"Kinder nerven!" "Kinder nerven!": Eine selbst ernannte Rabenmutter packt aus
Manchmal sind Kinder ganz schön bescheuert! Was viele Eltern öfter mal denken, aber selten zugeben, posaunt die kanadische Autorin Caroline Allard offen heraus. In ihrem Buch „Gleich klatscht es, aber keinen Beifall - Sternstunden des Mutterglücks“ will sie Schluss machen mit der Schönfärberei und der Botschaft, dass Kinder einfach nur wunderbar sind. Und erzählt von den wahren, anstrengenden und „nervigen“ Seiten des Elterndaseins.
Rabenmütter, vereinigt euch!
Kinderhaben an sich, schreibt Allard gleich zu Beginn, ist ein „viel zu riskantes Unternehmen“. Wenn man also nicht vor Sorge platzen wolle oder am Burnout zugrunde gehen, bräuchten Eltern ein Ventil: dafür biete sich doch die Rabenelternschaft an („Es ist Ihre einzige Überlebenschance“). Deshalb habe sie „in solidarischer Verbundenheit“ zu anderen „leidenden Elterngenossen“ beschlossen, „die dunkle Seite des Mutterdaseins“ öffentlich zu machen.
Wie es sich so als Rabenmutter lebt, das schildert sie in über 60 kurzen launigen Episoden aus ihrem Familienalltag, in dem ihre Kinder, die sie schlicht als „große Tochter“ und „Baby“ bezeichnet, ihr das Leben mehr oder weniger schwer machen. Sie springt dabei kreuz und quer von Schwangerschaftsepisoden zu Kita-Storys, von Erziehungs-Querelen mit dem „Rabenvater“ hin zum Chaos der ersten Schulhof-Liebe.
Man darf sich ja wohl mal aufregen
Am amüsantesten sind natürlich jene Kapitel, in denen sie sich richtig schön aufregt. Herrlich ist zum Beispiel ein samstagmorgendlicher Streit zwischen Rabenmutter und Rabenvater, um die Frage, wer zum Teufel jetzt um sechs Uhr mit dem Baby aufstehen muss. Ein wahres Schlachtfeld der verzweifelten Argumente – wie es sicher viele Eltern kleiner Frühaufsteher kennen.
Richtig schön in Rage schreibt sich die Rabenmutter auch über die unzumutbare Situation, mit einem Kleinkind telefonieren zu müssen, das nur schnaufende Atemgeräusche in den Hörer schnaubt. Nach höflicher, unnötiger Plänkelei mit dem stummen Kleinkind einer Freundin am anderen Ende der Leitung, fängt sie an, das Kind zu beschimpfen („Nun ja, dein Problem ist einfach, dass du ein kleiner Hurensohn bist, mein süßer Schnuckiputziiiiii!“). Zu dumm, dass Mama am anderen Ende der Leitung oft zuhört.
Lasst mich in Ruhe Krimi lesen, ihr Plagen!
So richtig gemein wird es nur an manchen Stellen. Etwa, wenn Rabenmutter einen anonymen Brief an „große Tochter“ verfasst, um sie nicht persönlich über die Weihnachtsmann-Lüge aufklären zu müssen („Die unangenehme Sache, die dir jemand anderes als deine Mutter gerne mitteilen möchte, ist folgende: Den Weihnachtsmann, diesen großzügigen, guten mit Omega-Fettsäuren gemästeten Genießer, der deine jugendliche Fantasie mit überschäumenden, wundervoll verpackten Hoffnungen erfüllt, nun, diesen Weihnachtsmann, den gibt es nicht.“)
„Es ist uns vollkommen gleichgültig, wer was nicht gemacht hat!“ Rabenmütter haben satte Antworten parat - weiter geht's auf der nächsten Seite.
Auch den ein oder anderen Tipp, wie man nervige Kinder im Alltag ruhig stellt hat sie auf Lager – wie etwa ihre pfeffrige Antwort an eine Gruppe zankender, heulender Fünfjähriger: „Es ist uns vollkommen gleichgültig, wer was nicht gemacht hat […], das einzig Wichtige ist, dass wir so schnell wie möglich wieder mit unseren dringenden Erwachsenensachen weitermachen können“. Dann wendet sie sich genüsslich wieder ihrem Krimi zu.
Von Beckenboden-Malheurs und Baby-Rotze
Die Themenauswahl deckt auch viele altbekannte Bereiche des Mutterkosmos ab. Den Besuch beim Frauenarzt, wenn die Rabenmutter den Arzt anfleht, doch bitte ein Gläschen Alkohol zu erlauben. Typische Malheurs während der Geburt und die Launen des Beckenbodens („huch, ich habe geniest und brauche nicht nur ein Taschentuch“). Den Rotz des Babys („Baby trägt ununterbrochen einen Rotzfaden an der Nase, dessen Grün noch nie wirklich modern war“), der natürlich auf dem Kittel des aufdringlichen Verkäufers landet. Und die Komik, die in gewöhnlichen Eltern-Ratgebern steckt und die sie direkt zu Witzebüchern umdeutet.
Kein Enthüllungsbuch, aber schön ironisch
„Gleich klatscht es, aber keinen Beifall“ ist ein leichtes Buch, das sich vor allem an Mütter richtet und durchaus amüsante Passagen hat. So schockierend „rabenmutter-hart“, wie anfangs vielleicht vermutet, ist es dann aber doch nicht. Krasse „Enthüllungen“ dürfte das Buch für Eltern nicht auf Lager haben. Dass es trotzdem unterhaltsam ist, liegt an der Selbstironie der Autorin und der Art und Weise, wie sie ihre Gedanken, scheinbar ungefiltert, ja, fast schon herausplatzen lässt. Das ist ein bisschen so, wie wenn eine Freundin abends in der Kneipe die neuesten Geschichten aus dem Büro auspackt. Schön übertrieben und subjektiv, mit etwas gemeinem Touch – nur dass es hier eben ausnahmsweise um die eigenen Kids geht.
Caroline Allard. Gleich klatscht es, aber keinen Beifall, mvg Verlag, München, 2015