Verkostung spannend gemacht Socke übers Etikett: So gelingt die Weinprobe daheim
Finden Sie Blindverkostungen auch immer spannend - erst recht, wenn nur Sie wissen, welches Produkt gerade getestet wird? Dann werden Sie das Überraschungspotenzial von verdeckten Weinproben lieben.
Bodenheim - Man trifft sich mit Freunden ganz gerne zu einem Spieleabend. Auch Film- oder Tapasabende sind beliebt. Aber warum nicht mal eine Weinprobe zu Hause eintüten?
Da kann man selbst den Sommelier mimen. Oder man verteilt diesen Part an die Gäste, die über ihren jeweils mitgebrachten Tropfen etwas fachsimpeln.
Für welche Variante man sich auch entscheidet, wichtig ist: „Jede Weinverkostung daheim sollte auch ein Thema haben“, sagt Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI). Er gibt Tipps, wie die Probe richtig spannend wird.
Wie wähle ich die Weine aus?
Ernst Büscher: Es ist ratsam, systematisch ans Werk zu gehen. So könnte für das Probenthema eine bestimmte Rebsorte gewählt werden, vielleicht sogar eingegrenzt auf ein bestimmtes Anbaugebiet, etwa Riesling oder Spätburgunder aus Rheinhessen oder Pfalz.
Sehr beliebt sind auch Verkostungen verschiedener Jahrgänge, beispielsweise von einer bestimmten Rebsorte eines Erzeugers von Weinen aus bestimmten Lagen. Dann können die Weine ihr Alterungspotenzial zeigen und gleichzeitig kommen die klimatischen Einflüsse der einzelnen Jahre zum Ausdruck. Bei Jahrgangsproben sollte man immer mit dem jüngsten Wein beginnen.
Wenn das Thema steht, kann man die Weine selbst besorgen oder Leute bringen sie entsprechend dem Motto mit. Dann könnte jeder etwas über den Winzer, das Anbaugebiet oder die Rebsorte zum Besten geben. Dabei wird erst verkostet und dann erzählt und nicht umgekehrt. Spannend wird es, wenn die Verkostung verdeckt ist. Dafür werden die Flaschen mit einer Manschette, Folie, Strumpf oder Socke verhüllt und durchnummeriert.
Wie viele Weine braucht man und mit welchem fängt man an?
Büscher: Eine gute Richtschnur für die private Weinprobe ist eine Auswahl von sechs bis acht Weinen. Wird die Auswahl größer, nimmt die Unterscheidungsfähigkeit bei ungeübten Verkostern deutlich ab.
Bei einer Auswahl weißer Weine beginnt man mit trockenen Tropfen, geht dann über zu etwas süßeren wie etwa von einem Kabinett bis zum Eiswein. Einen Eiswein kann man nicht zu Beginn servieren, denn dann käme beim trockenen die Fruchtsäure viel stärker zum Ausdruck als sie eigentlich ist.
Handelt es sich nur um trockene Tropfen, arbeitet man sich von leicht zu schwer vor. Wie intensiv ein Wein ist, lässt sich an den Volumenprozenten auf dem Etikett erkennen. Hat ein Wein 11,5 Prozent, ist er vor dem mit 13 Prozent dran.
Bei der gemischten Auswahl probiert man von weiß zu rot. Bei einer reinen Rotweinverkostung werden die fruchtigen vor den gerbstoffbetonten oder komplexen roten aus dem Barrique probiert.
Wie vergleicht man richtig?
Büscher: Um feine Unterschiede zu schmecken, sollten die Weine gleich temperiert sein und aus identischen Gläsern verkostet werden. Leichte und junge Weißweine sind zwischen 9 und 11 Grad ideal gekühlt, rote zwischen 16 und 18 Grad.
Die berühmte Zimmertemperatur für Rotweine stammt übrigens aus einer Zeit, als wir uns noch in Räumen unter 20 Grad aufhielten. Da sich der Wein am Tisch relativ schnell erwärmt, kann man ihn gerne ein wenig kühler einschenken.
Um eventuelle Schrankgerüche auszuschließen, empfiehlt es sich, die Gläser vor der Verkostung noch einmal kurz mit Wasser durchzuspülen. Und um zwischen den Proben den Gaumen wieder auf Null zu bringen, sollten neutrale Brotstückchen oder Baguettescheiben gereicht werden sowie viel Wasser.
Vor dem Trinken wird das Glas geschwenkt, so vergrößert sich die Oberfläche des Weines. Je größer sie ist, desto mehr Aromenpartikel gelangen in die Luft und dadurch riechen und schmecken wir intensiver.
Doch bevor man trinkt, sollte man mehrmals schnüffeln. Denn ohne intensives Riechen gehen viele Geschmackseindrücke verloren. Die Zunge kennt beim Wein ja nur süß, salzig, sauer und bitter. Aber es ist die Nase, die uns die Weinvielfalt eröffnet. Denn das, was wir zu schmecken glauben, riechen wir eigentlich.