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Wo soll hingehen? Karriereleiter, nein danke: Zufrieden arbeiten ohne Aufstieg

Mehr Gehalt, mehr Verantwortung, mehr Ansehen: Das verspricht das Erklimmen der Karriereleiter. Doch nicht alle haben Lust auf Führungspositionen. Geht es auch anders?

Von Anke Dankers, dpa 17.10.2023, 17:05
Nicht jedem liegt sie, nicht jeder wünscht sie sich: Führungsverantwortung. Bevor man deswegen eine Beförderung ausschlägt, sollte man aber nochmal über alternative Ziele nachdenken.
Nicht jedem liegt sie, nicht jeder wünscht sie sich: Führungsverantwortung. Bevor man deswegen eine Beförderung ausschlägt, sollte man aber nochmal über alternative Ziele nachdenken. Alexander Heinl/dpa-tmn

Stockdorf/Bielefeld - Sie geht steil nach oben, der Aufstieg ist meist anstrengend und je höher man auf ihr emporsteigt, desto tiefer kann man fallen: die Karriereleiter.

Das ist ein klassisches Verständnis vom „Karriere machen“: höher, schneller und weiter. Doch: „Diesen Karrierebegriff gibt es in der Form heute nicht mehr“, sagt Claudia Sorg-Barth, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung. Inzwischen sei eine Karriere eher etwas, dass individuell bewertet und interpretiert werde. Und nicht immer gehe sie mit Führungsverantwortung einher.

Auch inhaltliche Arbeit zählt

Ähnliches beobachtet auch Professor Tim Hagemann von der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld. „Es ist ein Trend, nicht immer die Karriereleiter hoch zu steigen, sondern eher zu überlegen, die Arbeit an die Menschen und ihre unterschiedlichen Lebenslagen anzupassen“, sagt der Arbeitspsychologe.

Das sei wichtig, denn heutzutage laute die Gretchenfrage nicht mehr, wie man es mit der Religion halte, sondern vielmehr, was man beruflich mache. „Insofern ist es für viele Menschen entscheidend, sich beruflich aufgehoben zu fühlen und zufrieden zu sein“, so Hagemann. Und tatsächlich: Immer häufiger ließe sich beobachten, dass Führungskräfte auf ihre Positionen verzichten oder sich sogar zurückstufen lassen - und beispielsweise stärker in die inhaltliche Arbeit gehen.

Doch wie funktioniert das, ohne es sich mit der Chefetage zu verscherzen?

Über eine offene Kommunikation. „Wichtig ist, ins Gespräch zu gehen und frühzeitig zu kommunizieren, dass man sich vielleicht nicht in der Personalverantwortung sieht und eher inhaltliche Anregungen hat“, sagt Hagemann. „Oder auch, dass man in der aktuellen Position sehr zufrieden ist.“ Dabei gilt: Je konkreter man benennen kann, was man wirklich möchte, umso besser.

Beförderung nicht pauschal ablehnen

Doch das fällt nicht jedem leicht, weiß Claudia Sorg-Barth: „Manche Menschen tun sich schwer damit. Sie sind unzufrieden, wissen aber nicht genau wohin es für sie gehen soll.“ Helfen kann dann das Gespräch mit dem Arbeitgeber. Oder der Blick von außen: Karriereberatungen, Potenzialanalysen, Coachings. Von zentraler Bedeutung sind dabei drei Fragen: Was will ich? Was kann ich? Was brauche ich?

Schließlich gibt es bei der Karriere nicht nur Schwarz und Weiß. „Beispielsweise kann es sein, dass jemand sagt, er will führen und kann das auch, aber möchte keine internationale Führungsposition einnehmen“, sagt Sorg-Barth. „Dann kann man mit dem Arbeitgeber in den Dialog treten.“ Aber eine Beförderung pauschal ablehnen oder annehmen? Das ist meistens keine gute Idee.

Die Karriereberaterin empfiehlt stattdessen, sich mit dem Angebot des Arbeitgebers auseinanderzusetzen und zu überlegen: Welche Teile davon sind gestaltbar? „In der Regel hat sich jeder Arbeitgeber etwas überlegt, wenn er ein Angebot macht. Deswegen würde ich immer raten, sich Bedenkzeit zu geben und herauszufinden, was mich auf der neuen Position anspricht.“

Eigene Ziele und Wünsche benennen

Und was, wenn die Entscheidung gegen die neue Herausforderung fällt? In dem Fall empfiehlt Tim Hagemann darauf zu achten, nicht in eine Schublade gesteckt zu werden. „Es könnte die Gefahr bestehen, dass man schnell als diejenige Person abgestempelt wird, die kein Interesse daran hat, vorwärts zu kommen.“

Damit das nicht passiert, sollte man klar und eindeutig über die Beweggründe der Entscheidung sprechen. Ist der Verzicht auf die Führungsposition nur eine temporäre oder generelle Entscheidung? Möchte man womöglich erst Kompetenzen aufbauen? „Eine Führungskraft kann nur das sehen, was ich ihr mitteile und nicht meine Gedanken lesen“, sagt Hagemann.

Ähnlich verhält es sich bei der Frage nach der eigenen Zukunftsvorstellung, die Arbeitgeber gerne mal stellen. Etwa in Vorstellungs- oder Jahresgesprächen. Aber auch, wenn es tatsächlich um Beförderungen geht. „Das ist erstmal ein Angebot, etwas Positives. Aber ich finde, es ist auch legitim zu sagen, dass man gewisse Positionen oder Hierarchien nicht haben möchte“, so Hagemann. „Da sollte man nicht schüchtern sein.“

Wie auch immer sie inhaltlich ausfällt: Eine möglichst konkrete Antwort auf die Frage nach der eigenen Zukunft hält auch Claudia Sorg-Barth für wichtig. „Bei der Frage nach der Verwirklichung der eigenen Karriereträume handelt es sich nicht nur um eine Bringschuld des Arbeitgebers“, sagt die Karriereberaterin. Vielmehr sei es wichtig, sich mit Blick auf die berufliche Entwicklung selbstverantwortlich und aktiv zu zeigen - und die eigenen Ziele im passenden Rahmen klar zu äußern.