Ornithologie Ornithologie: Greifvögel lassen sich jetzt gut beobachten

Radolfzell/Bonn/dpa. - «Greifvögel habenden Menschen seit jeher fasziniert. Wegen ihrer Größe und ihresVerhaltens sind sie gut zu beobachten», erklärt Wolfgang Fiedler vomMax-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell am Bodensee.
Der Experte empfiehlt Naturfreunden, sich zur Greifvogelsuche mit Fernglas und Bestimmungsbuch auf Anhöhen nahe großer Felder oder Wiesen zu begeben. «Besonders frisch gemähte Wiesen und abgeerntete Felder locken Greifvögel an, weil Beutetiere hier gut zu sehen sind»,erläutert Joachim Ulbricht, Leiter der Sächsischen Vogelschutzwartein Neschwitz. Turmfalken zum Beispiel sind typische Feldjäger. Meiststehen sie flatternd über einer Stelle und schauen nach Beute.
Greifvögel können zu jeder Jahreszeit beobachtet werden. «ImHerbst sind mit etwas Glück ganze Schwärme zu sehen», so Ulbricht.Arten wie Rohrweihe, Fischadler oder Wespenbussarde versammeln sichdann am Himmel, um in den Süden zu ziehen. Zur Balzzeit im Frühjahrführen Bussarde und Milane ihre Kunststücke vor: «Sie drehen Saltosund übergeben sich im Flug kopfüber die Beute», sagt Fiedler.
Viele Arten leben in den waldreichen Mittelgebirgen. Gut zubeobachten sind die Herren der Lüfte an Walrändern, inHeckenlandschaften und auf Streuobstwiesen. «Offene Landschaften, dieDeckung und Ansitzplätze bieten, sind gute Greifvogelreviere», sagtMarkus Nipkow, Vogelexperte des Naturschutzbundes (NABU) in Bonn.Vogelschützer haben an einigen Stellen Sitzstangen aufgestellt, dievon den eleganten Jägern gerne angenommen werden.
Nicht jeder Greif ist so gut zu beobachten wie der großebraungefiederte Mäusebussard oder der quirlige Turmfalke. «Habichtund Sperber jagen unauffälliger», sagt Markus Nipkow. Beide sind sogenannte Überfalljäger: Von einem Ansitz aus schießen Habicht undSperber in flachem Flug auf Vögel oder Mäuse herab, die sie inGärten, Parks und auf Waldlichtungen jagen. «In Berlin verirren sichHabichte bei der Taubenjagd bisweilen in Wohnungen, aus denen siebefreit werden müssen», berichtet Max-Planck-Forscher Fiedler.
Der schnellste Jäger ist der Wanderfalke. «Er kommt im Sturzflugauf 300 Stundenkilometer», sagt Fiedler. In den siebziger Jahren warder Wanderfalke in Deutschland schon fast ausgestorben. Pestizidewaren in seine Nahrungskette gelangt und hatten die Eierschalenbrüchig werden lassen - der Nachwuchs ausblieb. Durch Schutzprojektehat sich der Bestand erholt. Wie der Turmfalke nistet der Wanderfalkemitten in Städten, selbst am Kölner Dom geht der Federblitz auf Jagd.
Eine ähnliche Erfolgsgeschichte sei die Rückkehr des Seeadlers,der dieses Jahr erstmals wieder in Bayern gebrütet habe, so MarkusNipkow. In Deutschland gibt es rund 400 Brutpaare des größtenheimischen Greifvogels, der eine Spannweite von 2,6 Metern erreicht.Etwas häufiger ist allerdings der Fischadler zu beobachten, der wieder Seeadler vor allem an größeren Gewässern in Nord- undOstdeutschland vorkommt. Raritäten wie den Schreiadler oder denmajestätischen Steinadler, von dem es in den deutschen Alpen 40 bis50 Brutpaare gibt, bekommt man aber kaum zu Gesicht.
Die Lebensräume von Wiesen- und Kornweihe sind durchFlurbereinigungen und intensive Landwirtschaft so weit zerstörtworden, dass sich diese vom Aussterben bedrohten Arten nur seltenbeobachten lassen. «Häufiger tritt die Rohrweihe auf, die anGewässern mit dichten Schilfgürteln lebt», erklärt Joachim Ulbricht.
Öfter zu beobachten und imposanter im Flug als die Weihen, isteine Art, für deren Erhalt Deutschland die größte Verantwortungträgt: «58 Prozent des weltweiten Rotmilan-Bestandes lebt bei uns»,sagt NABU-Experte Nipkow. Rund 10 000 Brutpaare gibt es in derBundesrepublik. Am Himmel kreisend ist der Rotmilan mit einerSpannweite von bis zu 180 Zentimeter, dem rotbraunen Gefieder und demtiefgegabelten Schwanz gut zu erkennen.
«Der dunklere Schwarzmilan ist kleiner und hat einen schwächergekerbten Schwanz», so Joachim Ulbricht. Schwieriger zu beobachtenals Milane und ihre Artgenossen sind die nachtaktiven Eulen. Hiermuss man auf die Rufe achten. «Im Februar ist der Waldkauz oft zuhören. Und im Frühjahr quieken seine Jungen laut», erklärt Fiedler.
Wer trotz aller Versuche weder Greifvögel noch Eulen zu Gesichtbekommt und dennoch den Herren der Lüfte ganz nah sein will, solltesich an Wildtier- und Vogelparks in seiner Umgebung wenden. Auchkleinere Einrichtungen bieten mitunter eine imposante Flugschau mitAdlern, Bussarden oder Uhus an, die man nicht so schnell vergisst.