Musik Musik: Reime ohne Machogehabe
Hamburg/gms. - «HipHop gibt es in allen Facetten», sagt Marga Glanz vomMusiklabel YO MAMA in Hamburg, bei dem gut ein halbes Dutzenddeutsche HipHop-Stars unter Vertrag steht. «HipHop kann massivunpolitisch oder einfach nur blöd sein.» Und leider seien auchfrauen- und schwulenfeindliche Zeilen keine Ausnahme.
Wenn auch vergleichsweise selten, so gibt es solche Töne auch imdeutschen HipHop: «Aber die Fäkaliensprüche, die da mancher ablässt,sind häufig auch ein Spiel mit den Medien», sagt Ralf Brodkorb alias«DJ Rell» aus Hamburg, der selbst HipHop macht und produziert. «Damitwollen die schlicht Aufmerksamkeit erhaschen und etwas vom Kuchenabbekommen.» Schließlich lässt sich mit HipHop gutes Geld verdienen.
Es geht aber auch geistreicher, wie einige Bands zeigen. «Dazugehören zum Beispiel Eins Zwo, Freundeskreis und Sammy Deluxe», sagtMarga Glanz. Solche Gruppen bieten intelligenten Rap mit Texten, indenen die Probleme im eigenen Land und Umfeld aufgegriffen werden.Wer dagegen einfach nur versuche, den Gangster-Rap zu kopieren undüber das vermeintlich harte Leben in den Vorstädten von Frankfurtoder München fabuliere, mache sich schnell lächerlich.
Zum Glück gebe es aber gar nicht so viele Poser, wie dieAufschneider und Möchtegerns bezeichnet werden, so Brodkorb. «Es hatimmer schon Leute gegeben, die intelligenten HipHop machen.» Derzeitseien offenbar Texte gegen Rassismus im Trend. «Von der Sache her gut- aber manchmal habe ich den Eindruck, es geht dabei vor allem um dieschnelle Mark.» Brodkorb zieht deswegen Gruppen wie Eins Zwo vor: «Dagibt es keinen Zeigefinger. Die Botschaft kommt zwischen den Zeilen.»
Von der Rolle eines politischen Sprachrohrs ist der deutscheHipHop nach Ansicht von Marga Glanz allerdings weit entfernt. Zumeinen gebe es beim HipHop anders als zum Beispiel beim traditionelllinkslastigen Punkrock keine bestimmte politische Ausrichtung. Zumanderen sei die jetztige Generation von HipHop-Künstlern durch die inder Jugendkultur eher unpolitischen neunziger Jahre geprägt. Was imHipHop nicht zu finden ist, sind rassistische Texte: Schließlichstammen die großen Vorbilder oft aus den USA und sind schwarz.
«HipHop bedeutet für mich vor allem Toleranz und Gewaltlosigkeit»,erklärt Ralf Brodkorb. Deshalb nervt es ihn auch, dass für viele inder Szene, besonders für die Jugendlichen, das «Cool sein» an ersterStelle steht. Der 31-Jährige kam erstmals Mitte der achtziger Jahreals Teenager mit HipHop in Berührung. «Damals war das für mich vorallem ein Modetrend, zu dem auch BMX-Rad und Skateboard gehörten.»Heute zählt er neben den Texten der MCs und der Musik der DJs zumBeispiel auch Graffiti und Breakdance dazu.
«Für mich ist HipHop eine Lebenseinstellung», sagt der 18-jährigeKonrad Winkler aus Hamburg. Wenn man HipHop höre oder mache, sehe mandie Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Der Schüler glaubt, mitHilfe der Musik, die jemand hört, «sagen zu können, was für einMensch er ist.» Winkler schreibt selbst Texte und ist DJ. Am HipHopschätzt er vor allem, dass er Leute schnell zusammenbringt.