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Mediziner belegen Kinderessen: Kindergerichte in deutschen Restaurants sind ungesünder als Fast Food

Von Isabell Wohlfarth 14.02.2019, 13:46
Was essen Kinder im Restaurant? Wahrscheinlich: Pommes.
Was essen Kinder im Restaurant? Wahrscheinlich: Pommes. imago stock&people

Mannheim - Was legen sich Eltern heute ins Zeug, um die Kinder möglichst gesund zu ernähren. Schon im Kleinkindalter studieren sie alternative Brei-Bücher. Später kochen sie daheim so viel wie möglich mit Bio-Gemüse und Vollkorn und setzen sich für besseres Essen in Schulkantinen ein. Ein Bereich aber scheint bisher komplett übersehen worden zu sein: Restaurants. Wie eine neue Studie jetzt ergeben hat, sind die Kindergerichte auf deutschen Speisekarten noch ungesünder, als man sich vorstellen mag.

Pommes, so weit das Auge reicht!

Forscher des Mannheimer Instituts für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin (MIPH) haben herausgefunden, dass die Kindergerichte auf deutschen Speisekarten nahezu durchweg ungesund und eintönig sind. Dafür analysierten Prof. Sven Schneider und seine Kollegin Lisa Rüsing 1877 Kindergerichte aus Kinder-Speisekarten von 500 Restaurants. Im Mittel enthielten die Speisekarten 3,76 Gerichte für Kinder. Der durchschnittliche Preis eines Gerichtes lag bei 5,51 Euro.

Angeboten wurden fast ausschließlich stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett- und Energiegehalt und geringer Nährstoffdichte. 80 Prozent des Angebots beschränkte sich auf nur acht ungesunde Gerichte, wie etwa Chicken Nuggets, Schnitzel mit Pommes oder Nudeln mit Soße. Bei 50 Prozent aller Gerichte waren Pommes oder andere frittierte Kartoffeln dabei. Es gab zumeist Weißmehl und rotes verarbeitetes Fleisch.

Die Mehrheit der Gerichte in den Restaurants erfüllte nicht mehr als ein Qualitätskriterium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Kein Gericht enthielt Vollkornprodukte. Nur bei fünf Prozent war Obst dabei. Lediglich zwölf Prozent der Gerichte reichten Milchprodukte oder Salat dazu. Selbst Getreideprodukte und unfrittierte Kartoffeln fanden sich nur in einem Drittel der Kinderessen.

Ist sogar McDonalds besser?

Das ist allemal Fast-Food-Qualität. Wobei es selbst bei McDonalds, Burger King & Co. manchmal noch etwas besser aussieht - zumindest in Amerika. „In den USA gibt es eine umfassende Forschung unter dem Titel 'food environment'", erklärt Studienleiter Schneider von der Medizinischen Fakultät Mannheim. Burger King, McDonalds und Co. wappneten sich vor solchen Studien, indem sie bei ihren Kindertüten auch immer eine gesunde Alternative mit anbieten, eine Variante mit Mineralwasser, Apfelschnitzen und einem kleinen Salat. „Deswegen schneidet die Systemgastronomie in den USA in vergleichbaren Studien geringfügig besser ab als inhabergeführte Restaurants in unserer deutschen Studie." 

Keine Angabe, welches Tier auf den Tisch kommt

Und die deutschen Kinder-Speisekarten lassen noch viel mehr vermissen. Denn sie sind weder kinderfreundlich gestaltet, noch liefern sie Informationen zu den Zutaten. Wenn Fleisch angeboten wurde, war in der Mehrheit der Fälle nicht einmal zu erkennen, um welche Tierart es sich handelte.

Und anders als angenommen fanden sich diese Mängel nicht nur in günstigeren Restaurants oder in bestimmten Regionen des Landes. Selbst in gehobenen Restaurants mit abwechslungsreicher und gesunder Karte für Erwachsene wird Kindern ein ungesundes Einheitsangebot vorgesetzt.

Diese Ergebnisse sind fatal, wenn man bedenkt, dass immer mehr Familien nicht mehr zuhause kochen, sondern häufiger außer Haus essen. Und dass knapp zwei Millionen Kinder in Deutschland übergewichtig oder adipös sind.

Eine echte Chance für die Restaurants

Für Gastronomie-Betriebe wäre es indes gar nicht so schwer, ihr Angebot reichhaltiger und kreativer zu machen. „Restaurants könnten die aktuelle Situation auch als Marketingchance sehen“, sagt Sven Schneider. Aus anderen Studien wüssten sie, dass Kinder hier durchaus neugierig und experimentierfreudig sind. „Meine Kinder jedenfalls bestellen gerne eine Ofenkartoffel mit Quark oder Spinat mit Ei, wenn es denn auf der Karte steht. Wenn der ein oder andere Gastronom so etwas einmal ausprobieren würde, hätte unsere Studie schon etwas erreicht.“

Es ist zu hoffen, dass ein Umdenken stattfindet. Bis dahin könnten Eltern in Restaurants einfach fragen, ob ihr Kind auch eine halbe Portion des Erwachsenenessens bekommen könne, so Schneider. Oder aber einen „Räuberteller“ bestellen und sich vom Teller der Eltern das Leckerste zusammen stibitzen. „Nur so erfährt der Gastronom auch, dass ab und an eben doch etwas anderes verlangt wird."