Stresszone Arbeitsplatz - Unterschätzte Mehrfachbelastung
Düsseldorf/dpa. - Ständig klingelt das Telefon, Emails warten auf Bearbeitung, der Kollege vom Nachbarschreibtisch will dringend etwas absprechen - Alltag in deutschen Büros. «Multi-Tasking» heißt der Fachbegriff für diese Mehrfachbelastung.
Zwei Drittel der «Schreibtischarbeiter» müssen nach eigenen Angaben mittlerweile verschiedene Vorgänge gleichzeitig im Auge behalten. Dieses Ergebnis hat die neue Erwerbstätigenbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erbracht, die bei der Arbeitsschutzmesse A+A 2007 in Düsseldorf vorgestellt wurde.
Als besonders belastend würden dabei die ständigen Störungen bei der Arbeit empfunden, berichtete die wissenschaftliche Leiterin der Untersuchung, Beate Beermann. Mehr als die Hälfte der Befragten in Büros und aus technischen Berufen beklagten, «dass die erwartete hohe Konzentrationsleistung durch dauernde Unterbrechungen erschwert wird». Diese Belastung am Arbeitsplatz werde bislang «deutlich unterschätzt». Bei der Organisation der Büroarbeit liege noch vieles im Argen.
Dabei sieht sich die große Mehrheit der Beschäftigten ihrer Arbeit durchaus gewachsen. Mehr als 80 Prozent der Befragten hätten diese Selbsteinschätzung, nur knapp 18 Prozent fühlten sich durch die Aufgaben überfordert. Dagegen klage mehr als jeder zweite Beschäftigte über einen wachsenden Termin- und Zeitdruck am Schreibtisch. Die Arbeit werde als «zu viel» und weniger als «zu schwer» empfunden, schließt Beermann aus der Studie, für die 20 000 repräsentativ ausgewählte Beschäftigte im vergangenen Jahr befragt wurden.
Wie ein gesund erhaltendes Büro ausgestattet sein soll, können sich die Besucher der Düsseldorfer Fachmesse bis zum kommenden Freitag (21. September) ansehen. Dem «Erfolgsfaktor Büro» ist eine eigene Messehalle gewidmet. Dort werden die neuesten Entwicklungen bei Arbeitsmitteln, Technik und Akustik vorgestellt. Doch dass ergonomische Bürostühle und gute Beleuchtung nicht allein für einen gesunden Arbeitsplatz im Büro sorgen, ist auch den Messeveranstaltern bewusst. Entscheidende Bedeutung hätten «so genannte 'weiche Faktoren' wie die Arbeitsorganisation.
Dass die Neuerungen schnell Einzug in den Alltag an den rund 17 Millionen Büroarbeitsplätzen in Deutschland halten werden, ist nach Einschätzung von Beermann kaum zu erwarten: «Die Messe ist nicht die Realität.» Das zeige auch ein Blick auf den klassischen Arbeitsschutz. Bei den körperlichen Belastungen in Werkshallen und auf Baustellen durch Lärm, Staub, Hitze habe die Beschäftigtenbefragung «keine nennenswerten Verbesserungen im Vergleich zu den 80er und 90er Jahren ergeben». Auch in den Büros bleibt beim Arbeitsschutz wohl noch lange viel zu tun.