Welt-Diabetes-Tag 2014 Welt-Diabetes-Tag 2014: Jede Stunde drei Tote durch Diabetes
Die Zahlen sind alarmierend: Rund sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes, ein Drittel mehr als noch vor 15 Jahren. „Diabetes ist eine Volkskrankheit“, sagte Thomas Danne, Chefarzt am Kinder- und Jugendkrankenhaus auf der Bult in Hannover und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Diabetes-Hilfe. Rund 750 Menschen erkranken jeden Tag neu an Diabetes, jede Stunde sterben drei Menschen an der Krankheit. Etwa 95 Prozent der Betroffenen leiden dabei an Diabetes Typ 2, früher Altersdiabetes genannt. Typ 1 ist deutlich seltener, allerdings steigen die Zahlen auch hier. Beim Welt-Diabetes-Tag am 14. November wollen Experten vor allem darüber aufklären, wie man gut mit der Krankheit leben kann.
Die Ursache für den rapiden Anstieg von Typ 2 liegt für Matthias Tschöp, Diabetes-Forscher am Helmholtz Zentrum München, auf der Hand: die wachsende Zahl übergewichtiger Menschen. „Das Problem bekommen wir einfach nicht in den Griff“, sagt Tschöp. Fettleibigkeit gilt als eine der Hauptursachen für Diabetes Typ 2. „Wir haben bis heute keine Medikamente gegen Fettleibigkeit“, erklärt der Mediziner. Einzig chirurgische Eingriffe wie ein Magenbypass seien möglich.
Fettleibigkeit und Diabetes bekämpfen
Wer von Diabetes spricht, meint meist Diabetes Typ 2. Diese Form der Stoffwechselerkrankung wurde früher Altersdiabetes genannt, weil sie häufig erst bei älteren Menschen auftritt. Die Bauchspeicheldrüse kann das Hormon Insulin zwar noch produzieren, es wirkt im Körper aber nicht richtig. Typ 2 ist die mit Abstand am meisten verbreitete Diabetesart. Rund 95 Prozent der sechs Millionen Diabetiker in Deutschland leiden nach Angaben der Deutschen Diabetes-Hilfe daran. Ursachen können Fettleibigkeit, mangelnde Bewegung und schlechte Ernährung sein.
Bei Diabetes Typ 1 fehlt das Hormon Insulin komplett. Betroffene müssen sich daher mehrmals täglich Insulin spritzen. Diabetes Typ 1 tritt häufig bereits im Kindesalter auf, weshalb es früher auch Jugenddiabetes genannt wurde.
Tschöp will deshalb Medikamente entwickeln, die Fettleibigkeit und Diabetes gleichzeitig bekämpfen. „Wir brauchen Medikamente, die viel wirksamer sind als heute.“ Helfen sollen dabei die verschiedenen Arten von Fettgewebe im Körper. „Es gibt Fettzellen, die Fett nicht speichern, sondern verbrennen“, erzählt Tschöp. Der Mediziner und seine Kollegen vom Helmholtz Zentrum untersuchen seit einiger Zeit genauer, wie sich das „gute“ braune Fettgewebe vom „bösen“ weißen Gewebe unterscheiden lässt. „Wir müssen es schaffen, weiße in braune Fettzellen umzuwandeln - also Zellen, die Kalorien speichern umwandeln in Zellen, die Kalorien verbrennen.“ Wie das genau funktioniert, wissen die Wissenschaftler aber noch nicht.
Wichtig ist Tschöp, Diabetes-Patienten nicht abzustempeln nach dem Motto: „Der ist ja selber schuld.“ Und er betont: „Es gibt genetische Gründe für Fettleibigkeit, viele Betroffene haben mit Willem allein überhaupt keine Chance.“ Manch ein Übergewichtiger bekomme nie Diabetes, andere litten auch ohne zu viel Gewicht an der Krankheit. „Das Leben ist da nicht fair“, sagt Kinderarzt Danne. Viele Diabeteskranke trauten sich mit ihrer Krankheit aus Furcht vor Ausgrenzung nicht an die Öffentlichkeit.
Nationaler Diabetes-Aktionsplan
Für Danne ist Diabetes deshalb auch ein gesellschaftliches Problem, das sich durch neue Medikamente und Therapien allein nicht in den Griff bekommen lässt. „Unsere Gesellschaft macht gesundes Leben nicht gerade leicht“, sagt Danne. Ändern soll das ein nationaler Diabetes-Aktionsplan. „18 EU-Staaten haben den bereits, Deutschland hinkt hinterher.“
Mit einem solchen Plan will Danne die Interessen der verschiedenen Lobbygruppen binden - ob Ärzte, Politik oder Nahrungsmittelindustrie. Auch die Früherkennung soll besser werden. Viele Menschen bemerken Diabetes erst, wenn sie bereits an Folgeerkrankungen leiden. „Hoher Zucker tut ja nicht weh“, erklärt Danne.
Der Kinderarzt fordert zudem ein zentrales Diabetes-Register. „Wir wissen immer noch viel zu wenig darüber, wie die Leute behandelt werden.“ Der Bundesrat hat sich im Sommer für einen nationalen Diabetesplan ausgesprochen. Danne sieht jetzt die Bundesregierung am Zug. (dpa)