Neues Medikament gegen Übergewicht Neues Medikament gegen Übergewicht: Eine Spritze am Tag soll beim abnehmen helfen

Dresden - Es ist der Traum vieler Menschen mit starkem Übergewicht: Man nehme regelmäßig ein Medikament ein, und der Zeiger auf der Waage bewegt sich nach und nach in einen akzeptablen Bereich. Also abnehmen leicht gemacht. Geht das?
Forscher der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden sind nach eigenen Angaben an der vielversprechenden Entwicklung einer Substanz beteiligt, die zu einem dauerhaften Gewichtsverlust führen soll. In einer Pressemitteilung spricht die TU Dresden sogar von einer neuen Ära der pharmakologischen Adipositastherapie.
Neues Medikament gegen Übergewicht: 900 Patienten getestet
Es werde erstmals eine Gewichtsreduktion erreicht, die sonst meist nur mit einer chirurgischen Therapie möglich sei. Eine umfangreiche Studie, bei der das Medikament mit dem Namen Semaglutid weltweit an 900 Patienten über längere Zeit getestet wurde, sei erfolgreich verlaufen. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.
„Diäten und Magenverkleinerungen sind sicherlich wichtig und auch so etwas wie der Königsweg, wenn es darum geht, das Gewicht zu reduzieren“, sagt der Stoffwechselexperte Andreas Birkenfeld. Angesichts der drohenden Diabetesepidemie seien heute aber auch andere wirksame Methoden gefragt, so der Professor von der Uniklinik Dresden, der maßgeblich an der Erforschung des Medikaments mitgewirkt hat.
Neues Medikament gegen Übergewicht stammt aus der Diabetestherapie
Das Medikament ist nach Angaben von Birkenfeld eine Substanz, die man ursprünglich nur zur Typ-2-Diabetestherapie habe einsetzen wollen. Doch der Wirkstoff eigne sich auch zur Behandlung von Adipositas, also von Fettleibigkeit und Fettsucht.
Die Wirkung sei ähnlich der körpereigenen Darmhormone. Diese sorgen normalerweise dafür, dass beim Menschen ein Sättigungsgefühl einsetzt, wenn er genug gesessen hat. Semaglutid unterstützt also nicht direkt den Fettabbau im Körper, sondern soll unter anderem die Entleerung des Mageninhalts verlangsamen und das Hungergefühl bremsen.
Neues Medikament gegen Übergewicht: Testpersonen bekamen täglich eine Spritze
Weniger Nahrungsaufnahme gleich weniger Kalorienaufnahme, als der Körper braucht, gleich Gewichtsabnahme - so lautet die Gleichung.
Birkenfeld und sein Studienteam sind angesichts der Untersuchungsergebnisse von dem Wirkstoff überzeugt. 900 Testpersonen waren in drei Gruppen eingeteilt worden: Ein Drittel erhielt ein Jahr lang Semaglutid in unterschiedlicher Konzentration - dazu mussten sich die Patienten täglich eine Spritze setzen. Ein zweite Gruppe nahm einen anderen Wirkstoff ein, eine dritte ein Placebo.
Neues Medikament gegen Übergewicht: Bis zu 17 Prozent weniger Gewicht
Das Körpergewicht habe sich nach der Einnahme von Semaglutid-Dosen deutlich verringert. „In der höchsten Dosierung konnte eine Gewichtsabnahme von bis zu 17 Prozent des Ausgangskörpergewichts beobachtet werden“, teilte die TU Dresden mit und rechnet vor: Es sei möglich, einen Patienten, der mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 35 eine mittelschwere Adipositas aufwies, auf einen BMI von 29 zurückzuführen.
„Er schaffte den Schritt von formal fettleibig zu übergewichtig“, so die TU Dresden weiter. Zeitgleich sinke der Blutzucker und der Blutdruck deutlich, das gelte auch für die Blutfette.
Neues Medikament gegen Übergewicht hat auch Nebenwirkungen
„Der Patient hat nicht nur abgenommen, sondern Semaglutid gut vertragen“, versichert Stoffwechselexperte Birkenfeld. Nebenwirkungen seien nicht als kritisch einzustufen. Aber es gibt sie. So können nach der Einnahme des Medikaments Übelkeit und ein Völlegefühl einsetzen.
In seltenen Fälle könne es auch zum Erbrechen kommen, so Birkenfeld. Diese Nebenwirkungen ließen aber meisten rasch nach, ansonsten müsse man das Medikament absetzen.
Neues Medikament gegen Übergewicht ist noch nicht auf dem Markt
Noch ist Semaglutid nicht auf dem Markt. Für die Therapie von Typ-2-Diabetes liegt aber eine Zulassung vor, die den gesamten EU-Raum umfasst. Eine Markteinführung steht nach Angaben von Birkenfeld bevor. In Kanada werde der Wirkstoff bereits als Antidiabetikum genutzt.
In Sachen Fettleibigkeit ist die Phase-2-Studie an 900 Patienten abgeschlossen. Der Dresdner Wissenschaftler hofft, dass es Ende 2019 oder spätestens im Jahr 2020 auch für dieses Medikament eine Zulassung gibt - möglicherweise nicht nur als tägliche Spritze, sondern auch über eine Einnahme durch den Mund. (mz)
