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Herbst im Norden von Schweden Herbst im Norden von Schweden: Urlaub auf der Wildnisstraße

Von Alexander Baumbach 02.11.2019, 11:00
Sonnenuntergang in Saxnäs
Sonnenuntergang in Saxnäs Baumbach

Vilhelmina/Hemavan - Ein großes Problem ist, dass die Schweden ihr Licht ständig unter den Scheffel stellen. Kennen Sie Mando Diao? Die Rockband, die seit etwa zehn Jahren in Amerika und Europa von Festival zu Festival zieht? Kennt in deren Heimatland Schweden kaum einer. Man macht sich nicht größer als sein Nachbar. Prahlen oder Selbstdarstellung sind verpönt.

Leider gilt das auch für andere Juwelen, die dieses Land zu bieten hat. Riesige, langgezogene Seen, wildlebende Bären, Elche und Rentiere, uralte Gebirge und Zeugnisse der samischen Ureinwohner, die hier seit Tausenden Jahren leben. Landschaft, freundliche Menschen und Ruhe - das fällt vielen Deutschen zuerst ein, wenn sie an Schweden denken. Und sie liegen damit gar nicht mal falsch. Während an den Stränden auf Mallorca noch Betrieb herrscht, schleicht sich im Norden des skandinavischen Landes schon der Herbst an.

Västerbotten, die zweitnördlichste Landschaft Schwedens, lockt dann vor allem mit ausgedehnten Wanderungen, Kanu-Touren und dem Gefühl von Wildnis und Freiheit. Mit dem Mietwagen oder dem eigenen Auto kann man dies am besten erleben. Entlang von „Inlandsvägen“ und „Vildmarksvägen“ kommen Reisende an vielen Attraktionen der nordschwedischen Wald- und Gebirgseinsamkeit vorbei.

Einen Stopp wert ist auf jeden Fall Fatmomakke in der Nähe von Saxnäs. Die Sommersiedlung der Samen blickt auf Jahrhunderte alte Geschichte zurück. Und die jüngere als Kirchendorf und Ehe-Anbahnungsinstitut erfahren Besucher beim Besuch des kleinen Museums vor Ort.

Mit dem Kanu unterwegs

Västerbotten lässt sich aber nicht nur mit dem Auto erkunden. Riesige, langgestreckte Seen laden förmlich zum Paddeln ein. Einer, der Hilfestellung gibt beim Abenteuersuchen in der Wildnis, ist Peder Karlsson. Der 37-Jährige aus dem kleinen Dorf Joeström bei Tärnaby in Nordwest-Schweden hat sich auf Outdoor-Touristen spezialisiert. Im Winter bedeutet das Eisfischen, Hundeschlitten und Schneemobil. Solange kein Schnee liegt, vermietet er Kanus und lädt zum Erlebnis-Mittagessen in der Natur ein.

Direkt vor seiner Haustür liegt der See Nedre Jovattnet, der sein Wasser aus den Bergen an der norwegischen Grenze bekommt. Über viele Kilometer können auch ungeübte Paddler dem sanft fließenden Gewässer folgen. Rechts und links stehen satte Wiesen. Wer Glück hat, paddelt ein Stück des Weges mit den Elchen, die hier leben – oder sieht Rentiere. Und weil es an der frischen Luft am besten schmeckt, wird das Mittagessen direkt am Strand zubereitet.

Die Berge am anderen Ufer verschleiern, dass von hier nach Süden 130 Kilometer Wildnis liegen. Genug Platz, um Pilze zu finden, die auf die gusseiserne Pfanne wandern. Und von denen gibt es genug. Sobald die Mücken Ende August verschwunden sind, sprießen ähnlich zahlreich die Pfifferlinge aus den immerfeuchten Waldböden. Mit Kartoffeln, Gemüse und der preisgekrönten Wurst Tärna Saucisse aus dem nahegelegenen Tärnaby Fjällhotell ist der kulinarische Hochgenuss in der Natur garantiert.

Das Geheimnis der Wurst ist die Kälte des Landes: die Zutaten werden bis knapp über den Gefrierpunkt heruntergekühlt, bevor sie vermengt werden. Die Gewürze sollen so besser am Fleisch anhaften. Das Ergebnis ist eine lockere Bratwurst, die im weichen Brot mit selbstgemachtem Senf hervorragend schmeckt. Natürlich darf dabei der echt schwedische Kochkaffee (Kokkaffe) nicht fehlen. Die heilige Kaffeepause der Skandinavier, die hier kurz „Fika“ genannt wird, beginnt ebenfalls direkt auf dem Holzfeuer. Natur pur, Einfachheit und Wildnis: Västerbottens bergiger Westen hat viel davon zu bieten.

Und auch Tärnaby glänzt mit der schwedischen Unart, nicht auffallen zu wollen. Das „Dorf“ mit rund 500 Einwohnern gilt als Ski-Mekka. Ingemar Stenmark, Stig Strand, Jens Byggmark und Anja Pärson stammen etwa von hier.

Wandern auf dem Königspfad

Wer nicht so sehr auf Wasserwandern steht, kann auch einfach an Land bleiben. Wandern und Schweden - zu den beiden Begriffen gehört untrennbar auch der Name Kungsleden. Der Königspfad, der sich über 440 Kilometer im schwedischen Lappland erstreckt, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erschlossen. Seit 1975 beginnt der „König der Wanderwege“ nordöstlich von Tärnaby in Hemavan und führt etappenweise bis nach Abisko im äußersten Norden Schwedens.

In regelmäßigen Abständen stehen heute Schutzhütten, in denen Wanderer übernachten und einkaufen können. Im Winter nutzen Skiläufer und Hundeschlittengespanne den Trail, der dann auch direkt über zugefrorene Seen und Flüsse führt.

Wem die kompletten 440 Kilometer zu lang sind, der kann auch in sechs Tagesetappen den Signature Trail der Schwedischen Touristenvereinigung ab Hemavan gehen. Die 78 Kilometer sollen dabei repräsentativ für die gesamte Bergwildnis in diesem westlichen Part von Västerbotten stehen

Wenig Luxus: Tipps und Hinweise für den Urlaub in Västerbotten

Anreise: Von Deutschland per Flieger nach Stockholm und weiter nach Umea, im Anschluss mit dem Mietwagen. Sechsmal in der Woche wird auch Hemavan angeflogen.

Übernachten: In den größeren Siedlungen Västerbottens entlang der Hauptstraßen gibt es in der Regel Hotels mit Restaurant und Bar. Die Zimmer sind sauber und ordentlich, von Luxus aber meist weit entfernt. Die Preise entsprechen mitteleuropäischem Durchschnitt. Alkoholische Getränke sind teurer als in Deutschland. Infos: www.visitsweden.de.