Mutter wehrt sich gegen Vorurteile Mutter wehrt sich gegen Vorurteile: Ich bin Hausfrau - und das ist auch gut so!
Mein Name ist Jenny, ich bin 31 Jahre alt und habe drei Kinder. Der Große ist 5, die Mittlere ist 1,5 Jahre und der Kleine ist 3 Monate alt. Und ich bin Hausfrau. Nein, ich bin nicht in Elternzeit und nein, ich habe nicht vor, bald arbeiten zu gehen.
Jetzt denken sich manche: "Naja, vielleicht hat sie keine Ausbildung oder keine Aussicht auf einen guten Job" Doch, habe ich oder hätte ich, wenn ich wollte.
Schwanger beim Uni-Abschluss
Ganze sieben Jahre war ich nur mit meinem Studium beschäftigt. Als ich meinen Master gemacht habe, war ich schon mit meinem Ältesten schwanger. Wir wollten immer jung Kinder. Die Schwiegereltern hatten auch während des Medizin-Studiums ihre Kinder bekommen, also würden wir das auch schaffen.
Aber nach der Geburt musste ich direkt zurück an die Uni, um den Anschluss nicht zu verlieren. Also musste unser Sohn auch sehr früh in die Kita, damit ich noch mein Studium durchziehen konnte.
„Irgendwie war ich voller Schuldgefühle“
Irgendwie war ich voller Schuldgefühle zu der Zeit. Schuldgefühle gegenüber meinem Sohn, dass ich nicht da bin. Und war ich mal da, weil er beispielsweise krank war, hatte ich direkt diesen Druck, möglichst schnell wieder an die Uni zu gehen. Das war einfach nur ätzend.
Auf Stadt Land Mama tauschen sich zwei junge Mütter mit fünf Kindern zwischen ein und neun Jahren aus. Mal witzig, mal nachdenklich – mal verzweifelt. Lisa Harmann (li.) und Katharina Nachtsheim.
Von der Familie kam da nicht viel Verständnis. Meine Oma, selbst eine Karriefrau, kann dieses ganze „Kinder kriegen“ nicht nachvollziehen. Sie hatte eine Tochter und das musste damals reichen. Sie hat sich, ohne mit der Wimper zu zucken, für ihre Karriere entschieden und hat es nie bereut.
Kommunikatoin per Zettel auf dem Küchentisch
Meine Mutter hingegen klagte, dass sie als Kind eigentlich nur alleine war und meine Oma nur selten gesehen hat. Man hat sich über Zettelchen auf dem Küchentisch unterhalten. Deshalb wollte es meine Mutter mit mir anders machen. Ich bin auch Einzelkind geblieben, meine Mutter aber immer für mich da. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass meine Mutter auch keine Karriere oder keine tolle Ausbildung hatte, zu der sie schnell zurückkehren musste.
Ob sie nur deshalb zu Hause blieb, glaube ich jedoch nicht. Wir hatten nicht viel Geld und sicher gab es auch den Druck, mehr Geld dazu zu verdienen. Aber sie wollte lieber mich betreuen und mir wahrscheinlich das geben, was ihr als Kind gefehlt hat. Dafür bin ich ihr auch immer noch dankbar. Und genauso wollte ich auch für meine Kinder da sein.
Wenig Verständnis der Großeltern
Als ich dann meinen Sohn bekam, war also auf beiden Seiten der Großeltern komischerweise eher wenig Verständnis da. Alle waren selbst jung Eltern geworden – aber wieso mussten wir das nun auch machen? Wir wären doch noch so jung und es gäbe so viele Alternativen. Meine Oma sagte schon, wie blöd ich doch sei, nun müsste ich meine Karriere nach hinten verschieben. "Was ist mit deinen Rentenpunkten? Hast du mal daran gedacht?", hörte ich ständig. Frauen würden eh kaum Rente kriegen, da sie wegen den Kindern ausfallen würden. Sie schüttelte nur mit dem Kopf und hoffte inständig, dass ich nicht zu lange ausfallen würde.
Als dann Kind Nummer zwei und zügig Nummer drei folgten, herrschte völliges Unverständnis. Wie willst du nun dein Bafög zurück zahlen? Hast du an deine Altersvorsorge gedacht? Was ist, wenn dein Mann dich mit Mitte vierzig verlässt und du dann ganz alleine da stehst? Ohne Job, ohne die ach so wichtigen Rentenpunkte, ohne Perspektive...
Die Kinder sind nur einmal klein, die Zeit kommt nicht zurück
Niemand sieht: Ich will zu Hause bleiben. Bei meinem Sohn hatte es mir so Leid getan, dass er so früh in die Kita musste und diesmal möchte ich ganz da sein für meine Kinder. Das ist doch legitim?! Sie sind nur einmal klein, die Zeit kehrt nie zurück. Mein Großer kommt nächstes Jahr in die Schule, vor allem dann ist es wichtig, dass ich genug Zeit für ihn habe und auch für meine Tochter und unseren kleinsten Sohn werde ich dann da sein.
Wenn ich mich über meine Familie und mit Freunden unterhalte, merke ich immer wieder, wie unterschiedlich die Meinungen zu diesem Thema sind. Das Konzept der „Hausfrau“ sei völlig veraltet und heutzutage für Familien nicht mehr tragbar. Ein Freund sagte: „Nee so geht das bei uns nicht. Wir müssen jeden Monat über 1000 Euro Kredit für das Haus abbezahlen, das kann ich alleine nicht stemmen. Meine Frau muss arbeiten gehen, sobald wir kein Elterngeld mehr bekommen.“
„Nicht durch's Studium gequält, um Windeln zu wechseln“
Oder eine Bekannte, die Architektin ist, wollte so schnell wie möglich zurück in ihren Beruf. Sie habe sich nicht jahrelang im Studium gequält, um jetzt nur noch Windeln zu wechseln. Außerdem wäre ihre Karriere dahin und ihre Chefs würden sie nicht mehr Ernst nehmen und ihr nur noch die langweiligen Projekte anbieten, wenn sie so lange raus aus allem wäre.
Na gut, das kann ich alles nachvollziehen. Ich will ja auch niemanden überzeugen Hausfrau zu werden. Ich will mit meiner Geschichte nur demonstrieren, dass hinter jeder Mutter, sei sie nun Hausfrau, Karriere-Mami oder ein bisschen von beidem, eine Person steckt, die ihre eigenen Beweggründe hat, warum sie ihr Leben so und nicht anders gestaltet. Ich würde mir wünschen, dass Mütter in den Medien weniger verurteilen würden.
Was wir alle gemeinsam haben, ist der Wunsch, unser Leben so schön wie möglich zu gestalten, und genau das machen wir, jeder auf seine Weise.
„Ein jeder hat seine eigne Art, glücklich zu sein, und niemand darf verlangen, dass man es in der seinigen sein soll. “ (Heinrich von Kleist)"
Der Text erschien ursprünglich als Gastbeitrag auf dem Blog Stadt-Land-Mama.