Rechtspfleger Rechtspfleger: Dem Gesetz und seinem Gewissen unterworfen
Hameln/Flensburg/dpa. - Rechtspfleger - das klingt fast wie Raumpfleger, jedenfalls nicht nach großen Kompetenzen. Der Eindruck trügt: Zwar ist der Rechtspfleger nur eine Art «kleiner Bruder» des Richters. Ein bloßer Zuarbeiter ist er aber längst nicht mehr.
In der jüngeren Vergangenheit wurden ihm immer mehr Aufgaben übertragen, bei deren Erfüllung ihm keiner hereinreden kann. «Genau wie der Richter ist der Rechtspfleger nur dem Gesetz und seinem Gewissen unterworfen», sagt Angela Teubert-Soehring, Vorsitzende des Verbands der Rechtspfleger (VdR) in Hameln.
Rechtspfleger sind meist in der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig. Darunter versteht man Fälle, in denen auf Grund des Antrags einer Partei entschieden wird. Rechtspfleger eröffnen Testamente, erteilen Erbscheine, befinden über Eintragungen ins Grundbuch und Handelsregister, ordnen Vormundschaften oder Pflegschaften an.
«In der Praxis ist das nicht so trocken, wie es klingt», versichert Teubert-Soehring. So muss etwa bei Testamenten genau geprüft werden, wie der Wille des Verstorbenen auszulegen ist. Auch bei Grundbuchsachen geht es nicht bloß darum, Kaufverträge umzusetzen. Spannend, aber selten erfreulich, ist eine andere Aufgabe, die Rechtspflegern obliegt. So sind sie auch für das gesamte Verfahren der Zwangsversteigerung zuständig.
In noch tiefere Abgründe schauen Angehörige des Berufsstandes, die bei der Staatsanwaltschaft arbeiten. Zuständig für die Vollstreckung der verhängten Strafen, müssen sie Verurteilte zum Haftantritt laden und Maßnahmen ergreifen, wenn ein Häftling flieht oder nicht vom Hafturlaub zurückkehrt. Rechtspfleger sind Beamte des gehobenen Justizdienstes und als solche den Besoldungsgruppen A 9 bis A 13 zugeordnet. «Das entspricht einem Einstiegsgehalt von rund 2100 Euro», beziffert Ralf Prokop vom Bund Deutscher Rechtspfleger (BDR) in Flensburg.
Wer die dreijährige Ausbildung an einer der acht speziellen Fachhochschulen der öffentlichen Verwaltung antritt, ist Beamter auf Widerruf und kassiert monatliche Anwärterbezüge in Höhe von 857 Euro. «Für mich war das damals schon ein ausschlaggebender Punkt», sagt Prokop. Bewerbungen sind an die Oberlandesgerichte des jeweiligen Bundeslandes zu richten, wo die Kandidaten ein Auswahlverfahren aus Tests und Gesprächen durchlaufen. Auf Grund der sicheren Zukunft, die der Beruf des Rechtspflegers verheißt, ist die Nachfrage nach den jährlich bundesweit rund 600 Studienplätzen gewaltig. Trotz des Anwärterstatus der Studenten ist die Übernahme in den Staatsdienst nach der dreijährigen Ausbildung nicht garantiert. Viel hängt von der Lage in den Landeskassen ab. Wer kein Glück hat, muss sich in der freien Wirtschaft, etwa in Banken, Versicherungen, Notariaten oder bei Insolvenzverwaltern, umtun. Die Chancen dort stehen nicht schlecht, und die Verdienstmöglichkeiten sind in der Regel sogar besser.
Informationen: Bund Deutscher Rechtspfleger, Südergraben 22, 24937 Flensburg (Tel.: 0461/891 16, Fax: 0461/894 34, www.bdr-online.de); Verband der Rechtspfleger, Miegelweg 24A, 31785 Hameln (Tel.: 05151/79 62 70, Fax: 05151/79 61 66).