Kleine Männer und große Frauen Kleine Männer und große Frauen: Größenunterschied schließt die Liebe nicht aus

Hannover/Wuppertal/dpa. - «Das sieht für viele einfach komisch aus», bringt Kristina Heiser, Psychologin an der Medizinischen Hochschule Hannover und Expertin fürPartnerschaft und Sexualität, die gängige Empfindung auf den Punkt.«In westlichen Kulturen ist es eben üblich, dass der Mann größer undälter ist als die Frau.» Größe wird nach Worten von Professor Manfred Hassebrauck, Attraktivitätsforscher an der Universität Wuppertal, mit Kraft, Stärke und Erfolg verbunden - Attribute nach denen seit jehervor allem Männer streben.
Forscher an der Universität Wroclaw (Breslau) in Polen haben sogareine Formel ermittelt, nach der Menschen - gesteuert vom Unterbewusstsein - ihre Partner auswählen, wie die in Hamburgerscheinende Zeitschrift «Vital» jüngst berichtete. Der Formelzufolge hat beispielsweise ein 1,88 Meter großer Mann die perfekte Größe für eine Frau, die 1,72 Meter misst.
Dagegen spielt sich beim Anblick von Paaren, bei denen die Frau den Mann «überragt», in den Köpfen der meisten Menschen etwas ab, das in der Fachsprache Attributionsprozesse genannt wird: «Wir stellen uns dann die Frage: Warum hat so eine große Frau einen so kleinenMann?», sagt Hassebrauck. Die Antwort fällt meist zu Gunsten desMannes aus: Dieser müsse, so schlussfolgern die meisten, etwas ganzBesonderes haben, um bei einer großen Frau «landen» zu können. DasUrteil über die Frau lautet Hassebrauck zufolge dagegen oft: «Diemuss irgendeine Macke haben, wenn sie keinen größeren Mann findet.»
Im Idealfall könnten die beiden Partner derartiges an sichabtropfen lassen, so Kristina Heiser. «Wenn sie wirklich dazu stehen,werden sie gar nicht erst schräg angeschaut», bestätigt ChristianePapastefanou, Psychotherapeutin aus Ludwigshafen. Wird trotzdem allzuoffensichtlich gelästert, ist es nach Heisers Worten am klügsten,Humor zu zeigen und mit einem «scherzhaften Wort» zu kontern.
Auch bei Paaren, die nicht wegen ihren Körpergrößen auffallen, istdie erste Begegnung von «ihm» mit «ihren» Freundinnen ein heiklesThema: Werden sie ihn akzeptieren oder hinten herum tuscheln, weilihnen irgendetwas an ihm nicht passt? Umso mehr dürften Frauen vordiesem Ereignis zittern, wenn sie davon ausgehen können, dass sichdie Freundinnen beim Begrüßungsküsschen zu ihm herunterbeugen müssen.Doch Kristina Heiser gibt zu bedenken: «Ein Mensch erwacht erst dannzum Leben, wenn er den Mund aufmacht.» Das heißt: Sofern sich einkleiner Mann nicht völlig unmöglich verhält, dürften «echte»Freundinnen ihn kaum wegen seines fehlenden Gardemaßes ablehnen.
Nehmen die Lästereien trotz allem kein Ende, kann dies diePartnerschaft belasten und zu Streitereien führen. Dann gelte es,gegenseitig so offen wie möglich zu sein und das vermeintlicheProblem zu thematisieren, empfiehlt Heiser. «Alles, was verdrängtwird, arbeitet gegen ein Paar.» Bei den Gesprächen wird sich nachChristiane Papastefanous Worten möglicherweise herausstellen, dassgar nicht die jeweilige Körpergröße die Ursache für den Zwist ist,sondern lediglich vorgeschoben wird.
Oft kommt es gar nicht erst so weit: weil die Frau Hemmungenhatte, eine Beziehung mit einem kleineren Mann einzugehen oder weilder Mann nicht den Mut hatte, eine größere Frau anzusprechen. NachMeinung der Experten, sollte die Körpergröße jedoch kein Grund dafürsein, es nicht zu versuchen: «Es kommt in einer Beziehung doch aufandere Dinge als auf die Größe», so Papastefanou. Zudem gebe es vielekörperlich große Männer, die ihrer Frau nicht die Sicherheit bieten,die ihre Statur ausstrahlt. Und Kristina Heiser ermutigt: «Man sollteim Ernstfall wirklich seinem Herzen folgen.»