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Tipps gegen Panik Tipps gegen Panik: Die Angst vor dem Zahnarztbesuch besiegen

Von Lutz Würbach 24.03.2015, 07:51
Zahnarzt und Bohrer - das löst bei vielen Menschen ein mulmiges Gefühl aus.
Zahnarzt und Bohrer - das löst bei vielen Menschen ein mulmiges Gefühl aus. proDente e.V. Lizenz

Halle (Saale) - Allein der Gedanke an einen Zahnarztstuhl löst bei vielen Menschen mindestens Unbehagen aus. Studien gehen davon aus, dass in Industrieländern fünf bis 15 Prozent der Bevölkerung sogar eine krankhafte Angst haben. Bis zum Freitag findet in Sachsen-Anhalt die Beratungswoche „Zahnfit trotz Angst - wie geht das?“ statt. Zahnärzte und Psychotherapeuten geben darauf Antworten.

Erster Schritt ist ein Gespräch über die Ängste

„Ängstlichen Patienten kann geholfen werden“, versichert Frank Dreihaupt, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt. Ein erster Schritt dahin ist ein ausführliches Gespräch zwischen Patient und Zahnarzt. Ihm sollte der „Angsthase“ offen von seinen Ängsten berichten und sich den Befund, die Konsequenzen, Möglichkeiten und Kosten einer Therapie genau erklären lassen. Bevor es überhaupt losgeht, sollte der Patient darüber Gewissheit haben.

Wie lässt sich Angst abbauen? Darüber spricht die Diplompsychologin Pavlina Näser am Mittwoch, dem 25. März, um 14.30 Uhr im Haus der Zahnärztekammer in Magdeburg, Große Diesdorfer Straße 162. Die Zusammenarbeit von Zahnärzten und Psychotherapeuten steht im Mittelpunkt. Darüber hinaus gibt es keinen zentralen Veranstaltungsplan. Tipp der Kammer: Wer wissen will, welche regionalen Beratungsangebote organisiert sind, fragt seinen Zahnarzt.

Wer wissen will, welcher Zahnarzt in seiner Nähe eine Fortbildung für die Behandlung ängstlicher Patienten hat, wendet sich telefonisch an die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt.

Auskünfte gibt es unter der Telefonnummer 0391/739 39 22

Informationen über Therapiemöglichkeiten, Therapeuten und die Übernahme von Kosten gibt auch die Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer.

Kontakt zur Kammer:

04105 Leipzig, Kickerlingsberg 16, Telefonnummer: 0341/462 43 20,

im Internet unter: www.opk-info.de,

Mail: [email protected],

Der Zahnarzt kündigt die Schmerzen an

„Vereinbaren Sie mit dem Zahnarzt, dass er Ihnen während der Behandlung jeden einzelnen Schritt ankündigt und sagt, was Sie spüren werden. Vereinbaren Sie auch ein Stoppsignal“, empfiehlt der promovierte Zahnarzt Carsten Hünecke den Patienten. „Dann fühlen sich manche nicht so ausgeliefert. Es kommt nicht zu Überraschungsschmerzen, die oft als besonders heftig empfunden werden.“ So zittern viele Patienten vor der Spritze, die ja etwas Gutes bewirken soll, nämlich eine weitgehend schmerzfreie Behandlung. Es sei nicht die Spritze, sagt Hünecke, sondern der Einstich, den Patienten fürchteten. Werde er aber angekündigt, verringere sich die Schmerzempfindung. Hilfreich seien auch Salben und Betäubungssprays, die die Einspritzstelle unempfindlich machten, sagt er.

Hypnose blendet negative Empfindungen aus

Manche Zahnärzte bieten als Alternative zur Lokalanästhesie Akupunktur an, um den Schmerz auszuschalten. Oder sie versetzen den Patienten in Trance. „Während einer zahnärztlichen Hypnose befindet er sich mental an einem schönen, ruhigen Ort seiner Wahl, während seine Zähne behandelt werden“ erklärt Dreihaupt, der selbst hypnotisiert. In diesem Zustand kann er sich darauf verlassen, dass in seinem Mund nur geschieht, was vorher bei vollem Bewusstsein vereinbart wurde. „Niemals darf der Patient das Gefühl haben, dass während der Hypnose etwas gegen seinen Willen geschieht, ein anderer Macht über ihn hat“, sagt Dreihaupt.

Wer bei enormer Angst eine Vollnarkose wünsche, solle die damit verbundenen Risiken genau abwägen, rät er. Und die Angst werde dadurch nicht geringer, sie bleibe im Bewusstsein.

Weitere Tipps lesen Sie auf Seite 2.

Gegen krankhafte Angst hilft Psychotherapie

Die Phobie, also die krankhafte Angst, ist mit dem übermäßigen Wunsch verknüpft, ihren Anlass zu vermeiden beziehungsweise ihrem Grund aus dem Wege zu gehen. Eine solche psychische Erkrankung könne nur psychotherapeutisch gebessert oder geheilt werden, meint die Psychologin Pavlina Näser. Häufig seien lediglich kleine Interventionen wie mentale Fokussierung oder einfache Ablenkungsstrategien mit autogenem Training nötig. Das kann ihrer Erfahrung nach dazu beitragen, dass der Patient eine Behandlung beim Zahnarzt entspannter erlebt. Schon eine Kurzzeittherapie ist laut Näser bei den meisten Angstpatienten erfolgreich.

In manchen Fällen hilft aber nur eine ausführliche psychotherapeutische Behandlung. „Aber das sind Einzelfälle“, sagt Näser. Einer von diesen kam einmal in die Zahnarztpraxis Hünecke - zusammen mit seinem Therapeuten, der ihm noch auf dem Behandlungsstuhl die Hand hielt. Bei diesem Patienten war die Konfrontation mit dem Auslöser der Angst erfolgreich. Er kommt inzwischen - vielleicht noch nicht gänzlich angstfrei - allein zur Behandlung.

In der Regel trägt der Patient die Kosten

Die Hypnose in der Zahnarztpraxis ist laut Hünecke keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse und muss vom Patienten selbst getragen werden. Die Kosten betragen für eine einstündige Sitzung zwischen 100 und 150 Euro. Abgesehen davon kann eine Vollnarkose als Alternative bei Erwachsenen nur dann Kassenleistung sein, wenn die psychotherapeutische Behandlung (mindestens ein halbes Jahr) keinen Erfolg gebracht hat.

Eltern verschonen Kinder vor Angstmachern

Ist die Angst besiegt und sind die Zähne saniert, sollten sich die Patienten nicht auf diesem Erfolg ausruhen. Hünecke empfiehlt als eine Art Rückfallprophylaxe regelmäßige Kontrollbesuche. Und da die Angst in den meisten Fällen erlernt wird, sollten Eltern sie auf ihre Kinder nicht übertragen. Von Äußerungen wie „Es tut bestimmt nicht weh“ oder „Du brauchst keine Angst zu haben“ rät der Zahnarzt ab. „Das sind klassische Angstmacher“, sagt Hünecke. Stattdessen sollte das Kind von seinem ersten Zahn an dem Zahnarzt vorgestellt werden. Es sollte seine ersten Besuche in der Praxis als normal und völlig schmerzfrei erleben.