Projekte Projekte: Zu Besuch bei der Leihoma
Berlin/dpa. - Die Idee ist einfach: Junge Familien oder allein erziehende Eltern leben in einer Stadt fern von ihren Verwandten. Dem Kind fehlt eine Oma oder eine Tante, zudem könnten die Eltern ab und zu Entlastung gebrauchen.
Am selben Ort fühlen sich andere Menschen allein, suchen familiäre Anbindung oder eine soziale Aufgabe. So genannte Leihgroßeltern-Dienste und Paten-Projekte führen beide Gruppen zusammen.
«Rund 70 gut funktionierende kommunale Projekte gibt es derzeit in Deutschland. Bei 30 weiteren ist unklar, wie sie sich entwickeln werden», schätzt Randolf Gränzer, Gründer des europäischen Netzwerkes Encymo und Vorstandsvorsitzender des deutschen Fördervereines «Patenschaften aktiv» in München. Projektträger sind vor allem Wohlfahrtsverbände, aber auch Freiwilligenagenturen oder Kommunen, seltener private Initiativen. Einige unterstützen ausschließlich Alleinerziehende, andere vermitteln nur Senioren, und wieder andere setzen auf Kindergruppen.
Der Großelterndienst Kikon beim Diakonischen Werk Berlin- Brandenburg ist eine Anlaufstelle für allein erziehende Frauen. Die meisten Ehrenamtlichen, die hier als Leihgroßeltern oder Paten vermittelt werden, sind bereits im Rentenalter. Sie suchen eine sinnvolle Beschäftigung und wünschen sich Kontakt mit Jüngeren.
«Ich lade die Freiwilligen zunächst zu einem ausführlichen Gespräch ein», erläutert Projektkoordinatorin Brigitte Reinberg. «Dann gehe ich meine Warteliste durch. Dabei spielt die Reihenfolge keine Rolle. Die Bedürfnisse beider Seiten müssen zusammen passen.» Der eine Freiwillige möchte kleine Kinder betreuen, der andere möglichst Schulkinder. Allerdings: «Wer auf Grund von Schichtdiensten um 6.00 Uhr früh oder vier- bis fünfmal in der Woche Hilfe braucht oder mehr als drei Kinder hat, ist schwer vermittelbar.»
Fast überall ist die Zahl der Paten geringer als die der suchenden Familien. Wer sich als ehrenamtliche Leihoma oder als Pate engagieren möchte, findet im Internet eine Aufstellung von Freiwilligenagenturen unter www.bagfa.de. «In jedem Fall sollten sowohl Ehrenamtliche als auch Familien die Anbindung an einen Träger suchen», rät Encymo-Gründer Gränzer. «Ein Träger hat in jedem Fall eine gewisse Verantwortung für die Qualität und ist außerdem Ansprechpartner für formale Fragen.»
In der Regel wird ein Vertrag zwischen Ehrenamtlichen, Eltern und Träger geschlossen. Darin sollten Richtwerte zu Betreuungszeiten sowie eventuelle Aufwandsentschädigungen enthalten sein. Bei einigen Projekten ist die Erstattung der Fahrtkosten durch die Eltern üblich, andere empfehlen einen Stundensatz von wenigen Euro.
Auch die Frage der Versicherung sollte von Anfang an geklärt sein. Üblicherweise sind die Träger unfallversichert - zum Beispiel bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege in Hamburg. Wer ohne Anbindung an einen Träger als ehrenamtlicher Pate tätig werden will, kann sich über den Haushalt bei der Unfallkasse des Landes oder der Gemeinde versichern.
Eine Haftpflichtversicherung kann nicht immer über den Träger angeboten werden. Außerdem trägt nicht jede private Haftpflichtversicherung Schäden, die bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit entstanden sind. Diese Frage sollte jeder Ehrenamtliche frühzeitig mit seiner Versicherung regeln.