1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Job & Bildung
  6. >
  7. Produktivitäts-Booster: Schaffen Sie Ihren Vollzeit-Job in 6 Stunden?

Bundestagswahl 2025

Produktivitäts-Booster Schaffen Sie Ihren Vollzeit-Job in 6 Stunden?

Arbeitszeit ist nicht gleich Produktivität: Viele könnten ihre Arbeit schneller erledigen, wenn sie sich von überholten Routinen befreien. Welche Fehler fast alle machen, und wie wir sie abstellen.

Von Anke Dankers, dpa 24.02.2025, 00:05
Alles geschafft! Wer bestimmte Methoden anwendet, kann viel Arbeit oft auch in weniger Zeit wuppen.
Alles geschafft! Wer bestimmte Methoden anwendet, kann viel Arbeit oft auch in weniger Zeit wuppen. Phillip Waterman/Westend61/dpa-tmn

Herrenberg/Hamburg - Das gute Gefühl, viel geschafft zu haben und zudem früh mit den Aufgaben fertig zu sein – davon träumen viele, gerade in klassischen Wissensjobs. Produktivität ist das Stichwort. Aber kann man einen Vollzeit-Job tatsächlich auch in weniger Arbeitszeit schaffen und so zum Beispiel zusätzliche Pausen gewinnen? Wenn ja, wie funktioniert das?

1. Produktivität verstehen

Wer seine Produktivität erhöhen möchte, ist grundsätzlich auf einem guten Weg. Denn das Wollen spielt eine wesentliche Rolle, wenn es um das Thema produktives Arbeiten geht. „Ich bin der Meinung, dass der Kern des Ganzen die Motivation ist“, sagt Sabine Rebholz, Trainerin für Zeitmanagement und Selbstorganisation. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein jeder nur in seinem Traumjob produktiv sein kann. „Man kann in fast allem etwas Motivierendes finden kann, wenn man sich bemüht“, ist Rebholz überzeugt.

Motivation kann verschiedene Gesichter haben. Sie kann von innen kommen (intrinsisch, bezogen auf die Aufgabe) oder von außen (extrinsisch, etwa durch das Gehalt). „Bin ich zu wenig angespannt, etwa weil das Arbeitsziel nicht interessant ist, ist das ebenso wenig optimal, wie eine zu hohe Anspannung“, sagt Mariella Zippert. Die Arbeitspsychologin im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen arbeitet unter anderem in der Organisationsberatung und Teams- und Führungskräfteentwicklung. Sie weiß, dass es auf die richtige Mischung aus Motivation und guten Arbeitsfaktoren ankommt. Aber nicht nur das Wollen, auch das Können, spielt eine wichtige Rolle. 

Kommen zur eigenen Motivation Arbeitsaufträge, die den eigenen Stärken entsprächen, mache einen das effizient und produktiv, sagt Sabine Rebholz. „Das heißt im Umkehrschluss: Bei Brainworkern muss man eher auf das Ergebnis ihrer Arbeit schauen, als auf die Dauer der Anwesenheit“, so die Coachin. Unter „Brainworkern“, auch Wissensarbeiter genannt, versteht man Menschen, die nicht für ihre körperliche Arbeit und manuellen Fähigkeiten entlohnt werden, sondern für die Anwendung ihres erworbenen Wissens.

2. Zeitfresser erkennen

„Die zwei größten Störungsverursacher sind die eigene Ablenkbarkeit und die Prokrastination“, sagt Sabine Rebholz. Aber was genau lenkt uns ab? Darauf gibt es viele Antworten. Eine der häufigsten, die Rebholz in ihren Kursen hört: Meetings. Bei der Meetingkultur liege viel im Argen, sagt sie deshalb. Es gebe zu viele, zu unproduktive und teilweise ganz und gar unnötige Meetings.

Weitere Störfaktoren sieht die Expertin etwa in plaudernden Kollegen, E-Mails, die das Postfach fluten oder auch zu vielen IT-Tools, die als Messenger und Planer genutzt werden und deren Funktionen den Mitarbeitern oft nicht ausreichend erklärt würden. „Viele Menschen wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen, und das wirkt sich negativ auf die Produktivität aus“, so Rebholz. 

Außerdem problematisch: keine oder falsche Prioritäten. „Wir machen oft unwichtige Aufgaben zuerst, weil wir dadurch einen kleinen Serotoninausstoß bekommen, anstatt uns auf die wichtigen Themen zu konzentrieren“, so Rebholz.

Mariella Zippert nennt weitere bekannte Zeitfresser: Social Media und Smartphones. Aber auch zu lange Wege, sowohl physischer als auch psychischer Art, seien oft ein Problem. Lange Fahrtwege sowie lange Entscheidungswege und unklare Zuständigkeiten hemmten der Psychologin zufolge die Motivation der Mitarbeiter.

3. Den inneren Fokus schärfen

Wer produktiver werden will, setzt am besten bei sich selbst an. „Zunächst geht es um den eigenen Anspruch und inneren Fokus“, sagt Zippert. Sie rät, die Arbeitstage mit Schwerpunkten und Zielen zu versehen und sich über die eigenen Aufgaben klar zu werden. Dazu gehöre auch die Abgrenzung gegenüber Themen, für die man nicht zuständig ist. 

Eine festgelegte Zeitstruktur könne vor unnötigen Ablenkungen schützen. „Strukturieren Sie Ihren Arbeitstag, wenn möglich, in kommunikative Teile und Ruhezeiten für Konzentrationsarbeit. Dafür sollte man Zeitslots einplanen, die bestenfalls auch für die Kollegen, etwa über einen geteilten Kalender einsehbar sind“, rät Zippert.

Auch Sabine Rebholz empfiehlt, den Blick zunächst auf die eigene Haltung und die Handlungsmöglichkeiten zu lenken, „zu unterscheiden, wo ich Einfluss und Kontrolle habe, und wo nur Interesse“. Gibt es eine Agenda für das nächste Meeting? Und muss ich wirklich dabei sein? „Vieles kann man selbst in die Hand nehmen und muss nicht auf Vorgaben der Vorgesetzten warten“, sagt Rebholz.

4. Produktivitäts-Booster testen

Es gibt viele verschiedene Ansätze, die die eigene Produktivität steigern können. Zum Beispiel die „Eat-the-Frog-Methode“, bei der unbeliebte Aufgaben an den Anfang des Arbeitstages gelegt werden. „Ich empfehle, dass man einen Tag in der Woche auswählt, an dem man morgens für anderthalb Stunden diese Aufgaben erledigt, quasi die Kröten schluckt“, so Rebholz.

Grundsätzlich sei es wichtig, dass sowohl Zeit für konzentriertes Arbeiten, als auch für Austausch, Eskalation, Krisen gegeben sei. Besonders sprunghaften Menschen rät Rebholz die Arbeit mit der Uhr. „Stellen Sie einen Wecker auf etwa 15 Minuten. Blenden Sie alle Störungen wie Pop-Ups, Banner oder Telefon aus und arbeiten Sie konzentriert an einem Thema. Dann erleben Sie, wie viel man in kurzer Zeit wegschaffen kann.“ 

Solche Konzentrationsphasen kann man mehrmals in den Tag einbauen. Dabei sollten Sie darauf achten, dass Ihre Kollegen informiert sind und nicht zu neuen Störfaktoren werden. Außerdem rät die Coachin, nicht zwischen verschiedenen Kontexten hin und her zu springen. „Sonst entstehen viele unproduktive Löcher.“