternehmen muss innerhalb von zwei Monaten auf eine Beschwerde reagieren. Wenn keine Nachricht kommt, oder die Ansprüche abgelehnt werden, kann man die „Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr“ (söp) einschalten. Sie vermittelt kostenlos zwischen Passagieren und Fluglinie. Dem Verein gehören rund 250 Bahn-, Bus-, Schiff- und Luftfahrtunternehmen an, auch Easyjet oder Ryanair. Während des Schlichtungsverfahrens verjähren die Rechte der Fluggäste nicht. Schlichter helfen auch bei Streit über verlorenes Gepäck, notwendige Taxi- oder Hotelkosten. Beschwerdeformulare bietet online zum Beispiel der ADAC.
Fairplane verlangt laut Stiftung Warentest maximal 29,16 Prozent der Entschädigungssumme. Für den Fall, dass der Kunde leer ausgeht, muss er nichts zahlen. Der Dienst bietet eine App.
Bei Airhelp liegt die Provision bei 25 oder 50 Prozent der Entschädigungssumme. Der Kunde zahlt unter Umständen noch eine Rechtsweggebühr, so Test.de.
Flightright und flug-verspätet.de verlangen 29,75 Prozent der Erstattungssumme. Gibt es einen Vergleich, kommen bei Flightright noch Anwalts- und Gerichtskosten hinzu, wenn die Airline diese nicht übernimmt.
Euclaim berechnet eine Provision von 26,78 Prozent der Entschädigung. Stiftung Warentest urteilt: „Flexibel und günstig“.
Eine Entschädigung kann bei Verspätungen am Zielort von mindestens 60 Minuten verlangt werden. Die Höhe der Entschädigung hängt vom Preis des Tickets ab: 25 Prozent des Fahrpreises bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten; 50 Prozent ab einer Verspätung von 120 Minuten. Ausnahmen: Verspätung durch höhere Gewalt: Orkan, Streik, Unfall.
Ergibt sich die Verspätung während der Fahrt, darf der Reisende die Fahrt abbrechen und kostenfrei zum Ausgangsort zurückfahren. Auch dann muss der volle Fahrpreis erstattet werden, aber es gibt keine Entschädigung für die Verspätung. Bahnunternehmen haften nicht für Folgen einer Verspätung, zum Beispiel das verpasste Flugzeug.
Das Wetter in Deutschland meldet amtlich der Deutsche Wetterdienst, der auch eine aktuelle Unwetterwarn-App bietet.
www.dwd.de
Wie sieht es in den Alpen aus, in den Ski-Gebieten in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz? Der Allrounder heißt www.bergfex.de
Für Holland-Urlauber gibt es den Regenradar auch auf Deutsch auf der Seite: www.noodwercentrale.nl
Météo-France ist der staatliche französische Wetterdienst. Auch wer kein Französisch spricht, versteht die Wetterkarte der laufenden Woche: www.meteofrance.com
Die Deutsche Bahn informiert auf ihrer Online-Reiseauskunft über Verspätungen und Beeinträchtigungen. Ein Zugradar zeigt die Position bestimmter Züge live an: www.bahn.de
Die Verkehrslage auf den Autobahnen bundesweit auf:
www.verkehrsinformation.de
www.adac.de
Der Eurotunnel empfiehlt, wenigstens 45 Minuten, aber nicht länger als zwei Stunden vor der gebuchten Abfahrtszeit einzuchecken. Aktuelle Infos über Calais und Folkstone-Terminals auf: www.eurotunnel.com
Der Check-in für Fähren zum Beispiel zwischen Calais und Dover schließt 30 Minuten vor Abfahrt, 60 Minuten vor Abfahrt für Fußgänger.
Es gibt noch andere Anlaufstellen: die Verbraucherzentralen und kommerzielle Dienstleister wie Flightright, Fairplane oder Euclaim. Der Kunde zahlt nichts, wenn es keine Entschädigung gibt. Die Prüfung des Falls ist kostenlos.
Wie rechnen diese privaten Inkassounternehmen ab?
Bei Erfolg ziehen sie von der erstrittenen Entschädigung eine Provision von bis zu 30 Prozent ab. Die meisten bieten auf ihren Internetseiten kostenlose Rechner, um Ansprüche ermitteln zu können. Sie prüfen, ob ein Fall Aussicht auf Erfolg hat und suchen erst eine außergerichtliche Lösung. Allerdings sollten sich Geschädigte über den Dienstleister und seine Provision vorab erkundigen, etwa bei der Stiftung Warentest.
Wann bekomme ich das Geld?
Manche Fluggäste warten mehrere Monate. Die „Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr“ setzt drei Monate Bearbeitungszeit an. Kommerzielle „Fluggasthelfer“ wie Compensation2go, Flightright, Fairplane oder Wir Kaufen Deinen Flug bieten Sofort-Entschädigungen an. Sie kaufen Entschädigungsansprüche für in der Regel rund 40 Prozent der Entschädigungssumme und zahlen sofort. Die Stiftung Warentest weist darauf hin, dass Fluglinien wie Ryanair ihren Kunden im Kleingedruckten der AGB untersagen, Ansprüche an Dritte abzutreten. Reiserechtsexperte Professor Ernst Führich beruhigt: Das Abtretungsverbot ist unzulässig.
Kann man auch selber klagen?
Klar. Bei Erfolg muss die Airline die Entschädigung, Gerichtsgebühren und gegebenenfalls Anwaltskosten zahlen.
Und wenn ich aus persönlichen Gründen den Flug nicht antreten kann?
Auch da kann es Geld zurück geben. Steuern und Gebühren bekommt man auf jeden Fall erstattet. Je früher man storniert, desto besser die Ausgangslage, weil die Airline den Platz erneut verkaufen kann. Aber Achtung: Fluggesellschaften dürfen Tarife anbieten, die eine Erstattung bei Stornierung ausschließen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband hält einen Musterbrief zur Rückforderung von Steuern, Gebühren und Flugpreis nach storniertem Flug vor.
Was steht mir bei verspätetem Gepäck zu?
Bei Verlust, Beschädigung oder Verspätung muss die Fluglinie den Schaden grundsätzlich ersetzen. Tauchen Koffer nicht auf dem Gepäckband auf, sollte man sich beim Lost-and-Found-Schalter melden, den Reiseveranstalter telefonisch unter Zeugen oder schriftlich informieren. Ist das Gepäck auch am dritten Urlaubstag nicht geliefert, haften Reiseveranstalter oder Fluglinien im Regelfall mit maximal 1400 Euro pro Passagier. Kunden müssen dabei nachweisen, welchen Wert der Kofferinhalt hatte. Sie dürfen sich auf Kosten des Reiseveranstalters neue Bekleidung kaufen, aber nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Einige Airlines bieten ein Notpaket mit Wäsche an, so die Stiftung Warentest. (hch)