Wechseljahre bei Männern Wechseljahre bei Männern: Wenn die Hormone verrückt spielen
Jena/dpa. - «Dem Androgendefizit werden eine Fülle, nach heutiger Kenntnis nur zum Teil hormonabhängige Symptome zugeschrieben wie Abnahme des sexuellen Interesses und Störungen der sexuellen Potenz», meint der Universitätsprofessor für Andrologie und Sexualmedizin Gerhard Schreiber in Jena. Ebenfalls würden Veränderungen der Fettverteilung und der Muskelmasse, steigendes Osteoporoserisiko sowie Stimmungslabilität, Hitzewallungen, Schlaf- und Konzentrationsstörungen dem PADAM zugeschrieben.
Doch keiner der Begriffe, die die männlichen Wechseljahre beschreiben sollen, wird der genauen Symptomatik gerecht. Deshalb haben sich deutsche Facharztverbände auf die Umschreibung «Der alternde Mann» für die männlichen Wechseljahre geeinigt. Damit haben Männer Grund, wegen ihrer beeinträchtigten Lebensqualität einen Arzt aufzusuchen. Das ist bisher nicht die Regel: «Intime Beschwerden werden tabuisiert, Schwächen nur ungern zugegeben», erklärt Schreiber.
Bekannt sei dieses männliche Verhalten auch aus der geringeren Nutzung gesundheitlicher Vorbeugungsmaßnahmen, beispielsweise in der Krebsvorsorge. «Die geringere Lebenserwartung des Mannes hat möglicherweise mit diesen Besonderheiten zu tun», vermutet Schreiber. Für ihn ist das Altern des Mannes ein gesamtgesundheitliches Problem. Die alleinige Orientierung auf Hormonbehandlungen, wie sie immer häufiger zu beobachten ist, hält er für eine Modeerscheinung.
«Hingegen ist die Behandlung des echten Androgenmangels aber keine Lifestyle-Medizin», stellt Professor Eberhard Nieschagl von der Deutschen Gesellschaft für Andrologie in Gießen klar. Denn Testosteronmangel bei älteren Männern ist als Krankheitsbild anerkannt. Ab dem 40. Lebensjahr sinkt die Produktion des Sexualhormons Testosteron beim Mann um jährlich ein Prozent. Der Grund ist noch unklar, diskutiert wird beispielsweise die Ermüdung bestimmter Rezeptoren im Hoden.
Eine Ergänzung von Testosteron könnte eine Möglichkeit zum Gegensteuern sein. «Die Gabe von Testosteron verbessert bei älteren Männern auch die Knochendichte», weist Claus Rolf von der Universität in Münster auf einen positiven Effekt hin. Vermutet wurde lange Zeit, dass diese Behandlung sogar Diabetes bremst. Doch Rolf wiegelt ab: «Wenn auch Männer mit Testosteronmangel im statistischen Mittel häufiger eine Diabetes entwickeln, ist nicht bekannt, ob eine Testosterontherapie das Risiko einer Diabetes-Entwicklung senkt.» Auch ein erhöhtes Risiko für eine koronare Herzkrankheit bestehe nicht.
Hingegen soll Testosteron nicht gegeben werden, wenn bereits ein Prostatakarzinom besteht, weil das Hormon das Krebswachstum fördert. Eine verkleinerte Prostata dagegen wächst unter der Behandlung auf Normalgröße und das sexuelle Befinden normalisiert sich. Wird Testosteron aber beim altersbedingten Hormonrückgang gegeben, ohne dass der Spiegel unter dem Grenzwert liegt, sind die Effekte geringer oder gar nicht nachweisbar.
Was bleibt, sind Beschwerden, die denen der Frau in den Wechseljahren ähneln. Der Grund könnte im Östrogenspiegel des Mannes liegen, der oft höher ist als etwa bei Frauen nach der letzten Menstruation, welche im Alter von 46 bis 52 Jahren eintritt. Deshalb überlegte sich der Gynäkologe Volker Rimkus in Altenholz, ob denn den Beschwerden des alternden Mannes nicht ebenfalls mit Östrogengaben beizukommen sei, mit denen Frauenärzte bereits seit Jahrzehnten die Beschwerden der Wechseljahre von Frauen lindern.
Rund 800 Männer hat er inzwischen mit aus der wilden Yams-Wurzel extrahiertem Östradiol, dem stärksten Östrogen, behandelt. Entgegen gängiger Lehrmeinungen hatte er Erfolg, über die sein Buch «Der Mann im Wechsel seiner Jahre» ausführlich berichtet. «Östradiol entsteht beim Mann durch die Umwandlung von Testosteron. Sinkt dieses im Alter, verringert sich auch der Östrogenwert», sagt Rimkus.